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Giro Dolomiti: Day 7: Admiral Schneider Wiesen

Der letzte Tag des Giro Dolomiti hatte für alle die noch auf ihre Räder steigen konnten eine brutale Überraschung bereit: Bei hochsommerlichen Temperaturen hoch von Steinmannwald zu den Schneiderwiesen – dort wo die Südtiroler Apfelstrudel geerntet werden.

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„Der Aufstieg ist 10,7 km lang und weist einen Höhenunterschied von über 1000 m auf, mit einer durchschnittlichen Neigung von ungefähr 10 % . Der Aufstieg geht durch meist waldiges Gelände, ohne Rast bis zu der Abzweigung nach Kohlern. Von hier ab ist die letzte Strecke (1,5 km) weniger anstrengend. Die Strasse ist gut asphaltiert aber eng. Beschwerlich sind die erste Kehren, die zu dem Ort Seit führen.“

So der Veranstalter. OK, dazu einige Anmerkungen: Der Anstieg geht ohne Rast bis zum Ziel, es sei denn man gibt vorher auf. Und die ersten 6 km bis Seit sind super anstrengend, das stimmt. Und die nächsten 4 km sind dann marginal weniger als super anstrengend. Wenn man das noch irgendwie fühlen kann. Und die letzten 1,5 km sind nur deswegen nicht so anstregend, weil davon 200 Meter relativ flach sind. Eine korrekte Beschreibung wäre daher:

„Der Aufstieg ist 10,7 km lang und weist einen Höhenunterschied von über 1000 m auf, mit einer durchschnittlichen Neigung von ungefähr 10 % . Der Aufstieg geht durch meist waldiges Gelände, ohne Rast bis zum Ende über gut asphaltierte aber enge Strassen. Beschwerlich sind alle Kehren, die zum Ziel führen.“

Der Start war bereits um 7:30 Uhr angesetzt – das war mir zu früh und so machte ich mich um 7 Uhr mit dem Rad von Wolkenstein auf den Weg Richtung Bozen. Das war das erste Mal überhaupt aber meine Familie brauchte das Auto am letzten Tag, da hatte ich keine Wahl und machte mich bei 10 Grad auf den Weg nach unten. Aber: Hui machte das Spaß und ging das schnell ohne Verkehr; für die Strecke bis runter zum Kreisverkehr nach Waidbrück von 22,6 km brauchte ich gerade einmal 27 Minuten.

Für die restlichen 28 km bis zur Messe in Bozen, entlang der Eisack auf dem schönen Radweg war dann noch einmal eine Stunde fällig, so dass ich ziemlich genau eine Stunde nach dem Start am Start war. Statt den regulären Kurs gegen den Uhrzeiger über Eppan, Kaltern und Auer nach Steinmannwald zu fahren, fuhr ich einfach mit dem Uhrzeiger über St. Jakob nach Steinmannwald, wo ich ziemlich pünktlich gegen 9 Uhr ankam, kurz vor dem Feld. Ich fuhr die brutale Steigung vor dem Rennen hoch und wartete auf die anderen Bremer. Kurz danach kam Silke rein, direkt neben der „fucking perfect“ Russin, heute beide in Ale Klamotten gekleidet.

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Ale les filles!

Nachdem auch Andreas und Marc vorbei fuhren machte ich mich startklar. Ich hatte ja dieses Jahr bereits einmal versucht auf die Schneiderwiese hochzufahren und war daran gescheitert, also ließ ich es ruhig angehen. Bei den extremen Rampen gerade im Anfang heißt aber ruhig auch nichts anderes als: überleben. Ich wurde von ziemlich vielen Fahrern überholt, unter anderem wieder von dem Zwerg. Das macht der Zwerg auch extra, er startet extra spät und zieht dann am Feld vorbei, um dadurch zu demostrieren, dass Zwerge halt doch die besseren Bergfahrer sind. Was dummerweise auch stimmt. Ich überholte aber auch ein paar Fahrer, nach einer Weile kennt man ja doch viele GEsichter aus dem Feld: Die lila Waldner Girls, die heute rosa Hosenträger tragende flinken Zähne, der Typ mit dem Bambusrad und dem Kokosnuss Helm, wieder einmal die fucking perfect Russin und sogar den „Planet Extreme: Russia“ Russen. Weiter oben ging mir aber zunehmend die Puste aus und ich wurde wieder von fast allen genannten eingeholt. Stefan Franke zog zum n-ten Mal beim Giro an mir vorbei, zuzm n-ten Mal rief ich „Hallo Stefan!“, und zum n+1ten Male wurde ich ignoriert. Ich weiß nicht woran es liegt, aber Stefan Franke ignoriert mich mit einer Penetranz die an Leidenschaft grenzt. Kennt hier jemand Stefan Franke? Werdet ihr auch ignoriert? Kann bitte jemand Stefan einmal ein Foto von mir zeigen und ihm einbleuen: „Beim nächsten Mal freundlich grüßen!“?

Irgendwie kam ich hoch, aber großartig war das nicht. Ich wusste das es am Ende vor dem Ziel noch einmal ein flaches Stück gibt und haute da halbherzig rein – am Ende war ich etwa 4 Minuten langsamer als im letzten Jahr. Aber da war diese Etappe ja auch die erste des Giros und wir hatten noch Saft und Power.

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Der toughe Russe vom extremen Planeten Russland.

Oben sind dann schnell alle Qualen vergessen und zwar genau in dem Moment, wo man das Apfelstrudelbuffet sieht.

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Großartig – man muss nur schnell genug oben sein, um auch ein Stück zu bekommen. Bermen war heute ohnehin etwas mau vertreten: Silke, Andreas, Matthias, Elena, Marc, Peter und ich hatten uns auf den Weg nach oben gemacht; Sahni und Henning waren nur die Runde um den See mitgefahren und Dietmar habe ich gar nicht gesichtet.Was war eigentlich aus den beiden Delme Cyclern geworden, die hatte ich schon ganz lange nicht mehr gesehen.

Die Abfahrt ging besser und schneller als gedacht. Das war die letzte Chance noch einmal schnell zu fahren und ich überholte auf dem Weg nach unten mehr als hundert. Ich wurde auch ein paar Mal überholt und ein, zwei Mal böse geschnitten- das hätte am letzten Tag noch schlecht ausgehen können. Aber das Glück, was mir bereits seit vielen Jahren hold ist, hielt auch an diesem Tag vorerst an.

Schnell waren wir zurück an der Messe und verabschiedeten uns. Insgesamt war es ein sehr schöner, aber auch sehr anstrengender Giro. Fast zwei Wochen in den Dolomiten zu sein war gut und weniger stressig als die schnelle An- und Rückfahrt im letzten Jahr. Da war aber auch das Gemeinschaftsgefühl größer, was im wesentlich daran lag, dass ich mit meiner Familie 50 km von Bozen entfernt war – da ist es eben aufwändig viel zusammen zu machen.

Wir haben nicht herausgefunden, ob dies nun der letzte Giro war oder nicht – letztes Jahr gab es ja diese Gerüchte. Ist aber auch egal. Das waren jetzt zwei Giros für mich und das reicht auch. Ein viertes Mal den Stelvio hoch? Warum?

Es gibt noch so viele andere schöne Berge und Landschaften auf dieser Welt. Frankreich, Kalifornien, Spanien….mal sehen was das nächste Jahr bringen wird.

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Giro Dolomiti: Day 4, 5 und 6: Uppers and Downers

Ein schnelles und kurzes Update über die letzten drei Tage des Giro Dolomiti, bevor es morgen den letzten Renntag und dann nach Hause geht.

Day4: Obereggen

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Die Jubiläumsetappe zum 40. Giro, sonst hat man am vierten Tag einen Ruhetag, aber nein, zur Feier des Jubiläums durften wir mal wieder fahren. Aus Bozen raus, dann durch einen endlos langen Tunnel schön gemütlich hoch bis nach Stenk. Dort begann der Rennanstieg, 5,7 km, man hätte mich vorher lachen hören sollen. Ich hätte doch genauer den Hinweis des Veranstalters lesen sollen: Was die gestoppte Strecke betrifft, handelt es sich um ein Aufstieg von 5,8 km, der verschiedene Neigungen (bis zu 18%) aufweist und deshalb eine intensive, obwohl kurze, Mühe fordert.“

Die ersten 500 Meter habe ich versucht eine gute Zeit rauszuschlagen, danach ging es auf den langen, steilen Rampen nur noch um das Überleben. Ich bin vor der Gruppe wieder runter nach Bozen gefahren, die richtige Entscheidung. Schön Abfahrt, teilweise mit über 70 km/h runtergeknallt im Verkehr und dann ganz vorne in der Essensschlange an der Messe.

