Anfang Oktober als die Temperaturen wieder erträglich waren, veranstaltete der JCRC das nächste Rennen in dem kleinen Ort Shiobara. Das „Onsen“ Shiobara liegt etwa 200 km nördlich von Tokyo in der Präfektur Tochigi und, wenig überraschend mitten in den Bergen. Und was macht der JCRC dort? Nein, kein Bergrennen. Zwei Bergrennen.

Aber bevor ich über das Rennen schreibe einige Worte zum Thema „Onsen“. Das ist, wenig erstaunlich, ein japanisches Wort und heißt wörtlich übersetzt etwa „Heiße Quellen“. Im täglichen Sprachgebrauch ist entspricht es am ehesten einem Thermalbad, d.h. man geht dort hin, legt sich in das heiße Wasser und entspannt sich. Japan an sich wurde ja bekanntermaßen auf einem großen, brodelnden Vulkan gebaut, und da man es damals nicht geschafft hat alle Spalten und Ritzen abzudichten, spritzt quasi an jeder Ecke heißes Wasser aus dem Boden. In den Bergen gibt es viele schöne Onsen, die sich darauf spezialisiert haben Besucher anzulocken und im heiligen Dreiklang zu vergnügen: Essen. Natur. Heiße Quellen.
Shiobara ist so ein Dorf. Es gibt wirklich phantastische Onsen in Japan. Man sitzt draußen im heißen Wasser, um einen herum liegt Schnee liegt und einige rotärschige Affen wärmen sich im nächsten Becken.

Oder man sitzt am Rande eines Flusses in jahrhundertalte Holzbauten und bestaunt das rote und gelbe Laub der Momiji Bäume auf der anderen Seite. Einmal war ich an einem Onsen am Meer, dort gab es natürliche Becken in denen durch den Boden heißes Wasser reinblubberte. Es wurde dann immer heißer, bis endlich eine Welle vom Meer kam und kaltes Wasser in das Becken spülte. Das Gefühl warm – wärmer – scheißheiß – kalt war einfach großartig und extrem entspannend. Ich glaube von 100 Japanern lieben 100 Japaner den Gang in ein Onsen; es gibt in Deutschland nichts vergleichbares, was uns so vereint und entspannt. Doch vielleicht: In den Siebzigern in Mönchengladbach war das für Männer am Samstag Nachmittag das Auto auf der Straße waschen und dabei im Radio Fußballbundesliga zu hören. Damals hat Gladbach noch regelmäßig gewonnen.
Und genauso ist es bei den Onsen. Es gibt viele wahnsinnig schöne Onsen, aber die Wahrheit ist eben auch, dass es viele nicht so schöne gibt. Langweilige Betonkästen, die die Straßen durch kleine Dörfer in den Bergen rechts und links säumen. Gestapelte Ferienwohnungen mit dem Ziel möglichst viele Besucher unterzubringen und so effizient wie möglich zu vergnügen.
Irgendjemand entdeckt einen schönen Ort und dann fahren immer mehr Leute dorthin. Die Menschen dort stellen sich darauf ein und dadurch verliert der Ort viel von seiner ursprünglichen Schönheit. Die Besucher finden das doof, das ganze ist nun Touristennepp und ab geht es auf der Suche zum nächsten Ort. Wobei es einen wesentlichen Unterschied zwischen der Idee von Tourismus in Deutschland und in Japan gibt: Wir hier finden Tourismus per se erst einmal schlecht. Wenn wir irgendwo hinfahren, dann sich wir ja keine Touristen; aber alle anderen die da eigentlich nicht hingehören. Deshalb fahren wir ja nicht zu klassischen Tourismusorten wie Mallorca – oder nur notgedrungen wegen Familie, Corona oder Geld – und sind stattdessen auf der Suche nach exotischen, unberührten Orten wie, sagen wir mal Bergvölker in Burma (erstaunlicherweise aber nicht Salzgitter). Waren wir z.B. in Paris, dann gehen wir natürlich nicht zum Louvre, Eiffelturm oder Friedhof Pere Lachaise, sondern entdecken die Vorstädte neu oder machen was sonst gerade in und leicht absurd ist. Weil dann haben wir zuhause etwas zu erzählen, was dann mit den Worten „kennt kein Mensch, total ursprünglich, keine Touristen da, etc.“ unterstrichen wird. Und irgendwie ärgern wir uns, wenn andere da auch schon waren oder später dorthin reisen und davon erzählen.
