via Milano Fixed
Jennifer Beals in Flashdance (1983)
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Bereits beim Aufstehen sorgte das Geräusch von Regen für schlechte Laune und der Himmel hatte in etwa die Farbe von #919191. Wenig später in der Neustadt, wo langsam die Samstagabend Parties ausliefen, war es zumindest #787878. Egal, für den Großraum Leer sollte es recht gut aussehen und so machten sich Silke, Andi und ich auf den Weg.
Wir fuhren zur Fehn-Routen RTF in Leer; für mich war es das erste Mal. Olli meinte, dass diese eine sehr schnell RTF sei. Und da ich eher selten in Ostfriesland bin, mal eine neue RTF fahren wollte und neugierige auf ostfriesische Feen war, dachte ich OK, da musste mal hin. Als wir ankamen sah es so aus und es fing relativ schnell an zu nieseln. Ich denke, dass ist da normal, kein Mensch würde das dort als Regen bezeichnen.
Über Leer sah das ganze schon viel besser aus.
Ich war überrascht wie viele Bremer den Weg nach Leer gefunden hatten, ich hatte das in den sieben Jahren in Bremen noch nie geschafft. Ein Student bei mir hatte bei seiner eidesstattlichen Erklärung der Bachelorarbeit mal bei Ort (und Datum) geschrieben „Leer“; das hatte ich dick rot angestrichen und daneben geschrieben, er soll das nicht leer lassen, sondern gefälligst eine Stadt oder sein Dorf angeben.
Aber das ist tatsächlich eine Stadt oder grauem Himmel. Ein paar RCBler waren da, BBCler, einige Rot-Goldene, eine Truppe mit Olli aus Stuhr und dann die üblichen Gestalten aus den Nachbardörfern, die man immer wieder trifft und von denen ich immer noch nicht weiß wie sie heißen. Denen geht es umgekehrt mit mir wohl genauso.
Wir hatten nicht viel Zeit denn pünktlich um 10 ging es los. Zusammen mit Andi machte ich mich auf an die Spitze des Feldes zu fahren. Das klappte gut und das Tempo war RTF gerecht hoch, trotz Nieselregen und vielen kleinen Feldwegen, auf denen wir fuhren.
Allerdings war das auch sehr furchteinflössend. Ich musste extrem konzentriert fahren, da das Feld recht unruhig war und immer wieder steil abgebogen wurde in neue Feldwege. Das war wie Intervalltraining: Rollen im Feld, dann bremsen, abbiegen, sprinten um die Lücken zuzufahren….in den Kurven fühlte ich mich auch nicht besonders sicher, vor allem dann, wenn das Geräusch von Split unter Reifen zu hören war. 80% meiner Energie brauchte ich, um zu treten, die restlichen 50% um meine Angst zu bekämpfen.
In diesem Zustand irgendetwas von der Schönheit der Landschaft wahrzunehmen war nicht möglich, ganz zu schweigen davon irgendwelche Feen zu sehen, die am Waldesrand standen. Zum Glück ging es nach einer Weile dann eher auf Landstraßen weiter. Das nahmen einige zum Anlass noch einmal zu beschleunigen und vorne weg zu fahren, Andi und ich blieben im Feld, auch wenn wir jetzt auf nasser Straße den Seich von den Hinterrädern unserer Vordermänner ins Gesicht bekamen.
Die Situation war so angespannt, dass ich den ersten Kontrollpunkt nach ca. 35 km verpasst. Nach weiteren 20 km und einem Feldweg voller breiter und tiefer Pfützen war es dann soweit: Ich wollte vorne eine Lücke zusprinten, schaffte dies aber nicht und dann hatte ich keine Kraft mehr im Feld zu bleiben und fiel hinten alleine raus. Vor mir fuhren Torsten, Matthias und ein Mädel mit einem POC Typen auf die ich aufschließen wollte – aber auch dafür langte die Kraft nicht und der Wind kam dazu auch noch recht fies. Also fuhr ich erst einmal alleine weiter.
Ich holte dann einen anderen Fahrer ein, der mit einem platten Hinterrad fuhr und lieh ihm eine CO2 Kartusche. Nett von mir, denn nun fuhr ich ohne weiter, aber ich kannte ja genug Fahrer die hinter mir waren und mir dann hätten helfen können. Nicht so nett finde ich dann, wenn derjenige (oranges Müssing) am Ziel nicht auf mich wartet und mir Geld für eine neue Kartusche gibt. Nicht wegen dem Geld, aber einfach um danke zu sagen, denn der wäre ja sonst entweder 50 km mit plattem Reifen unterwegs gewesen oder hätte die RTF abkürzen müssen oder einen anderen Doofen finden müssen.
Egal. Nach einer Abzweigung standen Matthias und Thorsten am Straßenrad, die waren wohl auch dem Tempo erlegen und warteten auf die nächste Gruppe. Ich sagte, komm‘ lass uns zu dritt fahren und das passte dann auch ganz gut, obwohl wir nun ziemlich lahm unterwegs waren. Aber es brachte uns zum nächsten Kontrollpunkt.
Als wir dort Pause machten am eine weitere Gruppe mit Bellinis und Andi rein. Zu zehnt oder so fuhren wir dann weiter, wobei Andi und ein gewisser grauhaariger Hermann aus Papenburg vorne im Wind fuhren und brutal Tempo machten. Hermann verschliss neben sich einen Fahrer nach dem anderen.
Als wir wieder so auf einem total verlassenen Feldweg mit 35 km/h gegen den Wind an-eierten und ich die Schönheit der ostfriesischen Landschaft bewunderte (Grauer Himmel, links grüne Wiesen mit schwarz.weiß gefleckten Kühen, recht grüne Wiesen mit schwarz.weiß gefleckten Kühen und das alle Kilometerlang) passierte es:
Ich fuhr in der Gruppe in zweiter Position hinter Hermann und hörte nur noch das Krachen hinter mir. Als ich mich umdrehte und zurückfuhr lag Matthias in Seitenlage mitten auf der Straße und ein anderer Fahrer sass im Gras daneben. Thorsten war etwa auf gleicher Höhe und meinte, dass es Matthias den Lenker bei einer Bodenwelle aus der Hand geschlagen hatte und der daraufhin gefallen wäre. Dabei riss er seinen Nebenmann um und Thorsten, der hinter ihm fuhr konnte gerade noch ausweichen und vorbeifahren.
Während der andere Fahrer da im Gras sass und sein Schicksal und demoliertes Rad bedauerte, sah es für Matthias gar nicht gut aus. Er lag regungslos auf der Straße, unter seinem Helm eine große Blutlache. Schwer abzuschätzen, woher die nun genau kam. So langsam kam er wieder zu sich und wir drehten ihn auf den Rücken. Dann zogen wir ihm erst einmal den Helm aus und die Handschuhe. Ja, soll man ja an sich nicht machen, aber das das ganze Ding voll mit Blut war, ich machte mir auch ein wenig Sorgen was wohl darunter zu finden wäre. Ich sag mal, zum Glück war da nichts am Schädel, sondern die gesamte rechte Gesichtshälfte hatte ein paar Wunden und das rechte Auge war gut zugeschwollen. Von dem Fall war die Brille kaputt gegangen und hatte sich ins Gesicht gebohrt. Ehrlich gesagt beruhigte mich das ein wenig.
In der Zwischenzeit hatte Hermann Notarzt und Krankenwagen gerufen. Hermann wusste sogar den Namen von dem Feldweg wo wir waren, ich hatte so überhaupt keine Ahnung. Das beste was ich dem Notarzt hätte sagen können wäre gewesen „Fahren Sie zum Start der RTF und dann immer den Pfeilen der 117 km Strecke lang, nach 60 km oder so finden sie uns dann!“ Das hätte aber verdammt lang gedauert.