Strava

Dann der negative Höhepunkt des Giros: Ein italienisches Popduo spielt auf zum Essen. Andreas meinte Tracy Chapman erkannt zu haben, für mich klang das alles wie „Das Fleisch“ von „Der Plan„. Man nenne mir einen guten italienischen Rock- oder Popsong. Wenn überhaupt, dann klappt das nur mit französischer Hilfe: Dalida und Alain Delon.

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Der große Sohn des Grödner Tals.

Anschliessend shoppen bei Luigi und Q36.5,

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Jersey short sleeve L1 Pinstripe

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Base Layer 2 short sleeve

Plus ein paar andere Sachen aus der Dottore Serie, die erst nächstes Jahr auf den Markt kommen wird. Das Jersey bewährte sich heute, der Base Layer fühlt sich an, als wenn ich von meiner Frau umarmt werde (vor 25 Jahren).

Dann gemeinsames großes Essen im Hotel in Steinmannwald, leider musste ich schnell wieder los, da ich in Sulden übernachtete, 16 km vom Start der Stelvio Etappe in Prad entfernt. Ich dachte Sulden wäre zwischen Bozen und Prad – da hätte ich besser einmal auf die Karte geschaut. Ich musste erst den Stelvio hochfahren bis nach Trafoi und dann noch einmal eine fiese Bergstrasse 10 km weit rein nach Sulden. Dort hört die Welt erst einmal auf, bis die Schweiz kommt.

Day 5: Stelvio

Das dritte Mal hoch auf den Stelvio nach dem Transalp Disaster 2011 und letztem Jahr. Na ja, bei der Transalp ging es auch in Naturns los und dann mussten wir noch weiter bis nach Bormio- das war eben auch ein sehr harter Tag auf dem mich Muckel gerettet hat.

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25 km hoch, über 1.800 Höhenmeter. Nicht besonders steil aber lang, wenn einem da die Energie ausgeht ist erst einmal eine längere Pause fällig. Unten bin ich forsch, aber nicht zu forsch reingefahren, bis Trafoi funktionierte das gut. Dann kommt man aus dem Wald, sieht die Serpentinen und wo man hoch muss und wird automatisch langsamer. Am Ende zählt man quasi jeden Meter. Man denkte: „Oh cool, nur noch 10 km bis zum Ziel, das ist ja wie von Lilienthal nach Hause!“ Vergisst aber dabei, dass man da gerade mit 9 km hochkriecht und 10 km eben noch über eine Stunde Fahrzeit bedeuten. Insgesamt 6 Minuten schneller als im letzten Jahr, so etwa 2:12 hr. Davon 5 Minuten auf den letzten 10 Kilometern rausgehauen, dort gab es auch einige spannende Duelle mit anderen Fahrern.

Oben war es erwartungsgemäß kalt, also schnell wieder runter über den Umbrailpass. Anschliessend zum traditionalen Kaffeetrinken und Strudelessen nach Naturns zum Gedenken an David Litt. Immer noch der gleiche, unfreundliche Kellner: „Cafe Latte? Das haben wir nicht, wir sind hier in Italien, möchten Sie einen Latte Machiatto?“ „Ja, einen Latte Machiatto bitte, entschuldigen Sie vielmals.“

Strava

 

Day 6: Nigerpass und Val San Nicolo

 

Endlich wieder eine Kamera dabei. Start an der Messe mit fucking perfect Socken des russischen Teams.
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Langsam raus, dann wieder auf der Ostseite von Bozen hoch in die Hügel. Heute zwei Rennanstiege, der erste 7,3 km mit 618 hm. Wie gemacht für mich, ein paar steile Rampen, aber auch ein paar flache Stücke zum ausruhen und beschleunigen. Von Anfang bis Ende Druck auf dem Pedal, das sollte eine gute Zeit ergeben haben (Nachher stellte ich fest, dass ich damit 310er oder so von 500 plus Teilnehmern wurde – ich könnte schwören, dass ich so 300 Fahrer überholt habe, aber bitte).

Oben Pause, dann schnell weiter.

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Dietmar oben

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Matthias auch oben.

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Landschaftlich heute auf den ersten 70 km die schönste Etappe.

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Dann der zweite Rennanstieg, ich bin nicht so motiviert und fahre langsam rein, werde oft überholt. OK, die sind alle jünger und dünner als ich. Aber dann kommen einige Fahrer die ich kenne und von denen ich weiß, das sie schwächer sind als ich und mich überholen. Das geht nicht. Also haue ich rein. Irgendwie 380er geworden. Whatever. Übrigens eine typische Giro Etappe, weg von der Hauptstrasse ins absolute Nichts, dann wieder zurück die gleich Strecke nach unten.

Oben entscheiden Matthias, Dietmar, Marc und ich, dass wir nicht essen und gleich runterfahren wollen, denn in der Gruppe mit Führungsfahrzeug über fast 80 km macht das keinen Spaß.

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Rheinische und norddeutsche Naturburschen

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Wir machen gutes Tempo Richtung Ziel. Es gibt zwar Gegenwind und richtig runter geht es auch nicht lange Zeit. Marc zieht vorne über lange Strecken wie zuhause zwischen Fischerhude und Borgfeld. Wir überholen eine andere Gruppe und kommen dann in einen Tunnel, es geht leicht aufwärts. Ich gehe nach vorne denn weder Marc noch Matthias wollen und mache Tempo. Leider zu viel. Ich höre zwar, dass jemand hinter mir ist, aber eben auch nur einer, ein Holländer aus den Dutch Mountains. Mit ihm fahre ich die Strecke zu Ende bis nach Bozen. wir wechseln uns vorne ab und sind so gegen 14:30 Uhr wieder zurück.

Auf dem Parkplatz vor der Messe gibt es einen supertollen Imbiß in dem ich nun meinen Spaß habe.

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Pommes und Currywurst Fortuna.

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Insgesamt ein schöner Tag mit einer nicht sooo anstrengenden Etappe – also im Vergleich zu so manchem anderen. Morgen werden die Schneiderwiesen noch einmal knallig hart.

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Giro Dolomiti Day 2: Le Déjeuner sur l’herbe

Die Ereignisse des Tages begannen damit, dass ich 10 km von zuhause aus feststellte, dass ich meine Wasserflaschen vergessen hatte, wieder zurückfuhr und dann wie ein Bescheuerter nach Bozen raste um rechtzeitig zum Start zu kommen. Unten am Start fiel mir ein, dass wir ja ohnehin durch meinen Ort, Wolkenstein fahren und ich mir all die Hektik hätte  sparen können.

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(c) ADP, glaube ich

Am Start erschien das Feld irgendwie kleiner als am ersten Tag an dem mehr als 500 Fahrer teilgenommen hatten. Da die allermeisten ihre Trikots gewechselt hatten und nicht wie die Winterthurer, sieben Sätze mit nach Bozen brachten, war es gar nicht so einfach die Bekanntschaften vom Vortag wieder zu entdecken. Dafür sah ich einige Fahrer aus dem letzten Jahr, die  nun endlich wieder die richtigen Jerseys anhatten. Ich sage nur: Pedali Bolognese.

Gut organisiert ging es im Verband raus aus Bozen entlang der Eisack auf der Landstrasse bis nach Blumau; dort begann der erste Anstieg des Tages Richtung Völs, Seis und Kastelruth. Das Feld zieht sich dann sehr lang; ich muss da immer aufpassen nicht gleich in den Rennmodus zu schalten und akzeptieren von Fahrern überholt zu werden die schwerer oder älter sind als ich, bzw. ein anderes Geschlecht haben. Das ist also genau umgekehrt wie ein RCB Montagstraining, bei dem jeder Versuch des Überholens direkt mit dem Sprintanzug bestraft wird.

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Ein langer, aber sehr angenehmer Anstieg der letztendlich bis auf das etwa 2.100 m hohe Grödner Joch führen sollte. Die Sonne schien und wir kamen an der Konditorei Andreas [OHZ] vorbei und dann durch St. Michael.

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Vor mir der Däne, der mich später zwang auf die Damentoilette zu gehen.

Gerade als ich den kleinen Anstieg an der Kirche St.Michael hochfuhr läuteten die Glocken zwei Mal und zeigten an, dass es halb Zehn sei. Ein gutes Omen für den Rest des Tages, das ich sicherlich noch brauchen würde.

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Vor uns die Kirche St.Michael.

Neben mir fuhr eine Gruppe von Russen, die teilweise in Fucking Radklamotten eingekleidet waren.

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Es gab auch fucking Socken die ein hübsches und schnelles russisches Mädchen anhatte, leider konnte ich das nicht richtig gut photographieren.

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Coole fucking Socken

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Noch einmal coole fucking Socken ganz links.

Der Russe davor, mit dem blauen Jersey war auch nicht schlecht: Er gehörte zum Team „Gazprom Colnago“; wäre dies ein Formel Eins Team, dann könnte die Entsprechung „Schalke Ferrari“ sein in blau-rot gestreiften Autos.