Ich habe das Gefühl immer, wenn mir jemand erzählt, dass er Sa Calobra auf Mallorca mit dem Rad gefahren ist. Das ist so, als wenn mir jemand ethusiastisch einen Witz erzählt, den ich bereits vor fünf Jahren im Internet gesehen habe. Vermutlich steht er da auch schon zehn Jahre.
Japaner sind da ganz anders. Für Sie ist es quasi ein Muß die bekannten Sehenswürdigkeiten eines Ortes zu besuchen und anschließend stolz zuhause darüber zu berichten. Jeder Bericht vom Eifelturm wird zuhause oder im Büro dann mit viel „Eeehhh“ kommentiert. Nur wenige Japaner kämen auf die Idee nach Paris zu fahren, mit Drogenverkäufern in den Banlieues abzuhängen und dann zuhause darüber zu berichten. Es ist viel wichtiger die Erwartungshaltung zu treffen als zu beurteilen, ob man etwas wirklich schön oder gut findet.
Einmal ging ich mit einem Freund eine Straße in dem Vergnügungsviertel Shibuya in Tokyo lang und zeigte ihm ein kleines Restaurant, in dem ich vor ein paar Tagen wirklich gut gegessen hatte. „Das“, sagte ich, „ist ein richtig gutes Restaurant.“ Er schaute mich entgeistert an und antwortete: „Ja, aber kein Mensch kennt es!“
Ich denke, dass ist auch der Grund dafür, dass es in Japan teilweise unglaublich schlechte Onsen gibt, die vor vielen Jahren richtig schön waren, jetzt immer noch existieren, viele Besucher haben und nicht durch etwas schöneres ersetzt werden.
Shiobara hat halt den Charme genau eines solchen Onsendorfes, ich nenne die mal Zombieonsens: Die sind eigentlich schon tot, aber irgendwie bewegen die sich noch.
Die kleine Form des Onsens ist übrigens das „Sento“. Das sind kleine Badehäuser in der Stadt, in denen man sich erst in einem Vorraum wäscht und dann im Hauptraum in ein Becken mit heißem Wasser steigt. Der Zweck des Sento ist es eigentlich Menschen mit einer kleinen Wohnung ohne Bad in den großen Städten wie Tokyo oder Nagoya eine günstige Waschmöglichkeit zu geben, aber die Entspannung ist so großartig, dass man das gerne nutzt auch wenn zuhause ein Bad vorhanden ist.
In meiner Zeit als Stipendiat in Japan war ich oft mit meinen deutschen Freunden im Sento bei uns in der Nachbarschaft und habe dort die lustigsten Dinge erlebt.
Natürlich wurden wir ab und an von anderen Besuchern neugierig angesehen, was ja nicht so ungewöhnlich ist, wenn da auf einmal fünf nackte, weiße Deutsche ins Becken steigen. Oder aus dem Becken steigen, dann unten rot und oben immer noch weiß wie die polnische Flagge.
Einer der anderen Stipendiaten, Michael war wenig begabt japanisch zu lernen, auch sonst stand er nicht so auf das Land und machte ab und an etwas Schwierigkeiten.
Ihm ging das Anstarren mal so auf die Nerven, dass er die anderen Besucher auf japanisch anschreien wollte: „Warum starrt ihr so? Wir sind auch nur Menschen!“ Leider war wie gesagt, sein japanisch nicht so gut und stattdessen schrie er: „Warum starrt ihr so, wir sind auch nur Möhren!“ Was eher für zusätzliche Verwunderung führte.
Ein Onsen ist ein wunderbarer Ort an dem man entspannt wunderbare Dinge erleben kann.
Auch für dieses Rennen konnte ich jemand begeistern mit mir zu kommen: Tom lebte schon seit Ewigkeiten in Japan, kam aber eigentlich aus Belgien. In der Tradition von Eddy Merckx, Tom Boonen und Wim Vansevenant ist er auch ein sehr guter Radfahrer. Da er wenig mehr wiegt als ein durchschnittlicher japanischer Rennradfahrer, für die Gravitation nicht abwendbar ist, fährt Tom auch ziemlich schnell die Berge hoch. Mit anderen Worten, ich hatte niemanden, der hinter mir, dem Vorletzten, Letzter werden würde.
Tom und ich hatten uns seit Monaten mental auf das Bergrennen vorbereitet. Da körperliches Training für uns keinen Sinn macht, konzentrierten wir uns voll und ganz auf das mentale Training. Wir wussten dass die Straßen in Shiobara alle sehr steil sind. Um uns bereits in Tokyo daran zu gewöhnen, liefen wir nur noch mit dem Oberkörper leicht nach vorne oder seitlich gekippt durch die Gegend.