Matthias fragte bestimmt drei Mal, ob er gestürzt sei? Und wo es ihm überall weh tut. Er war ganz klar unter Schock und desorientiert, vermutlich von einer Gehirnerschütterung. Ich fragte Andi nach seiner Regenjacke und zusammen mit meiner deckten wir ihn erst einmal etwa zu, denn so richtig warm war es ja auch nicht.
Krankenwagen und Notarzt waren sehr schnell da, das dauerte keine zehn Minuten. Das waren Profis, die kannten ihr Geschäft. Sie fragten Matthias was heute für ein Tag wäre: „Sonntag“. Das war schon mal gut. Und welches Jahr? Keine Antwort. Und welche Jahreszeit? „Frühjahr!“ Klar, von der Stimmung her schon, aber in Ostfriesland nennt man das Sommer. Ein erster Check ergab jetzt nichts gebrochenes oder so, also wurde Matthias auf die Bahre verfrachtet, in den Krankenwagen gebracht und dann in ein Krankenhaus in Leer gefahren. Linda vom RSV Leer kam und packte sein Rad ein. Das sah übrigens deutlich besser als Matthias aus.
So schlimm das alles aussah, ich fand dass Matthias da noch sehr viel Glück gehabt hatte. Klar, das halbe Gesicht war im Eimer und Knie und Hände waren, aber sonst funktionierte ja erst einmal alles. Bis auf den Schädel, aber das würde sich schon wieder geben.
Entsprechend gedrückt war die Stimmung.
In so einem Moment überlegt sich natürlich jeder erst einmal, dass es einen auch selber hätte treffen können. Und wie scheiße das ist, bis das alles wieder verheilt ist und man wieder vernünftig Sport machen kann. Und was die Frau und die Kinder dazu sagen werden und wie sie dann in der Tür stehen und zittern, wenn man selber mit dem Rad wegfährt. Das ist etwas egoistisch, weil einen selber hat es ja nun einmal nicht erwischt und man sollte daran denken, wie scheisse das für den anderen ist. Aber das ist dann nur der zweite Gedanke.
Als wir dann weiterfuhren, stand als allen die Angst im Gesicht geschrieben. Bei jeder Unebenheit auf der Strasse wurde geschrieen „Bodenwelle!“ oder „Schienen“ oder „Schotter!“, auf einmal erschien die ostfriesische Umwelt so Angsteinflössend und aggressiv.
Angst.
Mich erinnerte das an Führerscheinverlängerung in Japan. Alle fünf Jahre oder so muss man in Japan zur Verkehrserziehung wenn man seinen Führerschein verlängern lassen will. Insgesamt ist das relativ langweilig, aber auch irgendwie bizarr und interessant. Teil des Programms ist es sich einen Verkehrspädagogischen Film anzusehen, meiner hiess: „Mörder ohne Absicht„.
Die Geschichte ist etwa so, dass ein Mann mit seinen Betriebskollegen in einer Kneipe feiert und schon was getrunken hat. Dann ruft sein Chef an und bittet ihn eine Klimaanlage bei einem Kunden zu reparieren. Er will natürlich nicht, aber da er ja ein guter japanischer Arbeitnehmer ist lässt er sich doch bequatschen und fährt los.
Schnitt. Ein kleines Mädchen mit Großmutter, beide im Kimono laufen fröhlich vergnügt auf dem Rückweg vom Jahrmarkt an einer Straße lang. Ist schon klar was jetzt passiert, die Details spar ich mir, aber im Film wird einem da absolut nichts erspart: Kind tot, Oma im Krankenhaus.
Jetzt beginnt das Drama aber erst richtig. Der Mann verliert seinen Job und als er zu der Familie des Kindes geht, um sich zu entschuldigen wird er nur angeschrien „Geben sie uns unser Kind zurück!“ Dann muss er ins Gefängnis. Seine Familie muss ihr schönes, westliches Haus verkaufen und wohnt dann in einer fiesen, alten japanischen Hütte direkt an der Bahnstrecke. Die Mutter hat einen harten und schlecht bezahlten Job auf einer Baustelle, der Sohn nimmt Drogen, die Tochter geht nicht mehr zur Schule und ist zickig. Eines Tages sagt die Mutter nur: „Ich bin so müde!“ und man sieht wie Sie auf die Bahnschranke zu geht; quietschende Zugbremsen, dann wieder jede Menge Details.
In der letzten Szene des Filmes sieht man dann wie der Mann, aus dem Gefängnis entlassen, im Regen auf den Stufen vor dem Eingang des Hauses des Kindes sitzt, an die Tür trommelt und schreit: „Verzeiht mir! Verzeiht mir!“ Die Kamera schwenkt dann weg von ihm zu einer Straße mit viel Autoverkehr. Die unausgesprochene Botschaft zum Schluss ist: „Siehst Du, da fährst Du gerade in Deinem Auto, aber schon morgen könntest Du an diese Tür hämmern und um Verzeihung bitten.
Von den ca. anderen 30 Japanern, die mit mir den Film gesehen haben, war etwa die eine Hälfte am pennen und die andere am flennen. „Ist schon etwas übertrieben“, dachte ich mir und setzte mich dann in mein Auto um ca. 10 km nach Hause zu fahren.
Für diese 10 km habe ich wohl so 2 Stunden gebraucht. Ich war so unter Schock, ich konnte einfach nicht schnell fahren. Überall, so schien es mir, lauerten die Gefahren und wenn ich nur ein klein wenig unaufmerksam wäre, dann wäre es mit meinem Leben, dem meiner Frau und meiner Kinder zu Ende. Ich bin noch nie in meinem Leben so vorsichtig und mit so viel Angst Auto gefahren.
Allerdings war das am nächsten Tag auch schon wieder vorbei und ich raste wieder durch Tokyo.
Bei dieser Gelegenheit lernte ich auch Thomas aus Aachen und seine Kollegen von der SiG kennen und wir fahren dann in einer kleinen Truppe unter Anleitung von Reiner weiter an die dritte Kontrolle und dann in Richtung Ziel.
Ich fragte Reiner: „Weisst Du wo das Borromäus Krankenhaus in Leer ist?“ Und er sagte: „Keine Ahnung, ich bin nicht aus Leer sondern aus Westerstede.“ Was ja von Leer mal definitiv weniger entfernt ist als Köln von Düsseldorf oder Hamburg von Bremen. Geistig scheinen da aber riesige Lücken zu klaffen, ich denke ich bin da in ein riesiges ostfriesisches Fettnäpfchen getreten. Dann fragte ich ihn (er war ja Mitveranstalter der RTF): „Warum heisst die RTF eigentlich Fehntour?“ „Keine Ahnung!“.
Später bekam ich dann aber raus, dass Fehn keine Feen sind, sondern Dörfer da in der Gegend wie Elisabethfehn, Idafehn oder Rhabarberfehn. Die Namen sind da sowieso ganz lustig, klingen alle wie Rip-offs aus Bremen und umzu.
Oder wie chinesische Elektronikgeräte zweifelhafter Herkunft. 1994, als ich in China auf dem Land einen sehr schicken damm bauen durfte (also ich und 30.000 Chinesen), da kaufen wir in der nächsten Stadt Fernseher, Staubsauger etc. für unsere Hütte. So hatten wir einen Fernseher, nicht von Sony, sondern von Tony. Und unser Kühlschrank war von International Panasonic (was ja deutlich besser ist als National Panasonic). Meine Frau hatte übrigens Hautcreme von „Oil of Olaf„.
Wir kamen so durch einen Ort, der hiess „Potshausen“ – das war bestimmt eine Kopie von Posthausen in der Nähe von Bremen. Bestimmt gibt es in Potshausen auch ein Dodnehof Einkaufzentrum. Und dann kam das beste: Wir kamen an eine handbetriebene Fähre und wollten dort über den Fluss setzen.
Und ich fragte Rainer, wie der Fluss da hieß. Und der wusste tatsächlich die Antwort, obwohl dieser Fluss durch Leer und nicht durch Westerende fließt. Es war die… jetzt haltet euch mal alle fest…die Jümme! Ha, ha, was ist das denn? Ist das eine schlechte Kopie der Wümme, der was?
