Eastern Everywhere.

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Regelmässigen Lesern dieses Blogs wird aufgefallen sein, dass hier in letzter Zeit regelmässig nicht viel passiert und sind deswegen zurecht regelrecht enttäuscht. Zeit einige Ostereier zu öffnen.

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Im März 2018 haben Matthias von Wiegetritt  und Cyclyng Bike & Cafe in der Überseestadt von Bremen eröffnet, nachdem wir etwa ein Jahr mit der Idee schwanger waren. Bei zwei Männern dauern Schwangerschaften ja bekanntlich länger als bei Frauen. Das hat für mich die Konsequenz, dass meine bisherige Arbeit, also das Einfüllen von Wissen mittels virtueller Trichter in die Köpfe von jungen Menschen in verschiedenen Stadien der Pubertät nun zu meinem Hobby geworden ist, und mein bisheriges Hobby also Radfahren, irgendwie an Rädern schrauben und darüber schreiben nun zu meinem Beruf wurde.

Den Beruf zum Hobby zu machen ist sicherlich immer eine gute Idee. Schon allein weil das weniger Arbeit bedeutet. Ich unterrichte ja wirklich gerne, weil das a) die Fortsetzung meiner Punkrockkarriere mit nicht musikalischen Mitteln ist und b) im Gegensatz dazu, niemand ungestraft den Konzertsaal verlassen darf. Man wird auch nicht berotzt, mit Bierflaschen beworfen, oder bei schlechten Auftritten verprügelt. Und trotzdem wird man von einem Teil des Publikums mit derselben Inbrunst gehasst, wie nach unseren Auftritten in den Achtzigern mit EA80 bzw. Ranola. Nur wird man nicht nach den Auftritten von der Bühne ins Damenklo gezerrt und den Kopf von zwei bärtigen Rockern in die Kloschüssel gedrückt, sondern man bekommt E-Mails in denen Dinge stehen wie „macht zuviel Praxis, hätte lieber spannende Theorie!“ oder: „scheint weibliche Studenten zu bevorzugen.“ Wobei ich mir bei letzterem nicht sicher bin, ob das eine Kritik der männlichen, oder ein Lob der weiblichen Studenten war.

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EA80 Sommerfestival Mönchengladbach 1980

Das Hobby zum Beruf zu machen ist deutlich schwieriger. Es besteht die Gefahr, dass viele Dinge dann einfach nicht mehr so viel Spaß machen, wie zu der Zeit, als man sie noch freiwillig tat. Ich habe zum Beispiel eine Menge guter Bücher gelesen, aber ich hasse auf Lebenszeit alle Bücher, die ich im Deutschunterricht lesen musste. Aus diesem Grunde blogge ich auch einfach viel, viel weniger, obwohl so ganz aufgeben möchte ich nicht. Bloggen wird sich in Zukunft mehr auf die Rennen, RTFs und sonstigen Ereignisse beschränken an denen ich teilnehme und weniger auf das Copy&Paste von gierigen Rädern, die ich irgendwo im Netz fand.

Wenn eine größere Veränderung im Leben eintritt hat das eben seine Auswirkungen die man nicht sofort versteht und vorausgesehen hat. Da darf man nicht jammern sondern muss einfach das richtige machen.

Tatsache ist leider auch, das bloggen sooooo 2010 ist. Das Cyclyng Blog und seine Vorläufer aus Tokyo, das Positivo Espresso Blog gibt es seit Oktober 2007. Das ist für ein Blog eine extrem lange Lebenszeit, die meisten Blogs, auch gute und beliebte in der Radwelt schaffen mal so gerade fünf Jahre. Bis 2016 stiegen die „views“ auf dem Blog sehr stark an, seitdem ist das rückläufig. Das bedeutet, dass mit immer mehr Aufwand immer weniger Leser erreicht werden. Von daher ist es besser nicht kontinuierlich, sondern nur nach Lust und Laune zu schreiben. Würde ich das ganze noch einmal machen, würde ich mit einem YouTube Kanal anfangen. Na ja, wenn ich darüber nachdenke, dann vielleicht auch eher gar nicht, denn YouTube ist sooooo 2015. Vielleicht doch eher auf Snapchat?