Ein weiteres Highlight des Tages war das Team „www.Flinker-Zahn.de“, dass trotz großspuriger Ankündigung von hinten keine eigene Website besitzt. Macht nichts, auf der Website der Dentalpraxis Dr. Straube erfährt man alles nötige. Übrigens waren das die Fahrerinnen, die am Vortag diese rosa Hosenträger Jerseys anhatten.

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Flinke Implantate von Dr. Straube

Wir sind ja alle durch unsere Berufe irgendwie geprägt, ich kann z.B. nicht in einen Aufzug steigen ohne zu prüfen wer den hergestellt hat und wo und ob der Notausgang in der Decke ist. Tja, dafür reichen fünf Jahre bei Schindler. Wenn ich mit den Zahnarzthelferinnen bei meinem extrem guten Zahnarzt (Dr. Pfannenstiel) spreche, dann bin ich immer leicht neurotisch, was sie wohl über mich denken mögen. Vielleicht: „Eigentlich ein netter Typ, aber die Fehlstellung mit Engstand unten drei ist ja so etwas von Achtziger!“ oder „Boh, der sieht nach drei Stunden Zahnreinigung wie im Steinbruch aus.“

Ich traf auch einen der „Ulmis“ aus dem letzten Jahr den ich prompt ansprach: „Hey, ich kenne Dich vom letzten Jahr, Du bist immer unseren Mädels hinterher gefahren!“ Gefolgt von einer halbherzigen Leugnung.

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Rechts ein Ulmi im neuen Trikot. Links das Uhrwerk: Fuhr die ganze Etappe im gleichen Tempo durch, manchmal vor, manchmal hinter mir. Hielt nie an.

Jedenfalls ich das immer ein gutes Zeichen, wenn ich Zeit habe Photos zu machen und mich umzuschauen, das sollte sich nämlich später ändern. Bis Wolkenstein waren es immerhin ca. 50 km und 1.500 hm hoch und so langsam begann der Magen zu knurren. Ich konnte mich aber motivieren in dem ich mir versprach im Supermarkt am Ort ein Stück Apfelstrudel zu kaufen. Am Ortseingang wartete meine Familie auf mich und schrie und winkte. Also fuhr ich schnell noch ein Stück die Strasse hoch und bog dann ab. Cola, Apfelstrudel und zur Sicherheit noch ein paar Powerbars und dann weiter die letzten Meter bis zur offiziellen Verpflegung. Die da nicht so doll ist: Kekse, Bananen, Linzer und ein paar geschmierte Butterbrote wenn man schnell da war.

Um 11 Uhr ging es weiter Richtung Grödner Joch. Diese Strecke war ich letzte Woche bereits gefahren und ich wusste, was auf mich zukommt. Ich war deutlich langsamer als in der letzten Woche, aber das war OK. Und so begann die Abfahrt nach Corvara so gegen 12 Uhr. Auf der Strasse war viel Verkehr, so dass man nicht so richtig aufdrehen konnte. Von nun an ging es 27 km und mehr als 1.000  Höhenmeter abwärts. Das fuhr sich zwar sehr geschmeidig, hatte aber auch den Nachteil, dass mir bewusst wurde, dass ich eine Menge davon wieder hochfahren muss. Es war so, wie John Oliver von This week tonight angenehme Dinge mit unangenehmen Beigeschmack beschrieb: „It’s like catching an icecream cone out of the air, because a child was hit by a car.

An einer Baustelle, bei der gerade ein Teil der Strasse neu asphaltiert wurde fuhren viele andere und ich elegant an den wartenden Autos auf der linken Seite vorbei, nur um ein paar Meter weiter festzustellen, dass wir alle eine Zentimeterdicke Teerschicht auf unseren Reifen haben die sich quasi nicht mehr entfernen liess. Der Teer war noch heiß und weich und tausende von kleinen Steinchen sammelten sich in ihm an wie Schokostreusel auf einem Zuckerdonut. Das war gar nicht gut und ich machte mir etwas Sorgen, dass sich die Steine irgendwann durch die Reifen arbeiten würden.

Zeit als auf Toilette zu gehen und einen Espresso zu trinken. Kurz vor St. Martin in Thurn fand ich eine nette Bar – nur die Toilette war voll mit anderen Radfahrern (BASF!) und Osterhus-Däne sagte: „Geh‘ döch auf dö Damentölette!“ „Echt?!“ „Öch klör!“ Na gut. dann hockte ich ein der paar mit ein paar Fahrern aus der Gegend und liess es mir gut gehen- es sollte das letzte mal an diesem Tag sein. Die anderen Bremer hatte ich, bis auf Marc, seit Wolkenstein nicht mehr gesehen.

Der Rennstart war nur 2 km entfernt. Von hier aus sollte es 14 km hochgehen bis zum Würzjoch: Zunächst einmal 5 km und 450 Höhenmeter bis es wieder 3 km runter ging und dann noch einmal 6 km hoch mit 550 Höhenmeter.

Am Anfang war ich gut motiviert und überholte erst einmal einen fucking Russen.

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Das fühlte sich schon mal fucking gut an. Lief eben gut die ersten fünf Kilometer, ich überholte eine Menge Fahrer und wurde auch einige Male überholt. Alles im grünen Bereich. Ich strengte mich an, aber auch nicht zu sehr. Ab und an einen Gang höher, in den Wiegetritt und weiter. In den Spitzkehren immer schön den kürzesten Weg genommen und mit viel Schwung raus. Hoch traf ich zunächst Dietmar und dann Matthias, denen ich ein wenig Schwung mitgab.  Dann kam die Abfahrt, die viel zu schnell vorbei war. Und danach wurde es richtig hart.

Es waren zwar nur noch 6 km und 550 hm bis zum Ziel aber das zog sich verdammt lange. Und einige Stücke waren ätzend steil. Und mir ging auch langsam die Energie aus. Eine echte Qual, ich zählte quasi jeden Meter den ich fuhr. Bloß nicht aufhören zu treten, bloß nicht absteigen. Selbst als ich das Ziel in der Ferne sah, motivierte mich das nicht besonders, ich war einfach nur froh als ich oben war. Am Ziel stellte ich dann fest, dass die gefahrene Zeit für mich gut war. Das war aber auch so mit das härteste, was ich bisher gefahren bin. Härter waren an sich nur noch der Mortirolo, der Stelvio etc. von der Transalp 2011 und quasi jedes Mal Wada Toge in Japan hochzufahren. Und mindestens zwei RCB Montagstrainings dieses Jahr.

Bloß schnell runter zur Verplegungsstelle, dazu musste man 3 km ins Tal fahren. Ich freute mich schon sehr, meine Erwartungshaltung sah etwa so aus:

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Mittagessen am Würzjoch 1863 (Edouard Manet)

Und Stimmungsmässig wie der gleichnamige Film von Jean Renoir.

Wie bitter wurde ich enttäuscht. Es fing an zu nieseln und das Essen war eine Mischung aus Kinderalptraumspinat, englisch zubereitetem Rindfleisch (mindestens 5 Stunden gekocht) und lustloser Pasta. Nur ein Teil der Sitze war unter Zelten und ich musste mich da irgendwo reinfriemmeln, gegen den erklärten Willen von zwei Winterthurern. Marc war bereits da, nachher kamen auch noch Andreas, Matthias und Dietmar.

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Mittagessen am Würzjoch 2015 (ADP)

Da das Wetter aber immer ungemütlicher wurde machte ich mich los auf den Weg nach unten. Zunächst einmal weitere 100 Höhenmeter hoch, während es um mich herum anfing zu blitzen und kurz danach zu donnern. Ich hatte zwar eine dünne Regenjacke dabei, die aber nicht viel nützte. Innerhalb kurzer Zeit waren nicht nur die Klamotten, sondern auch die Schuhe komplett nass und wir wurde kalt. Die Straße runter war in keinem guten Zustand und sehr schmal, für den Verkehr war sie ebenfalls nicht gesperrt, was die Fahrt nach unten sehr risikoreich machte.  Das einzig gute war, dass der Regen unten wärmer wurde.

Etwas nördlich von Klausen kamen wir wieder in das Eisacktal, von dort aus waren es noch etwa 40 km zurück nach Bozen. Zunächst fuhr ich auf der Schnellstraße, da ich aber in keiner Gruppe war und der Verkehr sehr dicht, nahm ich ab Kollmann den Radweg, den ich von letzter Woche her schon kannte. Das war wesentlich angenehmer. In Bozen angekommen regnete es erst einmal nicht, fing dann aber auch wieder an. Das reichte mir total für heute, ich setzte mich in das Auto und fuhr wieder zurück nach Wolkenstein.