Am Ende und nach ca. 117 km sassen wir etwas bedrückt am Ziel herum. Jörg, Thorsten und Tesla begnügten sich mit einer Cola und kleinen Häppchen, während Jessica zehn Waffeln vor sich liegen hatte, die ihr angeblich von Harald aufgedrängt worden waren.
Hm. Kein schöner Sonntag, alles in allem.
An dieser Stelle alles Gute an Matthias, der hoffentlich in der Zwischenzeit das Krankenhaus wieder verlassen durfte, damit es bleibt wie wo es hingehört: leer.
Auf Ebay.uk wird gerade dieses großartige Minivelodrome verkauft, die Versteigerung endet am 25. Juni um 21:11 hr.
Here is your once in a life time chance to own the one and only legendary* Bomberdrome.
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Man, war ich gespannt auf den Velothon dieses Jahr! Nicht auf das Rennen, daran habe ich schon sechs Mal teilgenommen. Aber allein die Frage, ob es mir gelingen würde rechtzeitig und mit Rad per Bahn anzureisen, war schon irre aufregend.
Achtung: Wem außer Rennradrennen nichts interessiert, fange nach 1637 Worten weiter bei „Staccato“ an zu lesen.
Sicherheitshalber rechnete ich noch einmal nach: Bei der Rückfahrt von der Tecklenburgrundfahrt nach Bremen brauchten wir letztens für etwa 144 km Strecke insgesamt fünf Stunden Zeit. Das ist etwa eine Stunde länger, als der schnellste Fahrer am Sonntag für die 180 km des Velothons benötigte. Mal sehen, die Deutsche Bahn käme mit so einer Leistung auf den 363. Platz von 505 Teilnehmern, direkt vor dem sympathischen Teilnehmer aus Samoa.
Das machte umgerechnet für die 398 km von meinem Haus zum Brandenburger Tor etwa 13:49 h. Und da die Entfernung ja wesentlich länger ist, ein IC benutzt werden muss und es in die Hauptstadt der bösen Bahn gehen sollte, kommt da noch ein Risikofaktor von 1:x drauf, eine riesige Standardabweichung und überhaupt: also meiner Schätzung nach sollte ich am Freitag um 14 Uhr in Bremen losfahren, damit ich pünktlich am Sonntag um 7:30 Uhr am Start stehen konnte ohne ein Risiko einzugehen.
Und so stand ich an der Bahnsteigkante in Bremen, stieg in den Zug und kam pünktlich um 18:27 h in Berlin an. Also, sogar am gleichen Tag! So ein Mist, wer konnte denn mit so etwas rechnen? Ich hatte Decken, genügend Wasser, Trockenkekse für drei Tage, Malariatabletten, meine drei Lieblingsbücher und eine Kettensäge dabei, nichts davon wäre nötig gewesen.
Ja, manch einer mag hier lachen. Also wegen der Kettensäge, meine ich. Aber im Januar 2007, als sich der Orkan Kyrill formierte und Deutschland für 24 Stunden lahmlegte, da sass ich im letzten IC aus Magdeburg Richtung Hannover, als dieser etwa bei Helmstedt mitten in der schwarzen Nacht stehenblieb und sich nichts mehr tat. Nach ca. 30 Minuten machte der Zugführer endlich eine Durchsage und klärte die Fahrgäste darüber auf, dass Bäume auf der Strecke liegen, und nun die lokale Feuerwehr gerufen würde, um diese zu entfernen. Erstaunlich kurze Zeit später fuhr der Zug jedoch wieder, um dann nach 5 Minuten erneut zum Halten zu kommen. Darauf folgte die nächste Ansage des Zugführers:
„Wir bitten den Fahrgast mit der Kettensäge, noch einmal zur Spitze des Zuges zu kommen.“
Seitdem, habe ich zumindest immer ein Schweizer Messer dabei, wenn ich mit der Deutschen Bahn fahre.
Ich hätte nun mit meinen Freunden und Mark, einem Amerikaner, der nicht nur Architekturprofessor in Harvard ist und seit mehr als 25 Jahren Kathrin und Fabian, meine Gastgeber, kennt, sondern auch noch, wie wir erst kurz vorher herausfanden, mit David von Positivo Espresso in Tokyo zusammen ins College ging, in die Berliner Philharmonie gehen können um Strawinsky, Berlioz und Ravel zu hören. ich wollte die maximale Strapazenbelastung an einem Wochenende nicht unnötig erhöhen; schließlich sollte ich noch auf das Konzert der Fundamentals gehen und dann auch noch am Sonntag 60 km Radfahren. Da darf man kein Risiko eingehen.
Fabian hatte dieses Jahr übrigens echt hart trainiert für den Velothon. Er ist extra nach Japan geflogen, um mit David zusammen die klassische Positivo Espresso Strecke am Tsukui See zu fahren.
Also verbrachte ich den Abend zuhause und nach einem guten Frühstück am nächsten morgen machten Fabian, Mark und ich uns auf unseren Rädern auf eine architektonische Kreuzfahrt durch Berlin. Ich weiß nicht mehr genau worum es ging, da ich ja nur Bauingenieur und kein Architekt bin, aber wir stoppten vor einem Haus und Fabian sagte: „Rate mal von wem das ist? Das ist ein spätes Werk von?“ Mark sagte dann ein paar Namen, die für mich klangen wie die Bandmitglieder von Electric Light Orchestra aber alle falsch waren und dann sagte Fabian „Peter Cook!“ Worauf beide dann anfingen zu stöhnen:
„Nein, echt jetzt? Das ist doch nicht wahr!“ „Leider doch!“ „Sad. Loser. Very confused.“
Sad. Loser. Very confused.
„Confused“ ist übrigens das Lieblingswort von Architekten, wenn es gilt schlechte Gebäude aus den Achtzigern abzustrafen. Ich sah da bestenfalls den Bauch eines Architektens. Dann kreuzten wir zu einem Gebäude von Zaha Hadid, weltbekannte Architektin, Mutter von Gigi und Bella Hadid und, seit neustem jetzt auch tot. Das hatte eine rostfreie Fassade. Gute Idee. Allerdings auch nur so lange, wie die Schrauben, mit denen die Fassadenplatten befestigt sind, ebenfalls aus rostfreiem Material bestehen. Also, denke ich mal so als Bauingenieur. Die Architekten freuten sich jedenfalls und riefen abwechselnd „Ah“, „Oh“ und „Pure Genius“
Pure Genius Schrauben
Anschließend kreuzten wir zum Anhalter Bahnhof und dem neuen Park am Gleisdreick über den ich auch mit viel Sarkasmus nicht mehr sagen kann, als dass er wirklich sehr gelungen ist. Und so viel besser als den einzigen anderen Park in Berlin den ich kenne, und zwar den aus Görlitz.
Trasse nach Görlitz
Dort gibt es einen roten Wohnblock von einem Berliner Architekten, Robert Neun. Verzweifelt versuchte ich ein Muster in der Fassade auszumachen. Sie sah aus wie ein großes Tetrisspiel, in dem alle Steine die gleiche rote Farbe haben und trotzdem nicht zusammenpassen. Neben mir wieder jede Menge Ahs und Ohs.
Dann durften wir endlich zur Rennanmeldung am Brandenburger Tor fahren, vorbei an der britischen Botschaft. Ich schlug vor, dass den Briten dieses Botschaftsgebäude nach vollzogenem Brexit entzogen werden sollte; sie könnten zum Beispiel die Gebäude mit der Botschaft von Mazedonien tauschen.
