Temperaturen um die Null und gar keine Sonne draußen sind nicht die Bedingungen, um auf dem Rad Spaß zu haben. Einerseits. Zwei neue Räder, die gefahren werden wollen sind die andere Seite.
Für Thomas hatte ich in den letzten Monaten sehr aufwändig ein Daccordi Griffe aufgebaut, gleichzeitig war diese Woche ein erster Versuch eines Aufbaus meines De Rosa Carbon Rahmen aus China fertig geworden. Am Sonntag ergab sich dann endlich die Gelegenheit die beiden Renner auszufahren und miteinander zu vergleichen.
Foros des Daccordi hatte ich in den einschlägigen sozialen Netzwerken hochgeladen und es gab sehr viel Resonanz. Grob gesagt, lässt sich das Feedback in zwei Gruppen einteilen. Die einen sagen, es geht gar nicht, einen alten, schönen Renner so modern zu verhuntzen, da muss alles Epochengerecht aufgebaut werden – alles andere ist Frevel. Ich sage dazu mal: „Revolutionäre machen Fehler und Konservative verhindern später, das diese korrigiert werden.Ich denke aber, wenn man ein Foto von dem Original Aufbau mit einem nachher vergleicht, dann ist das Ergebnis schon überzeugend.

Vorher.

Nachher.
Die andere Gruppe findet den Aufbau prinzipiell gut, findet aber einige Details die noch verbessert werden könnten, insbesondere den Vorbau und die Sattelstütze. Tatsächlich war es auch so, dass beide Teile, so wie jetzt verbaut, ursprünglich nicht vorgesehen waren. Der Vorbau sollte ein Factory Five Titan Vorbau werden, aber als ich das Ding in den Händen hielt fand ich das lebensgefährlich: Zwei Minischrauben sichern die Lenkerklemmung ab – da hätte ich keine Ruhe beim Fahren und kein Vertrauen.