Insgesamt ein zwiespältiger Tag, einerseits eine extreme Leistung, die zunächst auch Spaß machte, aber mehr als zwei Stunden im Regen ohne Organisation auf dem Rückweg waren alles andere als lustig. Da ich keine Wechselklamotten habe, alles nass war, wenig Lust zum Radfahren und Kazuko heute auch Geburtstag nicht zuletzt entschloss ich mich heute einen Ruhetag einzulegen.

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Giro Dolomiti Day 1: Mummy you’re not watching me

Drei Tage Höhentraining in Wolkenstein, zwei Tage absolutes Nichtstun, der Familie gegenüber als „Regenerationsphase“, bzw. „Stabilisationsmigration“ verkauft. Heute dann der Start des Giro Dolomiti mit einer Transferetappe.

Mit Transfer ist hier gemeint, dass nun langsam der Transfer von einen normalen Leben in eins, dass sich komplett dem Radfahren unterordnen muss, stattfindet. Es gibt keine Mahlzeiten mehr, sondern nur noch „Verpflegungspausen“ oder „Zeit für einen Riegel“; es gibt keine Freizeit und keinen Müßiggang mehr, sondern nur noch erschöpftes einschlummern gefolgt von hektischem Vorbereiten auf den nächsten Tag.

Ich machte mich um 6:30 Uhr auf den Weg von Wolkenstein in das 50 km entfernte Bozen; es war Sonntag und die Straßen leer. Um Zeit zu sparen frühstückte ich im Auto, sobald ich unten im Tal fuhr und hörte dazu Sade, TV Personalities und Natalie Imbruglia und noch schlimmer, Alvaro Soller [den wir als Kind von der Deutschen Schule in Yokohama kennen] , also die perfekte Mischung zwischen purer Freude und leichter Genervtheit, um wach zu bleiben. Dazu hatte ich das perfekte Gerät dabei, meinen ipod shuffle von 2005 mit unglaublichem 512 MB Speicher. Das ist übrigens das einzige Apple Geär, das ich besitze; nicht aus Boshaftigkeit, sondern weil es sich so ergeben hat.

Parkplätze gab es genug an der Messe, ich parkte neben einem Bus in dem sich minderjährige Pfadfinder fertig für die Fahrt in die Berge machten. Am Start traf sich mehr oder weniger die Bremer Fahrer, es blieb gerade noch Zeit für ein Photo vor der grünen Wand und dann ging es schon auf die Strecke.

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(c) Andis Dolomiten Photo (ADP)

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Es war sehr nostalgisch einerseits, denn es gab viele Jerseys aus dem Vorjahr zu sehen – von den etwas mehr als 500 Startern waren ca. 532 vom RSC Niddatal in der markanten Ketchup/Senf Montur, dazu Winterthur, Pedali Bolognese, Hövelshof, Erkelenz und viele mehr – es gab einige Wiedersehen vom letzten Jahr – der Zwerg war wieder dabei, Rapunzel ebenso wie die rosa Socken aus Maschsee und den Rest habe ich wohl nicht erkannt, da er gerade das falsche Trikot anhatte. Und irgendwie war ich auch ein wenig traurig gestimmt, denn Silvia, Thomas, David und Jochen fehlten mir doch am Start.

Gewohnt gut organisiert wurden wir durch Bozen und dann auf die Landstraße an de Eisack in Richtung Brenner geführt. Diese war in beide Richtungen für uns gesperrt, es war noch etwas kühl am Morgen und das Tempo eigentlich gemütlich. Trotzdem kam es zu zwei Stürzen, beide Male in einem Tunnel; am ersten Tag kochen die Hormone halt noch ordentlich hoch, aber Körper, Alter und Natur tun im weiteren Verlauf das ihrige, um den Pegel auf Normalniveau zu bringen.

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So ging es die ersten 26 Kilometer langsam hoch durch das Tal bis nach Waidbrück, wo wir von der Hauptstraße abbogen und uns auf den Anstieg nach Barbian machten. Das waren die ersten 350 Höhenmeter des Giros, bei denen das Berggefühl aufkam. Ich passte auf, das ich da in meinem Tempo gleichmäßig hoch fuhr, denn ich wollte mich ja nicht vor der gestoppten Strecke verausgaben. Dabei unterhielt ich mich ein wenig mit Dietmar, der wie ich aus Mönchengladbach kommt. Na ja, eigentlich aus der Nähe von Mönchengladbach, aber zum Glück nicht aus Rheydt. wie überhaupt das Rheinland beim Giro immer gut vertreten ist: Erkelenz, Brühl und natürlich jede Menge Holländer.

Die übrigens nicht nach 31 km in Barbian begann, sondern etwa 3 bis 4 km später. Da gab es eine schöne, schmale Abfahrt, eine enge Kurve und dann war da auf einmal dieses Tor für den Beginn der Zeitnahme. Ups. Das ging mir aber zu schnell,  ich drehte um, fuhr den Hügel wieder ein Stück hoch und machte mich (geistig) fertig.

Dann los, den Hügel runter, mit Schwung durch die Zeitaufnahme und gleich gebremst von der Gravitation und einem Mini Stau. Vor mir rosa Socken aus Maschsee, das sollte für die nächsten Kilometer erst einmal mein Orientierungspunkt sein. Durch den Ministau wurde meine Übermotivation erst einmal gebremst und dann war es ohnehin erst einmal so steil, dass es an sich nur noch ums Überleben ging. Dann kam nach ca. 3 km eine kurze Abfahrt und ich war mir unsicher, ob dies nun bedeutete, dass wir doch das 14 km lange Original fahren würden, denn ich dachte dass das 9 km Stück komplett ohne Abfahrt wäre. Das machte mich nun doch etwas unsicher und ich hielt mich etwas mehr zurück für den Fall, dass ich doch noch länger fahren müsste. Irgendwo überholte mich Andi, was von ihm phototechnisch ausführlichst festgehalten wurde.

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(c) ADP

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(c) ADP

 

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(c) ADP

Kann auch sein, dass das alles vor dem Rennen war, aber so genau bekam ich das nicht mehr mit.

Es folgte eine weitere Abfahrt und das Schild „3 km bis zum Ziel“. Cool. Dann noch ein paar kurze Aufstiege und das Schild „1 km bis zum Ziel“. Noch eine Abfahrt und dann war es auch schon zu Ende. Andi stand bereits am Ziel mit der Kamera in der Hand.

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Silke im Ziel

Kurz hinter dem Ziel lag die Verpflegungsstelle, bei der es den üblichen dolomitischen Misch aus Keksen, Marmeladenkuchen und Bananen gab. Nachdem die harte Arbeit vorbei war, wurde die Stimmung auch deutlich entspannter.

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(c) ADP

Zeit also, sich einmal nach dem bestaussehenden Sportler des Tages umzuschauen. Schon auf der Fahrt hoch nach Barbian war mir „Die Mumie“ aufgefallen. Wie würde man so eine Hose bezeichnen: Dreiviertel-lang? Siebenachtel-lang? Hochwasserhose?

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Trikot des Tages: Die Mumie (2. von rechts)

Mal was anderes. Jedenfalls anders, als die vielen, vielen bunten ALE jerseys mit love bubbles, siehe Big Mistake von Natalie Imbruglia. Trikotdesign und Leistung haben übrigens nichts miteinander zu tun. Heute wurde ich von zwei älteren Frauen überholt, die Trikots anhatten, die ausssahen wie rosa Unterhemden und darüber blaue Hosenträger. Davon muss ich unbedingt noch ein Photo machen.

Nach der Pause musste noch ein wenig geklettert werden, bis wir schließlich durch Oberinn kamen,

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und dann begann auch schon die schöne,lange Abfahrt zurück nach Bozen. Der obere Teil war etwas kurviger und der untere Teil war nicht mehr sonderlich steil, aber schnell, schnell, schnell und durch jede Menge Tunnel.

Nach 79 km war alles vorbei und wir waren zurück an der Messe in Botschaft. Ich musste mich etwas beeilen, da meine Familie wieder etwas von mir haben wollte und machte mich relativ zügig auf den Weg zurück nach Wolkenstein.

Der Rest des Tages: Einschlummern bein anschauen der Tour de France, hektisches Vorbereiten auf den nächsten Tag. Nudeln en masse. Morgen die erste Königsetappe von sechs weiteren.

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GdDT02: Grödner Joch

Heute wollte ich eigentlich trainieren, verbrachte aber letztendlich den halben Tag damit Stellen zu finden, gegen die ich mein Rennrad legen konnte – am besten mit einem eindrucksvollen Hintergrund – um davon Photos zu schießen. In der zweiten Hälfte des Tages erkundete ich lang und breit die Gemeinde Wolkenstein (ca. 2.600 Einwohner und 8.000 Touristen).