Auf diese Art und Weise hofften wir uns schneller an das ungewöhnliche Terrain aklimatisieren zu können. Auch die ganzen 200 km von Tokyo im Auto saßen wir beide seitlich nach rechts gebeugt.

Als wir in Shiobara ankamen wurde ich prompt von einer Biene gestochen. So etwas war mir nicht mehr passiert, seitdem ich acht Jahre alt war und in den Stoppelfeldern einen Drachen steigen ließ. Ich denke dass ist Karma, weil ich auch nicht mehr so einen Blödsinn gemacht hatte, seitdem ich acht Jahre alt war.
Die Rennen selber fanden an zwei Tagen statt. Am ersten Tag sollte es ein Bergeinzelzeitfahren gehen über 7 km und einem Höhenunterschied von 450 Meter. Die Strecke war an sich auch wunderschön in den Bergen gelegen und der Ausblick in die Täler phantastisch. Leider ist es so, dass ich nicht viel von der Landschaft um mich herum sehe, wenn ich mich mit einem Puls von 170 plus nach oben quäle. Das Gehirn dreht dann ganz kleine Kreise. Zum Glück gab es auf diesen 7 km auch einige „flachere“ Stücke, wo ich etwas Energie würde sammeln können um dann auch die steileren Stücke schnell zu fahren. Ich schätze einmal, dass die Steigungen in den Haarnadelkurven 15% oder mehr waren.
Am folgenden Tag sollte es dann ein 12 km langes Rennen geben, das im Tal gestartet wurde. Die ersten Kilometer waren recht flach am Fluss entlang durch das Dorf, bevor es dann wieder in die Berge ging und dann noch einmal genau die gleichen 7 km wie beim Zeitfahren am Tag zuvor ins Ziel gefahren werden mussten. Am ersten Tag hatte ich noch keine Ahnung wie schwierig das werden würde, am zweiten Tag würde ich es aber leider umso besser wissen.
Während wir das Dorf erkundigten, also in genau diesen 37 Sekunden, kam auch Goro-San aus Tokyo mit seinem Auto an. Wir erzähltem ihm, dass wir ganz früh auf unseren Fahrrädern in Tokyo losgefahren wären, aber Goro-San, der den Umgang mit Ausländern gewohnt war und sich in die komplexe Welt von Ironie und Sarkasmus eingelesen hatte glaubte uns kein Wort. Das Einzelzeitfahren wurde in der Reihenfolge der Leistungsklassen gestartet, also zunächst SS, dann SA, dann A, dann B usw. und zuletzt Frauen und Rentner. Goro-San hatte sich mittlerweile in die B Klasse hochgearbeitet und er sprach eigentlich nur noch mit Menschen aus SS, SA und A; ihm war es fast schon peinlich mit uns gesehen zu werden. Vielleicht lag es auch daran, dass wir immer noch seitlich vorgebeugt neben ihm gingen.
Gemeinsam schwangen wir uns auf unsere Räder und fuhren zum Start. Allein das war schon mächtig anstrengend und als wir dort ankamen stellte ich fest, dass es unmöglich war ohne Hilfe am Start in die Pedale einzuklicken und loszufahren. Dafür war es einfach zu steil. Jemand musste mich festhalten und mir einen Stoß geben, damit ich überhaupt losfahren konnte.
Der JCRC dachte sich ja immer etwa neues aus und dieses Mal wurde die Reihenfolge in der D Gruppe nach Alter festgelegt, die jüngeren zuerst, die Älteren zuletzt. Tom startete direkt hinter mir 15 Sekunden später. Ich fuhr los und Kette und Ritzel knirschten auf den ersten Metern gewaltig, damals fuhr man noch 10-fach 52/39 vorne und 11/28 hinten, Kompaktkurbeln waren noch nicht so verbreitet. Als ich mich nach ca. 30 Sekunden umschaute setzte Tom gerade von hinten zum überholen an. Das war doof. Cool war aber, dass ich den Fahrer der 15 Sekunden vor mir gestartet war auch etwa zum gleichen Zeitpunkt überholte. Sollte ich tatsächlich dieses Mal nicht letzter werden? Meine Hoffnungen bekamen dann einen Dämpfer als mich drei weitere ältere Starter überholten; von da an ging ich in den Survivalmode und versuchte es nur noch irgendwie in das Ziel zu schaffen.