Wir wollten nur schnell ein paar technische Probleme beheben und mussten dazu zum Stadler Stand die uns wirklich sehr schnell, nett und effektiv halfen. Dann kurz zur Anmeldung, um die Startnummern einzusacken. Ich hatte ja 52 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit angegeben, um auf jeden Fall in Block A zu landen. Umso größer war meine Überraschung, als ich auf meine Startnummer schaute und dort „G“ stand. Das G steht nicht für „Ganz Vorne“ sondern für „Ganz hinten“, wie sich dann herausstellte der letzte aller Blöcke. Warum nur, warum? Jetzt durfte ich mich erst einmal schlecht gelaunt in die Schlange am Helpdesk einreihen. Nach einer halbe Stunde des Wartens wurde mir dann erklärt, dass ich mich zu spät angemeldet hätte und dass alle Teilnehmer, die die Deadline versäumt hätten in den Block G kommen würden (Der dann auch deutlich voller war, als die Blöcke davor.),
OK und also: Liebe Velothon-Macher. Ja, ich weiß, dass stand alles im Kleingedruckten auf der Website und ihr seit euch keiner Schuld bewusst, da ihr genau nach Vorschrift gehandelt habt. Und es ist ja auch klar, dass der Velothon eine kommerzielle Veranstaltung der IRONMAN Germany GmbH ist und damit Geld verdient werden muss. Deshalb müssen die Angestellten da auch keinen Kuchen backen und den für einen Euro verkaufen, so wie das die Dorfvereine bei einer RTF machen. Alles klar. Aber deswegen müsst ihr auch mehr Kritik vertragen, als ein Dorfverein bei dem alle freiwillig mitmachen und kein Geld verdient wird.
Ich zahle euch 90 € um 60 km Rad zu fahren, ihr bekommt von mir mehr Geld pro Kilometer als der öffentliche Nahverkehr, UBER und genauso viel wie ein Taxi in Berlin wenn es mehr als 7 km fährt. Und dafür, finde ich, kann ich auch einen gewissen Service verlangen. Zum Beispiel, dass ihr in der Lage sein solltet, wenn sich jemand drei Wochen vor dem Rennen angemeldet hat, ihm den gewünschten Startblock zu verpassen. Und wenn ich 52 km/h angebe, dann ist ja wohl klar, dass ich in den Startblock A möchte, oder muss ich erst Schall- oder Lichtgeschwindigkeit schreiben damit das klar wird?
Übrigens bin ich nicht der einzige, der euer Preis/Leistungsverhältnis nicht so toll findet. Ich habe gerade mal in den Ergebnislisten nachgeschaut, wie viele Teilnehmer dieses Mal auf der 60er, 120er und 180er Strecke insgesamt angetreten sind, und zwar etwa 7.600. Klingt ja erst einmal gut, aber letztes Jahr waren es noch über 9.000. Und 2012 sogar fast 12.000 Teilnehmer. Da läuft was falsch, wenn ihr innerhalb von fünf Jahren ein Drittel eurer Kunden verliert.
Ich befand mich in einem seltsamen Zustand aus Schock, Enttäuschung und Motivation. Ich war gut in Form, wollte ganz vorne mitschwimmen und das geht nun mal nur im A-Block und jetzt G??? Dafür war ich nach Berlin gekommen? Sollte ich nun trinken gehen, mein Leben beenden, oder jetzt erst recht „against all odds“ einfach durch nach vorne fahren? Oder, hatte ich ja auch schon gemacht, mich einfach in Block A stellen, um dann im nachhinein disqualifiziert zu werden? Oder Fabians Startblock A Startnummer nehmen und ihm eine Superzeit verpassen?
Aber nach einer Weile freundete ich mich mit der Idee aus Block G zu starten an. Ganz hinten zu starten hat nämlich einen großen Vorteil: Man kann jede Menge anderer Teilnehmer überholen. Block A ist eher wie eine RTF, die ersten 10 km voll ballern, aber spätestens am Anstieg des Spanndauer Damms haben sich dann die Gruppen gefunden und es ist nicht mehr möglich alleine von einer Gruppe in die nächst-vordere zu sprinten. Man fährt das Ding dann in seiner Gruppe zu Ende, am Schluss darf man noch ein wenig sprinten. Sad. Loser. Covfefe. Mit viel Glück kommt eine schnellere Gruppe von hinten vorbei, man hängt sich dran und fährt dann das Ding zu Ende, aber es ist relativ langweilig, da man nicht mehr gewinnen kann, sondern nur noch verlieren – nämlich wenn man aus der Gruppe herausfällt.
Aus Block G heraus ist das komplett anders, man kann quasi bis zum Ende andere Teilnehmer überholen. Ich möchte ja sogar behaupten, dass das Überholen das Beste am Rennen ist (und das schlechteste überholt zu werden), ganz egal wievielter man wird. Das weiß man ja erst nach dem Rennen. Aber das Gefühl, dass man im Rennen hunderte von anderen Menschen (die jünger sind, bessere Räder haben, besser aussehen oder irgendwie anders unfair sind) überholt hat, das baut sich beim Rennen auf und macht den Spaß bei der Sache aus.
Ich hatte meinen inneren Frieden gefunden.
Nun ging es aber auch schon zum nächsten Höhepunkt in die Likörfabrik und Weinhandlung Leydicke in der Mansteinstrasse, dem Berghain der Ü50. Dort sollten „The Fundamentals“ zum Tanz aufspielen. Fabian spielt dort Bass und hält die Truppe zusammen mit Charly, dem Schlagzeuger auf Kurs. Der Rest schrammelt auf Gitarren und Keyboards oder singt. ich wünschte, ich würde in Berlin wohnen, könnte das mein Wohnzimmer nennen und mich jeden Abend hemmungslos amüsieren, ohne am nächsten Morgen Radfahren zu müssen.
Wir fuhren von Fabians Büro, vorbei am Kumpelnest 3000, wo noch die letzten Kumpels mit der Flasche in der Hand standen, zum Start. Vorbei am A, B und C Block, dann um die Ecke, vorbei am D, E und größtenteils leeren F Block und kamen am letzten, dem G Block an. Obwohl wir sehr früh da waren, war der so voll, dass wir gar nicht in den Block herein konnten, sondern uns auf die Straße zwischen Block und dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas stellten.
Dort mussten wir – Fabian, Anselm, Johannes und ich – dann ziemlich lange warten; der Plan war dass Block G um 7:50 Uhr auf die Reise geht, tatsächlich ging es dann erst um 8:05 h los. Das ist immer derselbe Mist, man steht lange im Block, bewegt sich kaum und ist nicht genug aufgewärmt, um nun gleich volle Power zu leisten. Das muss man aber, am ganz schnell aus dem Gedränge im Block wegzukommen und eine schnelle Gruppe zu erwischen. Obwohl, in Block G ist das nicht unbedingt nötig. Wie ich das bei Alain Raposo gelernt hatte drängelte ich mich bereits vor dem offiziellen Start so schnell wie möglich nach vorne, Fabian in meinem Schlepptau. An der neuen Nationalgalerie hatten wir dann schon ein gutes Tempo drauf, waren alle Grüppchen zu langsam und so ballerte ich immer schön weiter; neben Fabian hatten sich nun auch ein paar andere an mich rangeklemmt. Am Ernst-Reuter-Platz ging mir so langsam die Puste aus und ich kommandierte den Hamburger hinter mir nach vorne. Allerdings war auch der zu langsam, so dass ich auf dem Spandauer Damm wieder selber nach vorne ging. Normalerweise versuche ich das ja zu vermeiden, auch wenn wir das von Menschen die mich nicht kennen (Elise) Kritik einbringt. Aber es ist nun einmal so, dass ein Rennen bein Einzelzeitfahren ist und wenn man sich vorne alleine im Wind kaputt macht dankt einem das niemand später: „Hey, lass mal beim Sprint auf den MOB warten, der kommt gerade nicht mehr mit.“
Doch dann kam eine Gruppe von zwei Berlinern Vereinsfahrern von hinten die ordentlich Tempo machten und ich klemmte mich an die ran; bei der Gelegenheit verlor ich vermutlich Fabian. Das war allerdings nicht so schlimm, denn er hatte schon einen neuen Berliner Freund, den Marco gefunden (dazu später mehr).