Mit Ronni und Peggy (den anderen Eltern bremischer Eiskunstlaufhoffnungen) und meiner Frau hatte ich mich ganz oben um 12 auf dem Grödner Joch verabredet. Die Art und Weise wie wir da hoch kamen zeigt das ganze Spektrum unserer sportlichen Leistungsfähigkeit: Ronni und Peggy hatten sich MTBs ausgeliehen  und versuchten das Joch auf Trails zu erreichen. Ich macht mich auf der Straße mit dem Rennrad hoch und Kazuko fuhr mit der Seilbahn.

Wie üblich war die Straße von Wolkenstein aus stark befahren und als ein Linienbus und ein LKW nicht aneinander vorbeikamen, kam es zum kompletten Verkehrsstop. Zum Glück ist ab der Abzweigung zum Grödnerjoch etwas mehr Ruhe. All dies ist Teil der 2. Etappe des Giro Dolomiti in diesem Jahr. Mir waren die Beine etwas schwer, doch nachdem ich warm geworden war ging es ganz gut. Das Wetter zog sich langsam zu und vorher gelang es mir noch das erste „Bike leaning against something“ [Blas] Photo mit dem Sella Massiv im Hintergrund zu machen.

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Blas #1

Also ich war viel zu früh da. Also fuhr ich auf der anderen Seite des Grödner Jochs erst einmal 300 Höhenmeter runter nach Calfosch durch dieses traumhafte Serpentinengelände.

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Serpentinen 放題 !

Ich wollte exakt runter bis zum Ortseingang von Calfosch; dank barrier-free Ortsschilder war dieser Punkt erstens nicht so schwer zu finden und gab zweitens auch eine phantastische Gelegenheit für Blas Photos her.

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Blas Photo #2

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Blas Photo #3

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Gsos Photo [Guy sitting on something] #1

Dann fuhr ich auf dieser Seite wieder hoch zum Grödner Joch. Ein Italiener auf einem Pinarello mit SRAM etap Schaltung überholte mich und ich klebte mich an den ran bis zum Pass. Erstaunlich, wie schnell man fahren kann, wenn man gegen seinen Willen überholt wird.

Jetzt musste ich noch weiter hoch zur Endstation der Gondelbahn. Es gab zur Auswahl eine steile Schotterstraße mit großen Schotterstückchen oder aber ein noch steilerer Wanderweg mit kleinen Schotterstückchen. Egal wie, ich musste das Rennrad hochschieben. Das war extrem anstrengend, auch wenn das letztendlich vielleicht nur 1.100 Meter Weg und 160 Höhenmeter waren. So etwas gibt einen prima Muskelkater, da ja dabei Radfahr-untypische Muskelgruppen eingesetzt werden.

Mittagessen mit allen. Versucht mit dem Rennrad die Schotterstraße runter zufahren und dabei gescheitert. Dann endlich wieder auf der asphaltierten Straße zurück nach Wolkenstein. Es war noch früh am Tage und ich dachte, ich fahre jetzt mal durch das ganze Dorf und schaue mir alles an, was ich im Reiseführer gelesen hatte. Zuerst machte ich mich auf die Suche nach der Fischburg. Die Burg selber kann man gut von der Straße nach St. Ulrich aus sehen, aber der Zugang ist ziemlich versteckt; das liegt vielleicht auch daran, dass die Burg seit 1926 im Privatbesitz ist.

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Kommt man erst einmal in die Nähe macht der Besitzer unmißverständlich klar, dass man nicht erwünscht ist. Nun gut, dann machte ich mich zu dem Ort hoch über Wolkenstein: Daunei. Von dort gab es einen wunderschönen Panoramablick über Wolkenstein.

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Blas #4

Wieder runter und weiter in das Langetal, was wirklich sehr beeindruckend zwischen zwei hohen Felswänden liegt und noch dazu durch eine streng geheime Militäreinrichtung geschützt wird.

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Felsen links des Langentals mit der Burgruine Wolkenstein….

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..und Felsen rechts.

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Area 51.2 in den Dolomiten

Ich ging ein paar Schritte hoch in Richtung der Ruine, aber die Lust verließ mich schnell. Viel mehr Lust hatte ich darauf meine Füsse in den kleinen Bach am Straßenrand zu halten, den ich auf der Hinfahrt gesehen hatte. Das Wasser war extrem kalt, das floss auch nur noch deswegen, weil der Luftdruck hier oben niedriger ist.

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Erinnerte mich sehr an Sommerurlaub in Österreich in Kindertagen. Und meinen ersten Ausflug mit SPD MTB Schuhen mit Juliane und den Veloz Radfahrern an einem heißen Obon-Tag in Tokyo. Ich war bis dahin nur mit Turnschuhen und Haken gefahren und hatte in der Sommerhitze richtig dicke, fette Schuhe an. Meine Füsse kochten. Wir erreichten dann endlich, ich glaube den Aufstieg nach Nokogiriyama und ich schmiss meine Schuhe irgendwo auf Japan und tauchte meine Füsse in einen Teich. So überlebte ich.

Auch heute. Viel Zeit draußen verbracht, ordentlich Höhenmeter geschrubt, viel gesehen, kein Stress. Auf Strava.

Der Giro Dolomiti beginnt am Sonntag, d.h. morgen und übermorgen regenerieren, absolut nichts tun und vor allem keinen Sport. Nur die Tour de France im Fernsehn.

 

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GdDT02: Schneider Wiesen

Heute machte ich eine interessante Entdeckung: Man kann hier in den Bergen recht schnell recht viele Kilometer zusammenbekommen, wenn man konsequent die Berge runter fährt.

Also machte ich mich auf den Weg von Wolkenstein nach St.Ulrich, was sehr viel Spaß machte. Kurz hinter dem Ort bog ich dann nach links ab und machte mich daran den Passo Pinei zu erklimmen – nur ca. 250 Höhenmeter, aber das ganze verteilt auf viele fiese 15%+ Stücke.

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Hinter dem Pass wartete der Ort auf mich, zu dem ich – ich weiß nicht genau warum – schon immer einmal wollte.

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Der Ort zum Mann.

Die Abfahrt vom Pass führt nach Kastelruth und von dort aus nach Waidbrück an der Eisack. Die Abfahrt ist genial, technisch größtenteils nicht besonders schwierig und mit langen, geraden Stücken auf denen man leicht über 60 km/h kommt, auch ohne große Eingewöhnung an die Berge.

Unten im Tal war es warm. Um nicht zu sagen, scheissheiss. Mein Tacho zeigte heute als Maximaltemperatur 43 Grad Celsius und genauso fühlte sich das auch an: Der Geruch von Bitumen lag in der Luft, die Grillen zirpten wie blöde und die Hitze saugte die Kraft wie blöde aus dem Körper. Entlang der Eisack führt durch das Tal ein toller Radweg bis nach Bozen. In dem Tal konzentriert sich alles, die Verkehrsstränge laufen hier mehr oder minder parallel auf verschiedenen Höhen: Brennerautobahn, Landstraße, Eisenbahn und Radweg, irgendwo dazwischen das Rauschen des Flusses. Teilweise liegt der Radweg auf der alten Eisenbahntrasse und man fährt dankbar durch kühlende Tunnel.

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Genauso in Bozen. Gut ausgebaute, breite Radwege führen durch einen großen Teil der Stadt, schicke Brücken über die Flüsse, alles weit weg vom Autoverkehr und direkt am Freibad vorbei. Ich fuhr erst einmal zur Messe, da wo am Sonntag der Start des Giro Dolomit ist, um mich wieder in den Ort einzufinden. Alles war noch so wie letztes Jahr.

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Bozen- das Bremen der Dolomiten.

Weiter ging es nach St. Jakob, vorbei am Hotel Raffi, wo wir letztes Jahr übernachtet haben und dann rein nach Steinmannswald. Dort beginnt der Anstieg zu den Schneiderwiesen, benannt nach Admiral von Schneider. Das war die erste Etappe des Giros letztes Jahr, heuer wird die am 6. Tag gefahren. Letztes Jahr dachte ich nur, Oh Gott, das ist nur der erste Tag, wie wirst Du das überleben, aber irgendwie ist es doch gut gegangen. Allein der Anstieg vom Kreisel an der Hauptstraße zum Start ist schon brutal. Mir waren mehr oder minder Wasser, Riegel und Kraft ausgegangen, der Magen brummte, aber ich wollte es trotzdem versuchen. Die ersten drei Kilometer sind extrem steil und liegen voll in der Sonne. Danach wird es etwas mehr Wald aber nicht weniger anstrengend. Ich machte erst mal auf 600 Höhenmeter eine Pause.

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Dann schleppte ich mich weiter bis zum Ort Seit, der etwa auf 900 Höhenmeter liegt, aber da war der Ofen dann auch endgültig aus und noch weitere 500 Höhenmeter bis zu den Schneidewiesen waren nicht mehr drin, auch wenn das Gefälle jetzt abnahm.

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Blicke von Seit in das Eisacktal südlich von Bozen.