Nachdem der Winter noch einmal im März über Bremen hereinbrach, hat nun endlich und endgültig der norddeutsche Frühling angefangen. Man schaut, immer dann wenn es nicht zu stark regnet oder fisselt nach oben und sieht diesen typischen, immer wieder faszinierenden norddeutsch Frühlingshimmel:

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Der Frühlingshimmel über Bremen

Mittlerweile ist es wieder so warm (also etwa 3 Grad), dass es wieder regnet und nicht schneit, hagelt oder graupelt. Währendessen schicken einem sogenannte „Freunde aus Tokyo“ Fotos rüber, wie es nun gerade dort aussieht.

David fuhr am Wochenende den Fleche Kumamoto, unter anderem auf der Shimanami Kaido, ein spektakulärer Radweg der die jap. Hauptinseln Honshu und Shikoku miteinander verbindet. Und was mache ich hier in Bremen?

In Bremen kommt ein Wind dazu, der einem das frühe Saisongefühl vermittelt besonders gut in Form zu sehen; und zwar dann wenn er von hinten bläst und nicht wahrgenommen wird. Bzw. das Gefühl die letzte Flasche zu sein, wenn er von vorne weht. Man deckt an all die unnötige Schoki die man in den letzten vier Monaten gegessen hat, die vielen Mentholzigaretten und die leeren Flaschen Rotwein. Warum, ja warum, wurde nicht schon viel früher mit dem Training begonnen, statt sich so ewig lang durch den Winter zu chillen?
Mein Großvater sagte immer: „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort, große etwas später.“ Kleine Sünden werden meistens direkt am Dienstag Abend beim Body Attack von Janina Katharina gnadenlos bestraft. Größere bei den Ausfahrten am Wochenende mit Hannes oder allein.

Am Freitag war es dann mal wieder so weit, österliche Ausfahrt mit Hannes Richtung Süden, zunächst einmal von Borgfeld Richtung Fischerhude. Hannes drückt richtig aufs Tempo, aber obwohl wir echt schnell fahren, schaffen wir es nicht die gutaussehende Endfünfziger Frau vor uns auf ihrem Ebike schnell einzuholen. Zum Teil liegt es am strengen Gegenwind, zum Teil an unserer miserabelen Form und und zum Teil auch an dem getunten Ebike, dass deutlich schneller unterwegs war, als die gesetzlich erlaubten 25 km/h. Da die Strecke am Waldesrand zwischen Borgfeld und Fischerhude ja so etwas wie der Cycling Superhighway von Bremen ist, kamen uns eine Menge Rennradfahrer entgegen. Im Winter werde ich dann meistens gegrüßt, die ganz Harten haben eben Respekt voreinander, aber sobald die Saison offiziell angefangen hat, ist es wieder aus mit dem Grüßen. Seit Strava Flyby wiederum, weiß man nun auch sehr genau, wer das denn im Wiegetritt Jersey war, der da gerade so weggeschaut hat.

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Jedenfalls sind wir bereits in Oyten so kaputt, dass wir an der Esso Tankstelle dort einen Stop einlegen müssen. Ein altes schwarzweiß Foto im Schaufenster weist auf die lange Geschichte dieser Tankstelle hin: Hier tanken bereits die Volvos und Saabs der schwedischen Armee, als diese unter Gustav Adolf II Richtung Schloss Etelsen vorrückten. Wallenstein, dessen Armee nur mit Kreidler Floretts ausgerüstet war, konnte ihm nicht mehr folgen, da an der Esso Tanke das 1:25 Gemisch ausging.

Über Achim kamen wir nach Uesen und fuhren dort die Hünenburg runter richtig Weser. Eine superbrutale Abfahrt – mit seiner 23% Steigung so mit das brutalste, was die Bremer Umgebung zu bieten hat. Hannes war schon runter gefahren und hatte sich in der Kurve platziert, um sicher zu gehen, dass ich in einem Schwung schnell durchfahren konnte. Todesmutig setze ich mich fast auf das Hinterrad und begann die Abfahrt – zum Glück winkte Hannes mich durch; ich war zwar langsam, hatte aber wegen der Steilheit der ganzen Sache so viel Schwung, dass ich auch nicht stehen hätte bleiben können, wenn er „Achtung Schneepflug!“ oder „Baugrube!“ gerufen hätte. Da habe ich nun erst Mal wieder einen KOM bei Strava.