Wir waren nun ein Grüppchen von sechs bis acht Fahrern, definitiv schneller als alles was vor uns war und tauchten in den die Waldstraße am Wannsee ab.
Ich hatte recht viele Körner gelassen; über den ersten Hügel am Dachsberg kam ich noch gut, aber der Karlsberg war bereits deutlich schwieriger. Zum Glück habe ich in diesem Moment Alcides kennengelernt. Da wusste ich noch nicht, dass er Alcides heißt und gerade sein erstes Rennen fährt; für mich war das einfach ein Typ mit einem auffälligen roten Jersey, einem langen Bart und einer Tätowierung am Unterschenkel, der mich gerade mal wieder überholt hatte und richtig konnte.
Am Karlsberg fuhr ich vor ihm und mir ging die Puste aus „Hast Du noch Power?“ „Ja“ sagte Alcides, trat in die Pedale und fuhr so schnell vor, dass ich nicht dranbleiben konnte. Da aber auch vor ihm keine richtig schnellen Leute, und er auf sich allein gestellt war, holte ich ihn auf dem Konprinzessinnen Weg wieder ein, zusammen mit einem der Berliner Vereinsfahrer, einer Aspirinpille (Bayer Werksfahrer), einem MeckSeenPlatten und dem bunten Typen, der immer wieder freihändig fuhr.
Dort sah ich auch das erste Sturzopfer des Velothons am Straßenrand liegen, der RTW war bereits da und Streckenposten regelten den Durchfluss. Ich vermute einmal, dass dies wegen der Zeitmesspunkte passiert ist, ab und lagen abgedeckte Induktionsschleifen auf der Straße, um die Zwischenzeiten der Teilnehmer zu messen. Diese waren nicht oder nicht ausreichend ausgeschildert und wenn man ahnungslos über so ein Ding fährt und eine Hand an der Trinkflasche hat, dann kann es einem schon böse auf die Fresse werfen.
Drei, vier Fahrer wechselten sich nun vorne ab und wir machten gutes Tempo auf der Argentinischen Allee und der König-Luise-Strasse bis wir zum botanischen Garten kamen, wo Kathrin auf uns wartete.
Mit Alcides beim Wechsel in der Führung am Botanischen Garten
Vorne der Berliner Vereinsfahrer, dahinter Alcides und ich. Den Rest haben wir gerade überholt, bis auf den zweiten von hinten der kurz nach uns ins Ziel kam.
Fabian mit Marco
Die Gruppe hielt weiter zusammen auf dem Steglitzer Damm und der Ringstraße und wir überholten Gruppe um Gruppe; an den Startnummern kann man ja sehen in welchem Block diese gestartet waren und wir hatten nun immer mehr in Block F und E eingegraben. Das hohe Tempo hatte allerdings zur Folge, dass immer mehr Fahrer auch aus unserer Gruppe herausfielen, so dass Alcides und ich quasi nur noch alleine vorne waren und Führungsarbeit leisteten. Nach dem Tempelhofer Flughafenparcour hatten wir es dann geschafft nur noch zu zweit zu sein. Schön, dass wir so stark waren, aber auch schön doof, dass wir nun alleine waren und auch noch gegen den Wind fahren mussten.
Die letzten 15 Kilometer durch Kreuzberg waren daher sehr anstrengend. Und zwar so anstrengend, dass ich überhaupt keine Chance hatte mir den Görlitzer Park anzusehen. Sowohl Alcides als auch ich waren ziemlich KO und das Tempo fiel teilweise auf 34 – 36 km/h; wir mussten jetzt schneller vorne wechseln, um das Tempo zu halten. Allerdings überholten wir nach wie vor jede Menge anderer Fahrer. Die Abzweigung für die 180er Farer habe ich gar nicht so richtig mitbekommen, und schon waren wir an der Siegessäule und bogen ein auf die Strasse des 17. Juni. Hier drehten einige langsamere Gruppen noch einmal das Tempo hoch, wir klemmten uns dahinter, spurteten 150 m vorher los und waren dann auch schon im Ziel.
Ein sehr gutes Ergebnis, vor allem wenn ich daran denke, dass ich dieses Mal bestimmt ein Drittel der Strecke vorne gefahren bin.
Jetzt war es dann an der Zeit sich kennen zu lernen.
Da wir als Mini-team unheimlich gut zusammengearbeitet haben waren wir bester Laune, auch wenn wir durchaus unterschiedliche Vorstellung von der Schönheit von Männerbeinen haben.
Dann kam auch Fabian, aber ohne Marco. Marco war vor ihm gestürzt, Fabian konnte sehr plastisch schildern, wie sein Kopf mehrfach auf den Asphalt knallte, er nur ganz knapp nicht über ihn drüber fuhr und dann später, als er anhielt überall Blut war. Wir kennen Marco zwar nicht, aber von hier aus: Gute Besserung.
Später erwischt es übrigens auch noch Gregor, den Mann von Christine, der sich bei dem 120 km Rennen das Schlüsselbein brach. So 30 km vor dem Ziel. Fuhr das dann aber doch zu Ende, mit 40er Schnitt. Was für ein Gemetzel dieses Jahr. Aber das ist eben Berlin, da geht es härter zur Sache als in Hamburg oder in Münster.
Haus der Kulturen der Welt. Somewhat confused.
Wir sassen also am Haus der Kulturen rum, zusammen mit Johannes und Anselm. Der Vorletzte war jetzt echt müde.
Auch für junge Menschen kann ein Radrennen sehr anstrengend sein.
Dazu kamen noch Christine und Kerstin (?). Fabian raunte mir öfters „Photo Gelegenheit!“ zu wenn jemand in bescheuerten Klamotten an uns vorbei lief oder mit einem zerbrochenen Laufrad in der Hand. Also so etwa wie da Mädel von der Post auf dem Bild weiter oben. Aber dieses Blog ist ja schon ein eher ästhetisches, daher habe ich dieses Mal auch Christine auf das Cover gesetzt.
und dann machten wir uns irgendwann auf, um wie immer im Udagawa gut zu essen. Das war aber leider zu, also ging nach einem Umweg durch die Dusche zu Frau Lüske.
Und dann nahtlos weiter zum traditionellen Kaffetrinken im Garten. An dieser Stelle kann gar nicht genug betont werden, welch großartige Gastgeberin Kathrin ist. Nicht nur, dass Sie die ganze Familie in Schwung hält und sich ständig Gedanken darüber macht, was noch alles hier und da getan werden könnte, sie erträgt auch gleichmütig die Massen an Besuchern von Freunden und Verwandten die Tag für Tag, teilweise nur kurzfristig angemeldet, ihre Wohnung heimsuchen. Und dann kommt sie auch noch mit ins Leydicke! Und wofür das alles? Für eine Handvoll Tartuffos.
Die dann auch noch in einem unbeobachteten Augenblick von der Verwandschaft weggefuttert werden.
Dann hieß es auch schon Abschied nehmen, Fabian brachte mich zum Bahnhof.
Und die Bahn brachte mich dann, mit fünf Minuten Verspätung zurück nach Bremen.
Nichts ist sicher in dieser Welt, nicht, dass man heil aus einem Rennen in Berlin kommt, nicht das man pünktlich in Bremen mit der Bahn ankommt. Kann sein, dass scheisse wird.
Eingeordnet unter 2017, Fabian, Mob, Rennen, Uncategorized
Nachdem Hannes, Eddie und ich Monate zusammen nicht mehr zusammen gefahren sind, weil Eddie, radtechnisch beneidenswert, nun in Marburg lebt, hatten wir uns am Dienstag verabredet, um Eddie die Schönheit norddeutscher Landschaft und seltene Strava Segmente aufzuzeigen.