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Also, umkehren, runterrollen lassen und dann erst einmal bei LIDL Verpflegung fassen, denn ich war echt am Ende. Und dann wieder durch Bozen auf den Radweg an der Eisack lang bis nach Ponte Gardena, denn jetzt noch wieder hoch nach Wolkenstein zu fahren, das ging gar nicht. Ronni holte mich netterweise dort ab, während ich in der Bar am Bahnhof chillte. Schöner Tag schöne Tour, schön übertrieben.

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GdDT01: Sella Ronde

Gestern in den Dolomiten angekommen, Nachmittags an der Party des Eiskunstlauftrainingcamps in dem großen Gemeindezelt in Wolkenstein teilgenommen, wo wir auch letztes Jahr auf dem Giro Dolomiti unser Mittagsessen bekamen, dann drei Radler getrunken und festgestellt, dass es an diesem Ort, auch nach drei Radlern,  wirklich nichts flaches gibt.

Heute dann endlich auf das Rad. Ich hatte mir vorgenommen die Sella Ronda zu fahren, auch die ein Teil einer Etappe des Giros 2015. Von Wolkenstein aus sind das vier Pässe, die es zu überqueren gilt: Sella Joch, Passo Pardoi, Passo Campolongo und Grödner Joch. 2015 mussten wir uns erst einmal 50 km und 1.300 Höhenmeter nach Wolkenstein quälen, um die Sella Ronda anzufangen; da dachte ich, dass das ja wohl kurz und anspruchslos genug für den ersten Trainingstag sein würde.

Ich mag es ja gar nicht, wenn ich mich nicht warm fahren kann und es gleich in die Vollen geht. Hier ist es aber dummerweise so, dass es nur bergauf geht und das gleich im Vollen. Oder eben nur bergab und man wird auch nicht warm. So taten die ersten Kilometer richtig, richtig weh und nur die Option einen der älteren Rennrad- oder MTB Fahrer vor einem auf der Straße zu überholen gab etwas Motivation. Überhaupt war die Straße hoch zum Sella Joch voll im Autos, Busen und Motorrädern, so richtig Spaß machte das also nicht. Aber trotzdem fühlte ich mich irgendwie leicht, vermutlich weil ich weniger Kilo auf die Waage bringe, als letztes Jahr. Dachte ich. Exakt bis zu dem Moment wo ich etwa 3 km vom Pass entfernt war, etwas trinken wollte und feststellte, dass ich beide Wasserflaschen zuhause liegengelassen hatte.

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Nach so viel Flachland in Bremen, war das Bergauffahren jetzt nicht einfach, aber so langsam gewöhnte ich mich daran. Jetzt kam das Bergrunterfahren, an das ich ebenso wenig gewöhnt war. Zunächst war das noch sehr unsicher und vor allem langsam. Nach ein paar Tagen in den Bergen kriegt man das sehr gut raus und fährt selbstmörderisch ins Tal, man kommt entweder schnell oder in einer Kiste an. Aber so weit war es heute noch nicht. Obwohl, am Ende hatte ich dann doch auf recht wagemutige Art einen Linienbus überholt und dachte: „Wow, es geht ja doch.“

Es begann der Anstieg zum Passo Pradoi. Der  war nicht sehr steil und so langsam kam ich auch wieder in meinen Rhythmus.

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In Richtung Arabba ging es wieder runter und danach begann der Anstieg zum Passo Campolongo. Auch der war in Ordnung, nur  280m Höhenmeter  und so langsam begann es wieder Spaß zu machen.

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Von Campolongo aus gibt es die schönste Abfahrt auf der Sella Ronda mit vielen schnellen Stücken, Spitzkehren ohne Ende bis nach Corvara. Und von dort aus beginnt der ca. 600 Höhenmeter hohe Anstieg zum Grödner Joch. Hier ging mir zunächst das Wasser, dann auch die Kalorien aus – der Magen meldete sich mit dem üblichen Rumgebrummel. Während ich bislang schneller oben war als im Giro vor einem Jahr, verlor ich jetzt richtig Zeit auf dem Rennabschnitt des Vorjahres. Ich überholte zwar zu Beginn ein paar ältere Rennradler, aber auf de letzten Kehren musste ich mich richtig anstrengen. Gemein an dem Pass ist, dass man schon von recht weit unten sieht, wo man letztendlich hin muss. Das Überraschungsmoment a la „Hinter der nächsten Kurve könnte der Pass sein.“ bleibt völlig aus.

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Endlich Zeit für ein „Bike leaning against something with something impressive in the background“ Photo.

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Vom Grödener Joch aus gibt es endlich mal ein relativ flaches Stück, aber auch nur für 2 bis 3 km. Dann geht es runter nach Wolkenstein, wo ich mich ein wenig im Ort umgetan habe.

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Wie gesagt, nichts flaches hier. Mehr als 2.300 Höhenmeter in einer Tour liegen auch am oberen Bereich der Komfortzone. Fazit: In Bremen kann ich 60 – 70 km locker in 2 1/2 Stunden fahren, hier habe ich über vier Stunden dafür gebraucht, muss irgendwie an meiner Form liegen.

 

 

 

 

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Giro Dolomiti – die achtbändige Ausgabe. Heute: Culo rasato

In der Vergangenheit habe ich mich des öfteren abfällig über Menschen geäußert, die soooo alte Radhosen tragen, dass die Arschbehaarung sichtbar wird, wenn man in ihrem Windschatten fährt. Nachdem mich Silvia im Laufe der Etappe darauf aufmerksam machte, dass nagelneue, verschwitzte weiße Radhosen in etwa denselben Effekt erzielen tut mir dies sehr leid.

T02Egal, dazu später mehr. Oder auch nicht. Am zweiten Tag hatten die Mädels ausnahmsweise in ihrem Zimmr gut geschlafen, so dass  wiederum ausnahmsweise kein Zimmerwechsel verlangt wurde. Am zweiten Tag hat man den Drill auch schon ganz gut verinnerlicht. Man weiß wann man aufstehen muss, was vorbereitet sein will, was man zum Frühstück isst und wie man ann gemütlich zum Startpunkt, der Messe in Bozen, fährt. Wir waren vielleicht ein wenig nervöser als sonst, da heute wesentlich mehr Kilometer (143) als auch Höhenmeter (2.200) als gestern anstanden – der Rennteil selber waren aber wieder nur lächerliche  613 Höhenmeter auf 6,2 km Strecke, also etwa 2/3 von dem was wir gestern geleistet hatten.

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Am Start des 2. Tages. Silvia als Deutsche, ich als Holländer verkleidet.

Nach demStart ging es im abgesperrten Verkehr aus der Landstraße parallel zur Brennerautobahn raus aus Bozen Richtung Norden. Als wir aus der Stadt raus waren begann der Anstieg und wir fuhren direkt in einen sehr langen Tunnel. Das war nicht so gut gewählt, denn die Luft war recht stickig und von der Landschaft war natürlich nichts zu sehen. Einerseits. Andererseits erinnerte mich, dass an das 210 km Rennen 2008 auf Sadogashima, auf dem es auf 210 km immer und permanent geregnet hatte und ich froh war, dass ab und zu ein Tunnel kam und ich trocken blieb. Dort waren die Tunnels die Highlights der Tour! Eine gute Seite hatte der Tunnel ja schon: Die Männer hielten sich im Tunneln doch sehr mit dem pinkeln zurück, noch nicht einmal die BASF Fahrer kamen auf die Idee den Beton zu düngen.

David bemerkte dann auch, dass wir eine andere Strecke fuhren, als der Veranstalter Sie zuum Download für Navis zur Verfügung gestellt hatte. Das war übrigens am ersten Tag genauso, wo wir auf der dicken Landstraße blieben und nicht den kleinen Weg um den Kalterer See fuhren. Es ging aber trotzdem ständig bergauf und durch das kontrollierte fahren machte das auch sehr viel Spaß.

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Endlich aus dem Tunnel raus.

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Und jetzt wo der Tunnel weg ist, ist auch der Tunnelblick verschwunden.

Rechts und links gab es nun Landschaft noch und nöcher. Und da wir nun auch auf mehr als 1.000 Meter Höhe waren, wurden die Temperaturen auch ganz angenehm.

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Rapunzel, mit aus dem Jersey gefallenen, gold-blonden Extensions.

Und wem begegnete ich wieder direkt nach der Ausfahrt aus dem Tunnel?
Doch was war das? Auf einmal ging es links ab zum……Nein, ich wage es nicht zu schreiben, ein Pass mit einem politisch inakzeptablem, völlig inkorrektem Namen. Unglaublich, in welchem Jahrhundert leben wir denn hier in Norditalien? Ist da in den Bergen noch die Inquisition am Werke? Ich finde diesen Pass sollte man langsam mal umbenennen, also zum Beispiel in „Pass mit Migrationshintergrund“ oder ähnlich wohlklingenden, politisch korrekten Namen.