Auf den steileren Stücken hatte ich Probleme, aber nie das Gefühl dass ich alles hinschmeißen müsste. Auf den flacheren Stücken fühlte ich mich prima. Ich wusste aus Erfahrung, dass ich über einen längeren Zeitraum etwa 15 Höhenmeter / Minute oder 900 m in der Stunde klettern konnte, für dieses Rennen würde ich also etwa 30 Minuten brauchen. Im letzten Jahr lagen die Zeiten der Sieger bei knapp über 20 Minuten; das erschien mir dann auch leider realistisch. Und so schaute ich abwechselnd auf die Straße, raus in die Landschaft und auf meinen Ciclo Hactronic Radcomputer, das heißeste Stück Technik, was es damals an Radcomputern gab – jetzt nur noch ein halber Kilometer bis zum Ziel.

Tja, ich hätte nicht so oft auf den Tacho schauen sollen denn genau in diesem Moment fuhr ich über eine von diesen stacheligen Kastanien die plötzlich auf der Straße lagen. Sofort konnte ich das Geräusch entweichender Luft aus dem Hinterreifen hören. Es gab nur noch eins, noch einmal richtig beschleunigen um so viele Meter wie möglich auf dem Rad zurückzulegen und dann den Rest zu laufen. In der nächsten Kurve rutschte mir das Hinterrad seitlich weg und ich fand es nun besser abzusteigen und den Rest zu laufen. Nach der dann nächsten Kurve konnte ich etwa 100 Meter vor mir das Ziel sehen wo bereits eine Menge Leute warteten. Die Strecke war nämlich komplett gesperrt, bis der letzte Fahrer ins Ziel fuhr, so dass dann alle Teilnehmer gemeinsam ins Tal fahren würden. Heißt, alle Fahrer der Klassen SS, SA, A bis E waren oben und sahen mich hochlaufen, was total peinlich war. „Was ist los?“ hallte es von oben auf mich ein und ich schrie „Ich habe einen Platten!“ als es plötzlich vor mir noch lauter wurde und ich Anfeuerungsrufe hörte. Ich drehte mich um und sah, dass der D Fahrer den ich kurz nach dem Start überholt hatte um die Kurve gekommen war. „Lauf!, Lauf!“ hörte ich nur noch und setzte mich in Bewegung. So gerade schaffte ich es noch vor dem anderen Fahrer ins Ziel zu kommen: Mission erfüllt nicht Letzter, sondern nur Vorletzter geworden. Tom im Gegensatz endete auf Platz 15, etwa in der Mitte des Feldes.

Oben am Ziel wäre es eigentlich an der Zeit gewesen den Schlauch zu wechseln und dann an geeigneter Stelle, am besten zusammen mit der Kastanie zu begraben und kurze Dankesworte zu sprechen. Da das Rennen aber nur 7 km lang war hatte ich aus Gewichtsgründen gar keine Satteltasche oder Trinkflasche mitgenommen und so war es auch bei den anderen Teilnehmern. Also wartete ich, bis die Organisatoren alles eingepackt hatten und fuhr dann mit ihnen im Van wieder runter ins Tal.
Den Ciclo Hactronic konnte man an einen PC anschließen und sich mittels Software einige Daten anzeigen lassen wie Herzfrequenz, Geschwindigkeit, Höhe und geschätzte Leistung. Das war 2008 vor Garmin und Wahoo extrem fortschrittlich und auch wenn ich das heute sehe finde ich das noch beeindruckend, vor allem das Höhenprofil.

Tom und ich machten uns dann erst einmal auf den Weg zum Onsen um entspannt in den zweiten Tag zu kommen. Obwohl wir nur 7 km intensiv Rad gefahren waren fielen wir danach total geschafft in unsere Betten und wachten erst am nächsten Morgen wieder auf.
Das zweite Rennen startete am Shiobara Damm, ein paar Kilometer flußabwärts vom Ort Shiobara und nach dem Frühstück setzten wir uns auf unsere Räder und fuhren dorthin. Es war noch ziemlich früh am morgen und auf den Straßen noch so absolut gar nichts los; Einheimische und Touristen lagen noch tief in ihren Futons eingekuschelt und träumten süße Träume von Onsen, Essen und Natur. Aber überall aus den Seitenstraßen tauchten rechts und links immer wieder Rennradfahrer in voller Montur auf, die sich wie wir auf den Weg zum Start machten. An der nächsten Straße kamen zwei Fahrer von Nalshima Friends, einen der größeren und guten Team aus Tokyo auf und wir hängten uns an die dran und ließen uns zum Damm ziehen.