Den nächsten Versuch machten wir bei der Eißeler Finkenburg. Mit dem ganzen Wind im Rücken, der uns bislang so flaschig gemacht hatte, arbeiteten wir uns hier in die Top Ten vor.

Und danach war die Luft raus, wir fuhren das ganze Dinge so irgendwie nach Hause. Auf dem Weg kamen wir an dem Yasukuni Jinja Annex vorbei, einem japanischen Schrein in der Nähe von Dreye. Der Yasukuni Schrein steht mitten in Tokyo und ist einer der bekanntesten Schreine im shimtoistischen Glauben, wobei der erstens gar nicht so alt ist (1869) und zweitens auch nicht ganz unumstritten ist.  Markant an ihm sind, neben den ganzen rechtsextremen Spinnern die sich dort aufhalten, die Eingangstore, deren Stil nach dem Schrein auch Yasukuni Stil genannt wird. Die Dinger haben es vor dem 2. Weltkrieg sogar auf die 50 Yen Banknote geschafft, das gelang in Deutschland lediglich Balthasar Neumann erst nach dem Krieg.

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Nein, das ist kein Foto von 1938, sondern eins von 2017.

In Japan, wo der Glaube jegwelcher Coleur in einem sehr flachen Winkel auf die Erde trifft, ist es üblich zu Beginn des neuen Jahres einen Schrein oder Tempel zu besuchen. Diesen Akt nennt man „Hatsumode“ (初詣).

Man betet darum das neue Jahr gut zu überstehen und kann sich bei dieser Gelegenheit auch mit einer Anzahl von Talismännern eindecken, so dass einem das Glück gefügig bleibt. Oft fährt man auch gleich mal mit dem Familienauto hin und lässt es von einem Priester segnen.

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Ich hatte das bislang versäumt und so bot dieser Ausflug mit Hannes eine gute Gelegenheit all dies nachzuholen. Zunächst segnete Hannes unsere beiden Räder mit dem heiligen Zweig.

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Und dann beteten wir vor dem Tor. Hannes muss noch ein wenig und seiner Haltung arbeiten, das sieht noch nicht richtig japanisch aus.

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Kleine Wünsche im Winkel von 30 Grad.

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Größere Wünsche im Winkel von 45 Grad

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Hannes wünscht sich gerade eine elegantere Haltung beim Zeitfahren.

Eine sehr schöne Anleitung zum richtigen Verbeugen in Japan je nach Anlass gibt es vom Japanese Culture Lab.

Dann nach Hause und eine der ersten längeren Ausfahrten des Jahres war vorbei.

Strava

Am Samstag gab es dann wie erwähnt eine Runde Body Attack, die mich wirklich fassungslos machte. Aber nicht genug, um mich nicht kurz am Sonntag (Strava) aufs Rad zu schwingen nachdem ich mich überzeugt hatte, wer die Flandern Rundfahrt gewann. Natürlich wieder jemand von LIDL, sorry, Quickstep. Und auch am Montag. Muss auch sein, denn am nächsten Wochenende steht die erste RTF der Saison auf dem Plan, die Teutoburgerwald Tocht. Das ist diese holländische RTF in Deutschland, weil denen in Holland die Berge ausgegangen sind. Und das erste OBKM Rennen ist auch bereits am 25. April. Zeit mehr zu arbeiten, oder das Hobby wieder aufzugreifen.

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2 Kommentare

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2 Antworten zu “Eastern Everywhere.

  1. Hannes

    ….überall noch Luft nach oben. Freue mich schon auf das nächste Wochenende!

  2. Jörg

    Endlich mal wieder ein neuer Beitrag und dann auch noch mit Schmunzelfaktor! Besten Dank

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