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Skandal !

Wir fuhren weiter in Richtung des politisch korrekten Karerpasses. Am Straßenrand gab es eine Pause auf dem höchsten Punkt und dann machten wir uns auf in eine schöne Abfahrt nach Pera die Fossa. Von der Hauptstraße aus zweigte eine steile, kleinere Strasse ab direkt auf eine bewaldete Felswand zu und dort stand nun auch das Tor der Zeitmessung, dass wir bereits von der ersten Etappe kannten. Ich zitiere hier einmal aus dem Beschreibung des Veranstalters über den nun folgenden Rennanstieg:

„Der Aufstieg, 6,2 km lang mit einem Höhenunterschied von 613 m, ist kurz aber anspruchsvoll wegen der Neigungen, die in einigen Strecken 20% erreichen. Die Route führt durch eine besonders eindrucksvolle Landschaft im Herzen des Rosengartens. Die schwierigsten Abschnitte begegnen uns in den ersten 1500 m und in den letzten 3 km. Die durchschnittliche Neigung ist 9,9%.“

OK. Also die schwierigen Teile sind die ersten 1,5 km und die letzten 3, dann sollten die 1,7 km in der Mitte ja recht einfach sein, immerhin. Die ersten 1,5 km waren extrem steil. Es war überhaupt nicht daran zu denken hier irgendein Rennen zu fahren, es ging um das pure überleben und auf dem Rad bleiben und weiter treten – Survivalmode von der ersten Minute an. Man kommt dann durch eine Ort, wo die Straße etwas flacher verläuft und teilweise auch abschüssig wird. Das sind die leichten 1,7 km, aber mir schienen die maximal 400 Meter lang. Und von dort aus ging es dann superbrutal durch den Wald hoch. Ich kann mich nicht erinnern, da irgendwie zweistellige Geschwindigkeiten gefahren zu sein – war sozusagen die Anti-Fuchsröhre.  Natürlich überholte ich trotzdem die gleichen Leute wie immer und wurde wie immer selber heftigst überholt. Silvia und Silke waren echt am fluchen. Einige Teilnehmer waren abgestiegen und gingen zu Fuß hoch. Ich könnte mir vorstellen, dass das schneller ist als Rad zu fahren. Thomas meinte er hätte jemand gesehen, der mit viel Schwung die Abfahrt runter kam, das Tor der Zeiterfassung und die Straße dahinter sah und gleich umkehrte und sich zur nächsten Pausenstation aufmachte. Kann ich nachvollziehen. Ich wollte aber ums verrecken nicht absteigen und quälte mich da mit 34/28 Übersetzung hoch. Jetzt wäre ich echt dankbar für ein 32er Ritzel hinten gewesen. Noch eine Kurve…und immer noch kein Ziel in Sicht….noch 500 Meter… immer noch kein Ziel zu sehen….noch ne Kurve… noch ’ne Kurve….ich steig ab…nein., doch nicht….weiter, komm, gleich in das Ziel da, nach der nächsten Ecke….Mist.. immer noch nicht…da! da! da!…die letzten 20 Meter noch Mal voll gespurtet und dann brach ich kurz hinter dem Ziel zusammen, ungefähr da wo Thomas gut gestylt und noch besser gelaunt stand und Fotos machte.

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„Na, so alleine hier?“

Kurz nach mir kamen Silke und Silvia rein und dann auch David. Zum Glück gab es jetzt Erfrischungen. Und da fiel uns auf, dass die Landschaft hier ja ziemlich beeindruckend war. Ich schwöre, ich habe davon absolut nichts im rennen gesehen.

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DHF: Deutsch-holländische Freundschaft: „Ich & die Wirklichkeit“

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11800533_10206458234152117_5343727631812843129_nNicht schlecht, oder?

Wir waren schon mächtig beeindruckt und mittlerweile konnten wir uns auch wieder bewegen trotz aller Erschöpfung un den Mund aufmachen und „Ahhhhh“ und „Oooohhh“ sagen. Nachdem nun alle Fahrer oben angekommen waren ging es wieder runter auf derselben Straße und dann nach Pozza die Fasso zum Mittagessen. Wie immer reichhaltig. Die anschließende Rückfahrt nach Bozen verzögerte sich dann erheblich. Wir mussten sehr lange warten, bis es dann im Gesamtpulk wieder losging.

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Das war aber auch der einzige Moment, wo ich von der Organisation etwas genervt war. Von etwa 140 km waren wir nun gerade einmal die Hälfte gefahren und eigentlich recht kaputt. Die nächsten 70 km waren aber quasi nur noch abwärts im Peloton. Man hätte auch ein wenig schneller fahren können, denn es drängte sich schon ganz ordentlich, aber es ging dann sehr, sehr zügig zurück nach Bozen. Das Fahren in der großen Gruppe machte mir bei den schnellen Abfahrten aber nicht so viel Spaß, deshalb überlegte ich mir schon, wie in dem in Zukunft entgehen könnte.

Nachher an der Messe schaute ich auf die Ergebnisse: Wieder so Platz 300 irgendwas. Diesmal nur 16,2 Meter/Minute hoch, etwas langsamer als auf den Schneiderwiesen. Na ja, je steiler es wird umso mehr bin ich durch das Gewicht benachteiligt. Wir haben es dann nicht mehr raus in die Stadt geschafft zum Abendessen sondern sind zusammengesunken in unserem Hotel. Zum Glück wurden wir dort von Mademoiselle Jeanne verwöhnt:

“ Was willst Du? Noch ein Bier?“ (zu mir)

„Und was darf ich Madame bringen?“ (zu Silke)

Ja, Mademoiselle Jeanne vom Hotel Raffi hatte schon ihren besonderen Charme, den wir nun, wieder in Bremen angekommen sehr vermissen. Abends in unserem Zimmer packte ich meine weiße Radhose in die Wäschetüte und holte sie erst in Bremen wieder raus.

Strava.

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Eingeordnet unter 2015, David, Mob, Rennen, Silke, Silvia

Giro Dolomiti – die achtbändige Ausgabe. Heute: Il preparazione

Dante (1265-1321) beschreibt in seinem Werk „Die göttliche Komödie“ seine Reise durch die Jenseitsbereiche Hölle (Inferno), Fegefeuer (Purgatorio)  und Paradies (Paradiso, seit 1968 in Amsterdam). Im folgender der Versuch in drei Teilen frei nach Dante den Giro Dolomiti, ein „Radrennen“ in den Dolomiten, an denen wir (Silke, Silvia, David, Jochen und Thomas) dieses Jahr teilgenommen habe, wiederzugeben. Teil I: Il Preparazione / Die Vorhölle.

Alles, wirklich alles über die Dolomiten und nichts, wirklich nichts zum Thema Radfahren

Wir hatten uns entschieden, dieses Jahr nicht am Rad am Ring teilzunehmen, sondern etwas anderes zu machen und irgendwie kamen wir über Stefan und Jochen auf die Idee, es einmal mit dem Giro Dolomiti zu versuchen. Die Dolomiten, sagenumworbene Berge im Norden Italiens, die Ihren Namen, je nachdem wem man glauben mag, entweder vom Wort „Dolores“ (Lat.: Schmerzen) oder von einem Langnese erhalten haben.

Ja, die Dolomiten sind riesig. [Vielen Dank für die Idee an Homunkunils]. Oben auf den Gipfeln liegt Schnee, darunter sammelt sich bis zur Waldgrenze das Blut von Radfahrern die versucht haben die Pässe zwischen den Gipfeln zu bezwingen . Im Laufe der Jahre sind die Gipfel rund geworden (wie man bei der Wiederentdeckung der Dolomiten 2014 feststellen musste). Früher waren die Dinger noch scharf, kantig und zackig, aber nur bis 1987, dann entließ man all die fleißigen und geschickten Gipfelschnitzerinnen und lagerte die Produktion nach China aus.

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Ich kenne die Dolomiten ganz gut. Das hängt damit zusammen, dass ich von meinen Eltern 12 Jahre lang gezwungen wurde, die Zeit zwischen Weihnachten und Schulbeginn im Januar in den Dolomiten im Wintersport zu verbringen. Mein Leben in den Ferien bestand aus a) Skifahren bis zum abwinken, b) Malefiz spielen mit Eltern, Oma und Schwester bis wir total zerstritten waren und c) schweigend im Audi 100 nach Hause zu fahren. Ich war daher sehr überrascht zu hören, dass die Dolomiten auch im Sommer für den Publikumsverkehr geöffnet sind.