Zunächst einmal fuhren wir auf den designierten bremischen OBKM Kurs 2017 an der Uni, der aber nicht realisiert werden konnte. Vermutlich ist das auch gut so. Es macht ja Sinn die bremische Meisterschaft in Bremen auszutragen und nicht in äh „Heilshorn“; die Lage dürfte auch mehr Fahrer und Publikum ziehen, aber die erste Linkskurve hinter dem Start hat halt den Nachteil, dass sie in eine verengte Fahrbahn ausläuft und da wurde es schon beim Trainingsfahren mulmig. Es gab ziemlich fiesen Wind und so rollten wir nur im Kreise.
Anschließend nahmen wir den Mittelwisch Climb in Angriff, einen der gefürchteten Anstiege in Bremen den wir nur selten fahren, denn der führt quasi ins Nirgendwo. Also eigentlich nach Walle, aber dann muss man sich durch die ganze Stadt kämpfen und das macht wenig Spaß. Ich fuhr an, Hannes gab den letzten Kick und Eddie kapitulierte sich dann nach vorne, was sehr gut klappte.
Zurück an der kleinen Wümme lang ging es am Deich bis Wasserhorst, wo Hannes sich richtig ins Zeug legte und Druck machte. Die Idee längere Stücke zu rollen und dann ab und an richtig hart anzufahren war im Prinzip eine gute Idee, um sich auf das OBKM Rennen am nächsten Tag vorzubereiten.
Wir hatten dann die Idee zur humorlosen Kirche zu fahren, aber nicht wie gewöhnlich an der Lessum lang, sondern über die Strecke am Gramker Sportsee und dann über Feldwege weiter am Stahlwerk lang. Diese Trecke binich schon oft gefahren, allerdings immer in umgekehrter Richtung. Zunächst lief das sehr gut, aber dann verpassten wir eine Abzweigung (in der Natur dort sieht alles so schrecklich gleich aus) und landeten zunächst wo wir nicht hin wollten und dann in Walle. Nein, diesmal wirklich im Nirgendwo. Und zwar auf dem „Ökoweg“, der aus sehr viel Öko udn sehr wenig Weg bestand. Und dann verfahren wir uns auf den „Landweg“, der zwischen zwei sumpfigen Gräben zumindest aus Land, aber auch sehr wenig aus Weg bestand. Hannes überholte mich und ich musste kichern, denn an seinem Rad hatte sich jede Menge Gras verfangen, er sah aus wie ein schlecht getarnter Panzer. Hannes drehte sich um zu mir kichert und sagt: „Hihihi, an Deinem Rad ist jede Menge Gras“. Das stimmte.
Angehalten, Räder sauber gemacht. Das Zeug war wirklich überall, vor allem im Schaltwerk. Weitergefahren. Am Ende des Wegs merkte ich dann, das mein Hinterrad platt war. War mir auf dem Weg gar nicht aufgefallen.
Wir kamen dann zu einem Tor und lernten nun, dass wir auf dem „Interessentenweg“ gefahren waren.
Irgendwo zwischen der humorlosen Kirche und dem Lessumwehr kamen wir wieder auf die Straße und fuhren dann auf die andere Seite, um die Lessum Rindo in Angriff zu nehmen: ein weiterer brutaler Anstiegsknaller in Bremen mit mehr als 20% Steigung. Das gab uns dann die Möglichkeit über die Lesmonawellen wieder in Richtung Heimat zu fahren.
Wir wollten dann gemeinsam schnell das Wasserhorst Pave in anderer Richtung fahren und waren auch wirklich sehr schnell drauf, als uns ein Auto entgegenkam und jeden KOM Versuch zunichte machte.
Und zum Schluss rollten wir am Deich nach Hause, versuchten und am Kuhgrabensprint über die krasse Autobahnbrücke am Platzhirschen und rollten zufrieden und leicht reumütig zurück zu unseren Familien, da wir leicht zu spät zum Abendessen waren.
Ich denke, wir haben Eddie gezeigt, was in Bremen möglich ist und was nicht möglich ist und sind beides gefahren. Tour auf Strava.
Am folgenden Tag war der 3. Lauf der OBKM in Heilshorn. Wie gewöhnlich waren wir sechs Starter in unserem Rennen. Nachdem das die ersten beiden Male doch recht gut gelaufen war, fuhr ich zum 3. Rennen mit höheren Erwartungen als „bitte lasst mich einfach in der Gruppe bleiben und ins Ziel kommen“. Das war schon eine schlechte Idee, zumal ich auch immer noch erkältet war und sowieso nicht hätte fahren sollen. Das habe ich dann auch beim fahren gemerkt. Na ja, aber auch hier gibt es ein nächstes Mal und ein übernächstes Mal und ein letztes Mal in diesem Jahr.
Zunächst aber einmal ist am Sonntag der Velothon in Berlin angesagt. Dank eines sehr geschickten Schachzuges, konnte ich mich dort in Block A positionieren: Ich habe nämlich bei der Anmeldung auf die Frage nach meiner geplanten Durchschnittsgeschwindigkeit bei dem Rennen 52 km/h angegeben. Unwahrscheinlich, dass da jemand (in der Planung) schneller ist als ich. Früher oder später werden vermutlich auch andere Teilnehmer auf diese Idee kommen, so dass ich nächstes Jahr „Schallgeschwindigkeit“ und 2019 „Lichtgeschwindigkeit“ angeben werde, um einen Platz in Block A zu erhalten.
Wie schnell ich dann wirklich war? Mehr demnächst.
115 km im Bremer Süden entlang der Strassen, Täler, Bäche und aneinandergereihten Bleche von Butterkuchen, das ist die RTF Barrien an der ich jedes Jahr teilnehme.
Über die RTF Barrien habe ich seitdem wirklich alles geschrieben, was es zu schreiben gibt. So war es 2014, so war es 2015, so war es 2016 und ehrlich gesagt war es 2017 nicht anders: nämlich gut. Mittlerweile trifft man ja wirklich sehr viele nette Menschen auf diesen Veranstaltungen darunter viele, die ich wirklich lange nicht mehr gesehen habe wie Jörg und Olli. Oder sogar ehemalige Studenten, die nun so langsam dem Rennradsport verfallen. Ich würde sogar behaupten, dass dies der Höhepunkt neben dem Radfahren ist.
Bis zum nächsten Jahr, ich freue mich.
… ist nun wirklich das Blog mit der wildesten, kreativsten und ungewöhnlichten Auswahl von Fotos, Videos und GIFs. Kleine Auswahl von letztens.
via Milano Fixed
Eingeordnet unter 2017, Design&Fashion, Mob, Sex. Lies & Vids
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Gerade rechtzeitig fertig geworden zum Ende des 100. Giros, ist das De Rosa ein erster wirklich notwendiger Aufbau seit längerer Zeit. Zeit daher neue Wege zu gehen. In sehr engen Grenzen.
Aufgebaut ist das Re Rosa schon länger, aber fertig war es nie und ist es auch noch nicht. Heute nach letzten Änderungen konnte ich mich allerdings davon überzeugen, dass es fast perfekt ist. Das wird daher ein sehr langer Post darüber, warum was an dem Rad so ist wie es ist. Nicht als Rechtfertigung, sondern als Ideenspender.
Ein Rad aufzubauen ist an sich ganz einfach. Man nimmt einfach einen Haufen Geld in die Hand und kauft sich nach Herzenslust den Rahmen und die Komponenten seines Herzens. Die Kunst ist es, ähnlich wie in der Architektur, das alles mit weniger Geld zustande zu bringen.
Dazu kommt noch ein anderes Risiko, nämlich ein Rad zu gut aufzubauen. Ich kenne eine ganze Menge Leute die ihr Rad so sehr verschönert haben, dass Sie nun Angst haben es zu fahren weil es beschädigt werden könnte.
Aus diesen beiden Gründen ist es nicht einfach ein Rad mit einem Budget für einen bestimmten zweck aufzubauen; es sei denn das Rad ist für die Vitrine und das Budget unbegrenzt.