Idee : super! Ausführung: tödlich!
Also hatten wir uns dann kurzfristig für einen Ritchey Carbon Vorbau entschieden, vor allem wegen dem matten Carbon Finish, das gut zu den anderen Komponenten passt. Leider ist uns gar nicht so aufgefallen, wie klobig das Teil ist. Trotzdem, jetzt bleibt es erst einmal dran.
Wir hatten auch eine normale, kreisrunde Carbonsattelstütze von 3T; aber bei der war das Finish sehr glänzend und passte so gar nicht zum Rad. Also haben wir uns für die BLB Notorious entschieden, die uns beiden auch nach wie vor gut gefällt.
Nach den ganzen Fragen des Aussehens wollten wir heute sehen, ob sich das ganze auch gut fährt. Ich stand am HaW und wartete auf Thomas, da kam dann gleich der erste Schock: Thomas trug sein Rad auf mich zu. Da kann natürlich auch sehr viel Liebe sein, es stellte sich aber tatsächlich als Panne heraus: Der Schnellspanner hinten, da aus Alu oder Titan, Superminiteil, hat nicht genug Klemmkraft für eine horizontales Ausfallende, wie das eben so bei alten Stahlrahmen ist. Bei einem scharfen Antritt verkantete sich das Hinterrad. Also habe ich Thomas einen meiner altmodischen Schnellspanner gegeben, bei meinem modernen Rahmen war die Benutzung von seinem Schnellspanner ja kein Problem. Und dann ging es los, zunächst mit zwei anderen Fahrern, die sich auch am Haus am Walde getroffen hatten.
Es war kalt, und bei kaltem Wetter ist ja, wie allgemein bekannt, der Luftwiderstand deutlich höher und deswegen fuhren wir auch echt lahm. Natürlich habe ich wegen Erkältung auch drei Wochen nicht viel Radsport gemacht und ich war dann aber Dienstag und Samstag bei meinem Hüpf- und Tanzkurs und …warum auch immer .. ich hing ganz schön in den Seilen und wäre am liebsten gleich nach Hause.Wir hielten dann aber gut durch, nur war es bei Gegenwind extrem schwierig zu reden, ich verstand fast gar nichts, auch von den beiden neuen Fahrern und kam deswegen vielleicht auch etwas unhöflich herüber. Von denen haben wir uns getrennt, die wollten nach Wilstedt und wir sind weiter nach Fischerhude dann nach Sagehorn und dort haben wir die Räder getauscht.
Das hätte ich nicht tun sollen. Das Daccordi ist einfach so viel schneller als meine neue Carbonmöhre, das ist wirklich extrem. Fährt sich auch viel zickiger, reagiert schneller auf Lenkerbewegungen und lässt sich einfacher beschleunigen. Kommt man von einer Campa Schaltung, wo man richtig viel Kraft braucht, um die Schalthebel überhaupt in Bewegung zu versetzen, so ist das Schalten mit der eTap sehr ungewöhnlich. Das Feedback, ob man nun geschaltet hat oder nicht, kommt nicht von den Hebeln, da spürte ich fast gar nichts, sondern von dem einrastenden Ritzel am Hinterrad. daran konnte ich mich dann auch schnell gewöhnen.
Wir trafen Steen, der in Gegenrichtung an uns vorbei joggte, zusammen mit einem Hund der nur mit Mühe nachkam. dann fuhren wir über den Hodenberger Deich wieder zurück – insgesamt knapp unter 60 km. war froh wieder auf dem Rad zu sitzen, war genauso froh wieder zuhause zu sein.
Fazit: Scheißegal, wie jemand das Daccordi vom Aussehen her findet, es ist schnell. Sehr schnell. Nach 60 km hatte ich mich auch an das De Rosa gewöhnt. Die Schaltung spinnt noch, die Lenkung ist etwas ungewöhnlich, das Teil ist lahm (nachdem ich auf dem Daccordi gesesssen hatte war das eben der Eindruck) aber sonst war alles gut. Das ist jetzt eine Frage der Detailarbeit das Rad auf einen guten Standard zu bringen.
De Rosa Superking RS 888 Blast Furnace
So sieht das Dinge im Original aus. Tja, aber ich habe kein Original, sondern eine Kopie aus China (na ja, ist an sich keine Kopie, weil da auch nicht De Rosa draufsteht), die ich für unter €400 (Rahmen) erworben habe. Zum Vergleich, der Rahmen kostet neu bei DeRosa mehr als €3.000. Ich mag die Idee eines „Komfort De Rosa“, was das 888 angeblich sein soll, und ich mag dieses total verdrehte Unterrohr, was aber auch entsprechend lackiert sein muss, damit es gut heraus kommt.
Für €400 kann man auch nicht so viel erwarten. Die Verarbeitung ist echt mies. Die Abdeckkappen, die benützt werden an den Stellen wo die Brems- bzw. Schalthüllen innen in den Rahmen laufen funktionieren nicht. Gleich weg mit dem Schrott, brauche ich nicht. Der Schaltzug zum Schaltwerk läuft durch die rechte Kettenstrebe. Nur passt der da nicht durch, vermutlich ist da beim Carbonsisieren etwas schief gegangen. Also habe ich ihn aus dem Unterrohr unter das Tretlager geführt und dann mit Kabelbindern fixiert. Sieht jetzt irgendwie interessant und wahnsinnig gewollte aus.
Das Grundkonzept des Designs war: Unten viel silber, oben viel schwarz und ein Farbklecks bitte. Der ist neongrün geworden. Campa 11 Athena Schaltwerk und Umwerfer passt gut zu den silber polierten H plus Son Archetype Felgen und Novatec Naben, die Campa Potenza Kurbel finde ich allerdings etwas schwächer in ihrer Silbrigkeit.
Dann gab es noch eine zweite Designidee, und zwar den Rahmen komplett unlackiert und rau zu lassen, wie ein Teil, dass gerade direkt aus dem Hochofen kommt und noch nicht behandelt wurde. Dieses Konzept wird sehr gut durch die fehlenden Abdeckkappen unterstützt.
Ich wollte heute noch nicht so viel über den Aufbau scheiben, dafür nehme ich mir ein anderes Mal mehr Zeit. Hier nur ein paar schnell Details: Vorne sind Campa Chorus 11 fach Griffe verbaut, weil die ja noch ein Durchschalten vom 1. in den 11. Gang erlauben, im Gegensatz zu Athena abwärts.Da Lenkerband ist von Supacaz und sehr angenehm, ebenso wie der 3T Ergonova Lener sehr bequem ist durch die breite Auflage. Der Spacerturm ist der Größe des Rahmens geschuldet, ich habe das erst einmal auf die Höhe von meinem alten Canyon Positivo gebracht, aber vielleicht korrigiere ich das wieder. Bremsen wie immer: Campa Super Veloce Modell 2014.
Demnächst mehr.