Meine Mutter wurde 1936 in Bozen, der Hauptstadt des Königreiches Dolomitia geboren. Das war zu der Zeit und seit 1918 italienisch, eine Folge der Auflösung der KuK Monarchie nach dem verlorenen 1. Weltkrieg, als Österreich das Gebiet Südtirol an Italien abtreten musste. Meine Mutter wurde also als Italienerin geboren, sprach und spricht aber nach wie vor kein italienisch, sondern nur dieses Deutsch mit Akzent aus der Gegend dort. Ihrem Vater, passte das gar nicht, er gehörte zu einer Gruppe Südtiroler Freiheitskämpfer, die sich zur Aufgabe gemacht hatten die italienischen Besatzer zu terrorisieren. Wenn man der Familienlegende glauben darf, war er besonders gut im Umsägen von Strommasten. Heute wäre er vermutlich Terrorist, damals war er ein Idol der Freiheit. Zum Glück gibt es heute keine Kontrollen mehr an der Grenze zwischen Italien und Österreich, denn als Kind hatte ich immer Angst, dass ich bei einer Kontrolle aus dem Wagen gezogen werde und den Rest meines Lebens Reparationen in Italien in Form des Baus von Stromleitungen leisten müsste (der Rest meiner Familie ist handwerklich eher ungeschickt).

Dummerweise kam ihm die italienische Polizei auf die Schliche und er floh 1938 über die Berge mit seiner Frau und den drei Kindern nach Österreich. das damals Deutsch war. Also wurde meine Mutter Deutsche. 1945 änderte sich das wieder, als Österreich wieder unabhängig wurde und meine Mutter einen österreichischen Pass bekam. Um dann ein paar Jahre später meinen Vater zu heiraten und damit die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen. Daran kann man schön sehen, wie das Konzept von Staatsangehörigkeit eigentlich ein sinnloses ist.

Der italienische Name für Südtirol ist „Alto Adige“, wobei Adige der Name des Flusses „Etsch“ ist, der durch eines der Haupttäler dort fließt. Also, mit anderen Worten und im Sinne der verbotenen ersten Strophe der deutschen Nationalhymne: ist sowieso alles deutsch. Die meisten Menschen sprechen auch dort deutsch, vor allem in den Dörfern, in den wenigen Städten gibt es viele Italiener die zum Beispiel von Mussolini von Sizilien nach Südtirol umgesiedelt wurden. Während Südtirol im Winter (zumindest 1968 bis 1979) kalt und arm ist, ist es im Sommer schweineheiss und reich. Die Mischung der Menschen passt gut zueinander und die Küche ist fantastisch. Also los, fahren wir dahin. Im Sommer.

Grundsätze der Vorbereitung [Radfahrer bitte hier anfangen zu lesen]

Da allerwichtigste überhaupt und das erste was man tun sollte, wenn man an so einer Veranstaltung teilnimmt, ist zu planen, mit wem man da zusammen fahren möchte. Tut man das nicht, besteht die Gefahr, dass man da plötzlich alleine in den Bergen steht und das kann sehr unlustig sein. Wer plant zu fahren und wer dann tatsächlich fährt sind zwei völlig verschiedene Dinge bzw. Zahlen, die im wesentlichen bereits von Douglas Adams beschrieben wurden:

Der Bistr-O-Matik-Drive

Wie bereits Einstein beobachtete, daß Zeit kein Absolutum ist, sondern von der Bewegung des Betrachters im Raum abhängt, und daß Raum kein Absolutum ist, sondern von der Bewegung des Betrachters in der Zeit abhängt, so hat man nun erkannt, daß Zahlen nicht absolut sind, sondern von der Bewegung des Betrachters in Restaurants abhängen.

Die erste nicht absolute Zahl ist die Anzahl der Leute für die ein Tisch reserviert wird.
Sie wird sich im Laufe der ersten 3 Telefonate ständig verändern und dann keine erkennbare Beziehung zur Anzahl der Leute haben, die wirklich dort aufkreuzen, die später noch dazukommen, oder die wieder weggehen,wenn sie sehen wer noch alles gekommen ist.

Die zweite nicht absolute Zahl ist die angegebene Ankunftszeit, die inzwischen als einer der bizarrsten mathematischen Begriffe bekannt ist, nämlich als Reziproversexklusion, eine Zahl, deren Existenz nur so definiert werden kann, daß sie alles andere als sie selbst ist.
Mit anderen Worten: die angegebene Ankunftszeit ist der einzige Moment, in dem es völlig ausgeschlossen ist, daß da irgendein Mitglied der Runde erscheint.

Die dritte und allerrätselhafteste Zahl im Bereich der Nichtabsolutheit ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen der Anzahl der Posten auf der Rechnung, dem Preis jedes Postens, der Anzahl der Leute am Tisch und dem Betrag, den jeder zu zahlen bereit ist.

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Der Davidsilkethomassilviamob

Geplant war, dass Silke, Silvia, Jochen, sein Sohn und ich von Bremen aus nach Bozen fahren und dort David, Juliane und david aus Tokyo, bzw. London treffen. Es stellte sich dann heraus, dass Jochens Sohn keine Zeit hat, Jochen später kommt und david plötzlich nach Mexiko versetzt wurde, so dass er und Juliane irgendwo zum urlauben im Amazonas verschwanden. Zufällig war aber „Thomas“ in Bozen und stiess zu uns. Aus Silkesilviamobdavidjulianedavidjochenkian wurde somit Silkesilviamobdavid-thomasjochen. War aber auch egal, Hauptsache nicht alleine.

Nachdem man geklärt hat, wer alles mitkommt muss man dann klären, wie man eigentlich in die Dolomiten kommt, denn die sind, von Bremen aus gesehen, verdammt weit weg. Aus der Theorie der Verkehrsträger abgeleitet gibt es folgende Alternative: Flugzeug, Schiff, Binnenschiff, Auto, Eisenbahn oder Pipeline. Schiffe fahren nicht über die Alpen, wir flutschen schlecht durch Pipelines und ich Anbetracht der Anzahl unserer Koffer (Werkzeugkoffer und Schminkkoffer) kam dann nur noch das Auto in Frage. Silke organisierte einen sehr schicken Taxibus VW T5 in dem wir fünf und alle unsere Räder, Koffer, Ersatzlaufräder, Wasserflaschentaschen und Einkaufstüten mit Energieriegeln passen würden und mit dem wollten wir von Bremen nach Bozen. Habe ich die Eisenbahn ind  der Betrachtung vergessen? Nein Danke, Deutsche Bahn, wir wollten ungern ’nen Tag zu spät kommen.

Als nächstes muss man nun ein Hotel buchen. Das wurde freundlicherweise mir überlassen und ich buchte die billigste Hütte die einigermaßen nah vom Start verfügbar war; in unserem Fall das Hotel Raffl, was sich auf seiner Website folgendermassen präsentiert.

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Hier die zwei Bettdeckenvariante, die nicht in allen Räumlichkeiten implementiert war.

Wie man gut erkennt, ein Oase der Ruhe und Entspannung. Etwas Sorgen machte mir, dass das Hotel ganz in der Nähe des Flughafen Bozens lag. Das hätte mich aber nicht beunruhigen sollen, denn von dort aus starten im Wesentlichen Segelflieger. Was mich aber beunruhigen hätte sollen war die Tatsache, dass die Zimmer nach vorne raus alle direkt an der Hauptstraße zwischen Bozen und Leifers liegen. Kennt man vielleicht nicht so, da fahren aber mehr Autos und Motorräder lang als über die A1 von Hamburg nach Bremen. Und zwar zu jeder Tages- und Nachtszeit. Hat man ein Doppelbett in einem Zimmer nach vorne, so erscheint es, als wenn die Autos in der Spalte zwischen den beiden Betten entlang rasen würde. Man traut sich nicht Hände oder Füsse aus dem Bett zu strecken, weil jeden Moment ein Laster darüber fahren könnte, doch dazu später mehr. In aller Fairness muss man aber auch sagen, dass sich die Menschen des Hotels die größte Mühe gegeben haben nett zu uns zu sein und wirklich eine Menge Anstrengungen unternehmen um uns (und insbesondere Silke und Silvia) zufrieden zu stellen.

So, jetzt braucht man nur noch eine Packliste und schon kann es losgehen. Zum Glück hatte ich noch eine von der Transalp 2011 die ich etwas verfeinerte. Verfeinern heisst in diesem Zusammenhang: Schlafsack und Isomatte für das übernachten in der Turnhalle raus (nie wieder!) und dafür jede Menge Werkzeug und Ersatzteile rein. Wie das so ist, ich habe so viel Zeug mitgenommen, das ich überhaupt nicht gebraucht habe, zum Glück: Regenjacke, Ärmlinge, Jeans, Cleats….. Auf der anderen Seite brauchte ich prompt einen Ersatzreifen und zwei Schläuche, jede Menge Werkzeug um Davids Rad zusammenzubauen und sämtliche Nasenpflaster, um durch Schnarchen entstehende Geräusche zu optimieren.

Fertig. Jetzt muss man nur noch nervös sein und warten bis es los geht.

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