Wem das alles zu langwierig und langweilig ist, der kann sich nun ein paar Fotos anschauen.
Das De Rosa Giro d’Italia löst mein Union Sapporo Fixie ab, das erste Fixie dass ich für mich vor fünf Jahren aufgebaut hatte und mit dem ich seitdem bei Wind und Wetter zur Arbeit, durch die Stadt oder auch mal durch die Landschaft gefahren bin. Einmal habe ich es auch gewagt damit die 210 km des Radmarathons des RSC Rot-Gold in Bremen in Angriff zu nehmen. Fünf Jahre sind eine lange Zeit, ich habe nur drei Räder die ich länger besitze (zwei für die Vitrine und eins was diesen Winter durch etwas fulminantes ersetzt wird). Das Umberto Dei mit Schutzblechen, Schaltung und Riser Lenker ist nun die erste Wahl für Winter und Regen; aber ich wollte doch noch gerne ein Fixie für die schönen Tage in Bremen besitzen.
BB aus dem RRN Forum bot mir zunächst einen schönen Koga-Miyata im Tausch gegen ein Paar goldene TB14 Laufräder an. Leider zu klein, und Italien ziehe ich Holland allemal vor. Als er dann bereit war stattdessen einen De Rosa Rahmen zu tauschen schlug ich zu.
Das De Rosa Giro d’Italia kam Mitte der Neuziger Jahre auf dem Markt und wurde nur einige Jahre produziert; den Rahmen gibt es in verschiedenen Farben und in verschiedenen Versionen mit Columbus Neuron und EL Rohren, sowie „normaler“ und Unifork. Klassisch würde man den Rahmen vielleicht mit einer Campagnolo 8-fach Gruppe und einem Shamal Laufradsatz bestücken. Hier und hier sind ein paar schöne, klassische Exemplare zu sehen. Alle Farbschemen sind sehr nett anzusehen, da ich aber noch nie ein roter Rad besessen habe gefällt mir dieses klassische De Rosa / Pinarello Feuerrot sehr gut.
Viel, viel Rot und ein wenig weiß – und das alles aus Oversized Columbus EL Geröhr. Ich mag es, wenn das Oberrohr horizontal verläuft, das ganze aus Stahl ist, aber eben nicht ganz so filigran wie klassische Stahlrahmen. Das gibt die Richtung für den farblichen Aufbau quasi vor; also überwiegend silberne und weiße Komponenten, da wo es funktional Sinn macht eher schwarz. Andere Farben haben an diesem Rahmen nichts verloren.
Vorne angefangen hat mein De Rosa Rahmen eine vollverchromte Gabel mit einigen netten Pantographien an der Gabelbrücke. Die Pantos habe ich mit roter Farbe ausgelegt, im Original sind sie einfach frei. Die Bremsen vorne und hinten werden mit Inbusschrauben befestigt.
Ich wünschte es gäbe herzförmige Muffen am Rahmen, die weiß ausgemalt werden könnten, aber dieser Rahmen bietet leider gar nichts in dieser Beziehung. Lediglich am hinteren Bremssteg gibt es oben ein weißes Herz. Die Bremszugführung läuft frei durch das Oberrohr; vorne auf der linken Seite unten rein und hinten links oben raus.
Die Schaltzugführung ist ebenso konventionell über Adapter am Unterrohr und dann unter dem Tretlager und der Kettenstrebe zum Schaltwerk. Es gibt am Sattelrohr und am Unterrohr die Möglichkeit Trinkflaschenhalter zu befestigen – was aber für den Zweck (kurze Distanzen) nicht erforderlich ist und die klare Linie zubauen würde.
Hier passt eine 27,2 mm Sattelstütze rein, ebenfalls konventionell geklemmt. Die Sattelstreben sind eher hinter dem Sattelrohr angelötet als daneben und fallen ebenso wie der sonstige Rahmen etwas voluminöser aus.
Die Tretlagermuffe ist ganz schmucklos, ohne jede Pantographien. Zwischen den Kettenstreben hinter dem Tretlager gibt es keinen Steg – die ovalisierten Kettenstreben sind kräftig genug um verwindungssteif zu bleiben. Vorne und hinten sind die Ausfallenden mit De Rosa gekennzeichnet. Und schließlich sind Kettenstreben, Sattelstreben und integriertes Schaltauge verchromt. Das Schaltauge fällt daher nicht so auf. Der Chrom der Sattelstreben ist auf der einen Seite bereits etwas angegriffen; so etwas erhöht eher Charme und Originalität als das es negativ auffällt. Es ist kein Rad für die Vitrine, es wird im Alltag nicht geschont werden, da darf es auch schon etwas benutzt aussehen.
Insgesamt ist das ein hochwertiger, relativ leichter Rahmen ohne viel Firlefanz und ohne colnagonöse Farbschemata. Daher eignet es sich eben gut für den Aufbau zum Fixie. Wie sich der Rahmen dann fährt weiß man in der Regel ohnehin erst hinterher; aber um das Ergebnis vorwegzunehmen: Das Rad läuft stabil, der Antritt ist schnell, es gibt da nichts zu motzen.
Colnagnonös
Um einmal etwas neues auszuprobieren, wollten ich auf jeden Fall einen Ahead Vorbau und Lenker mit Oversize Klemmung verbauen. Das hatte auch ganz praktische Gründe, denn weit sechs Jahren (!) habe ich einen weißen Easton EA90 Vorbau in der Schublade liegen, den ich einmal irrtümlich gekauft hatte. Da das De Rosa eine Gewindegabel hat, habe ich zunächst einmal einen Campagnolo Record Steuersatz verbaut; vor einiger Zeit hatte ich mich intensiv über klassische Steuersätze ausgelassen. Im Ergebnis finde ich den Campa Steuersatz, den es für ca. €50 hier und dort zu kaufen gibt eine sehr gute Alternative die ich bereits oft verbaut habe. Soll es etwas günstiger sein tut es auch ein Tange Falcon, aber die Industrielager sind etwas schwieriger einzustellen. Der Campasatz macht hingegen nie Zicken und baut auch nur 36,5 mm hoch. Allerdings sollte man bei der Montage vorsichtig sein, da die Italiener auf die mal wieder großartige Idee gekommen sind oben und unten andere Kugelgrößen einzusetzen, um uns Menschen im Norden das Leben etwas schwieriger zu machen.
Am Schaft habe ich einen Aheadadapter mit Keilklemmung verbaut und daran den Easton EA90 vorbei montiert, das klappte völlig problemlos. Ich wünschte der Vorbau hätte eine Neigung, dann sähe das ganze noch besser aus, aber da die Easton Logos wiederum gut mit dem Rahmen harmonieren passt das schon.
Daran hängt ein ITM Lenker in weiß, mit meiner Standardbreite von 420mm. Ein Flachlenker oder Riser passt nicht zu diesem Rahmen, ein Fixie könnte auch einen 400 mm breiten Lenker vertragen – mit 380 mm sind meine Erfahrungen allerdings nicht gut. Das Teil ist eher modern und gedrungen geschwommen und mit schwarzem BBB Speedribbon gewickelt. Das ist meine bevorzugte Farbe (alles andere kostet nur Reinigungszeit) und mein bevorzugtes Band, denn es läßt sich leichter wickeln als alle anderen Lenkerbänder aus modernem Material. Obwohl letztes habe ich mal wieder ein Korkband gewickelt und da merkte ich wie einfach das an sich geht.
Der letzte und wichtigste Punkt sind die Bremshebel. Die ja angeblich an einem Fixie ohnehin nichts zu suche haben. Ich dachte mir, dann mach die doch so unauffällig wie möglich, aber bitte keine Crosshebel oder andere nicht wirklich funktionelle Fixielösungen – klassische Hebel müssen es schon sein damit man auch eine gute und breite Auflagefläche für die Hände hat. Das finde ich sehr nachteilig an klassischen Bremshebeln, die sind einfach zu schmal.