Das Rennen sollte an dem tiefsten Punkt der Strecke starten, von dort aus ging es zunächst tendenziell vier Km bergauf am Fluss entlang durch den Ort Shiobara, aber durchaus etwas hoch und runter. Und dann wieder acht Kilometer hoch inklusive der sieben Kilometer der Strecke vom Vortag, insgesamt über 650 Höhenmeter. Unser Plan war, dass Tom direkt nach dem Start vor mir fährt und sich komplett verausgabt, so dass sich eine kleinere Gruppe mit uns beiden absetzen kann. Das würde mir zu Beginn des Anstieges einen kleinen Zeitvorteil verschaffen, den ich dann im Anstieg aufbrauchen könnte.
Tom war sehr motiviert. So sehr, dass er direkt vom Start an wie ein Verrückter losfuhr und das Tempo unglaublich hoch hielt, so dass ich wirklich Mühe hatte ihm zu folgen. Wir konnten uns tatsächlich in einer kleinen Gruppe absetzen, aber nach einer Weile holte uns das Feld wieder ein. Das Tempo war irre hoch, als wir nun durch den Ort Shiobara fuhren, wo leider niemand Zeuge unserer heroischen Bemühungen wurde, da immer noch alle am pennen waren. Auf den relativ flachen Stücken konnte ich auch gut mithalten, aber an den Steigungen fiel ich immer weiter in der Gruppe zurück, bis ich bereits vor dem Beginn des finalen, langen Anstieges aus der Gruppe gefallen war. Das war natürlich frustrierend auf der einen Seite, auf der anderen Seite hatten wir jede Menge Fahrer aus den früher gestarteten Feldern C und Frauen. Bis mich dann das E Feld überholte, das eine Minute nach uns gestartet war. Mit anderen Worten: es war so wie immer. Ich bog von der Hauptstraße rechts ab, schaltete auf das kleine Kettenblatt und machte mich auf den langen Anstieg zum Ziel.
Ich versuchte mich irgendwie an das E Klassen Feld zu hängen, aber die waren einfach schneller als ich. Und so versuchte ich wenigstens in mehr oder weniger konstantem Tempo hochzufahren und das Ding unambitioniert zu Ende zu fahren; meine Punkte hatte ich ja ohnehin sicher. Tatsächlich konnte ich noch ein paar E Klassen Fahrer, die aus dem Feld herausgefallen waren überholen und dann zu einem Fahrer aus meinem D Feld aufschließen. Ich fragte ihn, ob wir zusammen fahren sollten und das taten wir dann auch bis etwa 500 Meter vor dem Ziel. Ich hatte meine Augen auf der Straße und scannte sie nach Kastanien ab, dann spurteten wir beide, als hinter der letzten Kurve das Ziel in Sicht kam los. Er war jünger, sah besser aus und war vor allem schneller. Was mich im nachhinein mal wieder auf den vorletzten Platz brachte mit einer Zeit von 1:01:00 hr.
Tom war schon lange im Ziel, er hatte für die Strecke knapp unter 50 Minuten gebraucht. Das reichte aber auch nicht Ansatzweise für den Sieg in der D Klasse, dort lag die Zeit bei knapp über 45 Minuten.
Zusätzlich zu der regulären Wertung gab es einen speziellen Bergpreis für alle Teilnehmer über die gesamten 8 km und 520 Meter Anstieg bei dem ich 204. von 229 männlichen Teilnehmern wurde in 37:36 min. Mal zum Vergleich: Da trat ein dreizehnjähriges Mädchen an, das die gleiche Strecke fast so schnell wie Tom in unter 30 Minuten zurücklegte.
Oben am Ziel trafen wir auch Goro-San wieder. Er war von allen Teilnehmern der Neuntschnellste und hatte somit seinen Aufstieg in die A Klasse geschafft. Wir waren dankbar, dass er überhaupt noch mit uns redete.

Nach diesen 12 Kilometern nahmen wir noch schnell ein paar Preise in Form von gigantischen Rettichen in Empfang und machten uns dann wieder auf den Heimweg in die große Stadt. Ich führte nach wie vor in der JCRC Jahreswertung und hatte nur noch drei Rennen vor mir. Da kannte nicht mehr viel schief gehen. Dachte ich.