Deshalb sind es Tektro Kinderbremshebel geworden, die einen deutlich kürzeren Bremshebel haben, als z.B. die Tektro 520. Also – flacher Lenker, kleine Bremsen, nichts soll vom Rahmen und den Laufrädern ablenken.
Klar, an das Rad hätten auch gut ein paar Campa Monoplaner, vielleicht sogar Deltas gepasst und sonst sind die Shimano Dura Ace AX auch sehr schöne Bremsen. Das sind aber auch die Campagnolo Super Veloce in silber und zwar bevor die im letzten Update eine sehr häßliche Ausschabung bekommen haben oder, in den teureren Campa Gruppen nur noch als Skeleton angeboten werden. Die Campa Superveloce habe ich nun auf fast allen meinen Rädern montiert, die Bremsleistung und Modulation ist sehr gut, und der Preis von €25 bei CNC ist unschlagbar. Für das Geld bekommt man manchmal ja nur Beläge plus Schuhe.
Als Sattel habe ich einen (Nachbau von einem) San Marco Concor Supercorsa in schwarz ausgewählt. Den hatte ich erstens noch in der Schublade, zweitens empfinde ich es als gutes Design wenn Lenkerband und sattel die gleiche Farbe haben, drittens ist schwarz ohnehin sehr funktionell, weiße Sättel z.B. gerade mit diesem Concor Kunstleder in perforiert sehen sehr schnell schäbig aus und zu guter letzt ist der Concor ein klassisch gutaussehender Sattel, auf dem sich halbwegs erträglich sitzen lässt. Im Gegensatz zu einem Rolls, oder noch schlimmer einem Regal der so gar nicht dem Negativ meiner Körperform entspricht.
Wie an allen meinen Rädern hängt hinten etwas am Sattel dran, um zwar in diesem Fall ein „Verkehrssicherheitamulett“ eines japanischen Schreins (Kotsuanzen Omamori). Natürlich in rot, natürlich effektiv.
Die Sattelstütze ist eine ungelabelte Aero BLB Stütze die ebenfalls in der Kiste lag. Klar ging dies alles schöner und klassischer, aber ich denke für ein Alltagsfixie ist das ausreichend schön.
Campagnolo Chorus Vierkantinnenlager, ebenfalls aus der Schublade gezaubert. Darauf eine Campagnolo Athena Kurbel, die der Verkäufer poliert hatte; mir gefällt was alles was Campagnolo und Shimano früher an Kurbeln entworfen haben, allerdings passt auf einen Campa ISO Vierkant keine Shimano Kurbel. Ich hätte auch noch eine sehr schöne Ofmega Mistral in der Kiste, allerdings wäre mir diese für ein Fixie zu schade. Wie immer eine Kettenblattschraube in einer anderen Farbe als die anderen vier. Die Original Kurbelschraubdeckel habe ich noch, das ist mir einfach zu riskant, dass die hier verloren gehen, deshalb normale draufgepappt. Geht irgendwie, aber optimal ist das nicht, da ist also noch Potential weiter zu verbessern. Hier wäre ich ja auch mal für gute Ideen wirklich dankbar.
Standardkette KMC Z8 mit 3/32“ passt immer.
Pedale MXS Sylvan Stream passen auch immer. Die sind beidseitig fahrbar, schmal und zusammen mit einem 170 mm langen Kurbelarm kann man locker die Kurven durchtreten.
Am Anfang hatte ich vorne ein 42er und hinten ein 15er Ritzel montiert (Miche auf Träger). Mit 1:2,8 konnte ich damit zwar sehr gut anfahren, aber die Endgeschwindigkeit war mir zu langsam; es war einfach zu aufwändig in Arbeitsklamotten das Ding über 30 km/h zu bewegen. Also habe ich noch einmal umgebaut und vorne ein 53er Kettenblatt montiert (was natürlich auch besser, vor allem irgendwie männlicher aussieht) und hinten ein 18er Ritzel ersetzt. 1:2,94 kommt deutlich besser, aber falls das nicht reichen sollte habe ich auch noch 17er und 16er Ritzel zum tauschen da.
Darüber könnte ich jetzt locker noch einmal weitere 10 Seiten füllen,wenn es denn so etwas wie Seiten im Internet geben würde.
Die erste Idee war niedrige, silberne, klassische Drahtreifenfelgen mit Hochflanschnaben dreifach gekreuzt zu verbinden. Dafür hatte ich schon seit langem eine Phil Wood Hinterradnabe und eine Fratelli Brivio Vorderradnabe in der Kiste reserviert. Erster Versuch dann Einspeichung mit Wolber Felgen. Hinten gibt die ihren Geist beim Abdrücken auf (äh, ich hatte wohl etwas zu fest gedrückt aber dann war auch nichts mehr zu machen) und vorne ruckelt die beim Bremsen nicht unerheblich. Mist. Also stattdessen vorne erst einmal eine alte Mavicfelge eingespeicht (ich erspare mir hier die Abhandlung, dass ich die Felgen alle mühsam mit der Hand aufpoliert hatte). Prima, aber leider entwickelte sich ein Riss an der Öse der Felge. Und die Fratelli Brivio Nabe machte auch Zicken (ach so ja, da musste ich mir auch erst 1,8 mm dicke Speichen besorgen, da Standard 2,0 mm nicht durch die Nabenlöcher passte). Und die Achse von der Fratelli Brivio war auch hinüber. Zum Glück hatte ich aber zwei schöne NISI Felgen bekommen.
Die nächste Idee war dann Gochprofilfelge a la H+Son SL42 hinten und Nisi Niedrig vorne, dann konsequent auch mit niedriger Nabe, da hatte ich noch eine Shimano Ultegra. Das wurde dann die erste Version des Aufbaus.
Allerdings sah das bei weitem nicht so gut aus, wie ich mir das vorgestellt hatte. Also noch einmal dieselbe Felge (die Billigversion der SL42 von CNC) gekauft mit 20 Loch, dazu SAPIM CX Ray Messerspeichen und eine weiße, niedrige Novatec Vorderradnabe. Das entspricht nun schon eher meinen Vorstellungen.
Es stellte sich die Frage, die Speichen mit Kopf nach außen, nach innen oder immer abwechselnd zu montieren. Spaßeshalber habe ich letzteres versucht, aber das sah schon beim Einspeichen so mies aus, dass ich doch die Köpfe alle außen platziert habe. Dadurch bin ich jetzt allerdings auch ziemlich sicher, dass dies nur aus ästhetischen Gründen so ist, egal welche technischen Argumente ins Feld geführt werden.
Die Laufräder sind nun stabil, allerdings auch etwas schwer, was der Agilität Abbruch tut. Da ist aber egal, ich habe da noch jede Menge Alternativen in der Garage stehen. Vorne und hinten sind die neuen Vittoria Corsa in 25 mm mit heller Naturflanke montiert, finde ich jetzt besser als ganz schwarze Reifen, auch wenn Conti GP4000 die funktionellere Wahl wäre.
Angeblich antwortete einmal Ho Chin Minh in den Siebziger Jahren auf die Frage, wie er den Einfluss der französischen Revolution auf die Weltgeschichte beurteile: „Es ist noch zu früh die beantworten zu können.“ Dummerweise sagt mir Google gerade, dass das gar nicht Ho Chi Minh war sondern Zhou Enlai und dass der auch noch die Frage mißverstanden hat. Das macht aber nichts, denn es ist eine schöne Geschichte.
Das ist genauso wie mit diesem Rad.Ob es wirklich „gut“ ist, seine Funktion erfüllt wird sich in den nächsten Monaten zeigen, es ist noch zu früh das zu beantworten. Aber es ist ein hübsches Rad.
Und nebenbei ist es eine gute Basis dies und das auszuprobieren und zu verbessern, denn mit Sicherheit wird es in fünf Jahren anders aussehen als heute.
Eingeordnet unter 2017, De Rosa Giro D'Italia, Mob