Tagesarchiv: 2. August 2013

Harz V: auf der Spur der Schnitzeljäger

Gestern noch fuhr ich in einem Taxi in Sitanbul am Bosphorus lang auf dem Weg zurück zum Flughafen. Meine Erinnerung davor ist an den Harz.

Harz und Istanbul sind sehr unterschiedlich, haben aber auch einige Gemeinsamkeiten. Zunächst einmal gibt es in Istanbul sehr viele Männer mit Bärten, an denen sich die Fixed Beards Bremen ein Beispiel nehmen sollten. Umgekehrt gibt es in Istanbul sehr wenig Räder. Hier könnten sich die Istanbulaer einmal an uns ein Beispiel nehmen, denn auch der geringste der Fixed Beards hat ja wohl mindestens drei Räder in der Garage stehen: Ein Fixie für das gute Wetter, ein Rennrad für das gute Wetter und ein Rad mit dem man das ganze Jahr fährt weil mieses Wetter ist. So etwas nennt man dann aus unbekannten Gründen: „Stadtschlampe“.

Istanbul, als auch der Harz sind sehr bergig. Im Harz merkt man das irgendwie mehr, was vor allem daran liegt, dass die Berge höher sind. Aber eben nicht nur daran. Man merkt in Istanbul auch nicht wie bergig es ist, da man mehr damit beschäftigt ist nicht von Autos überfahren zu werden als dass man eigentlich bewusst fährt. Und auch junge Erwachsene mit Maschinenpistolen und Polizei T-Shirts sind dazu geeinigt, sich beim fahren einzig und allein auf den runden Tritt zu konzentrieren. Man braucht also Ruhe und Entspannung. Zum Beispiel in der Chill-Out Ecke einer Uni:

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Letzlich war ich in Istanbul auch alleine. Natürlich ich hatte zwei sehr nette Begleiter, die aber alle vor gefühlten dreissig Jahren zum letzten Mal auf einem Rad sassen und von Carbon, Shimano und 27,2mm Sattelstützenklemmen keine Ahnung haben. Selbst einfache Fragen wie: Ventilkappen ja oder nein? kann man mit Menschen fremder Kulturen nicht unbedingt diskutieren. Allein sein ist Mist. Mit einer Gruppe rausfahren ist besser. UNd da taten wir vor einer Woche in den Harz auf der Suche nach weiteren Schnitzeln.

Nach einigem Forumsüblichen Hin- und Her sowie kurzen Ab- und Zusagen hattten wir immerhin eine Truppe von acht Fahrern zusammen:

  • Kai P. (muß man Englisch aussprechen)
  • Tobias
  • Hän Ning
  • Philipp Knackrad
  • Andreas „Hey Du Clown“ Nichtschaltrad
  • Tanja Torstenrad
  • Jonas Tentakelrad und
  • Jugendrad

Es ging dann recht früh (7) am Bremer Hauptbahnhof los und adauert dann ja bekanntlich eine Ewigkeit bis man einigermaßen im Harz ist. Henning hatte aber alle möglichen Dinge dabei, um in einem DB Zug überleben zu können: Von der Müslischüssel bis zum Ersatzsattel. Er erinnerte mich an Doraemon und seinen Bauchbeutel.  Die Stimmung im Zug war gut, allerdings waren die mitreisenden, ausgesprochen gut aussehenden Russinnen nicht besonders von unseren Technik- und Leistungsdiskussionen angetan.

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Immerhin war diese Begleitung im Zug charmanter als letztes Jahr. Torsten erinnert sich sicherlich gerne.

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So gegen 10 kamen wir dann in Bad Harzburg an und zogen uns in der luftigen und schönen Bahnhoshalle von Bad Harzburg um (Danke für die Photos an Kai P. und Jonas).

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Außer uns war exakt niemand da. Gut so. Oder schlecht so, denn so mussten wir den erst besten Taxifahrer überreden ein Gruppenfoto von uns vor dem Blumenarrangement am Hauptbahnhof von uns zu machen.

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Der Man ging zwar schon fast 100 Meter zurück, um uns alle auf das Foto zu bekommen, hat das dann aber doch nicht geschafft. Aber genug Spaß, jetzt begann das Abenteuer!

Wir machten uns auf den ersten gemeinsamen Anstieg hoch zur Okertalsperre bereit. Man kann ja als Gruppe noch so gut harmonieren, aber sobald man an einen Anstieg kommt, fährt man seinen eigenen Gang. Jonas, Philipp, Kai und ich voran, der Rest im Peloton hinterher. Ist man früher oben, hat man die Chance noch ein paar Fotos von den erschöpften Gesichtern der hiterherkommenden zu machen. Passiert mir auch häufig, da ich ja nicht der Schnellste am Berg bin. Andere Menschen schauen sich dann die Fotos an und fragen: „Ist das etwa anstrengend?“Ja.

Hinweg über die Talsperrenmauer der Okertalsperre fuhren wir diesen schönen Weg der Adlerrunde zunächst einmal immer am Seeufer lang. An der Mauer selber sind übrigens diecke Stahlnetze gespannt. Selbstmörder mit Höhenangst, die also in der Regel nicht über die Brüstung in das Gesicht ihres Schicksals schauen, springen dort und werden von den Netzen aufgefangen. Dort liegen sie dann, jammern und verdursten, was andere Selbstmordkandidaten davon abhält zu springen. Ein perfides System!

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Nach einigen Kilometern fuhren dann drei von uns weiter nach Altenau, während ich die andren Fünf an der Steigung hoch zum Torfhaus versuchten. Andreas hatte nige Probleme mit der elektrischen Schaltung an seinem Cervelo. Ich versucht zu helfen, da ich aber nix nach 1987 einstellen kann, habe ich wohlgemeint verschlimmbessert.

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Acuh zu fünft wieder das gleiche Bild: Jeder fährt seinen eigenen Gang den Berg hoch, nur Andreas fährt etwa drei zur gelichen Zeit, da diese immer hin und her springen. Das ist das Andy Schleck Di2 Übungsprogramm. Oben dann wieder das gleiche Bild: Ist das etwa anstrengend?

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Ist das etwa anstrengend, Kai?

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Ist das etwa anstrengend Du Clown?
Ja, da ich ja mit Kai im Harz war durte ich ja eigentlich nur aus traditionellen Gründen im großen Kettenblatt fahren.

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Ist das etwa anstrengend für dein Rad, oder wieso knackt das so?

Dann noch die doofe Straße hoch zum Torfhaus und dann ging es exakt entlang der Adlerrunde im Schuß runter nach Altenau. Fast 80 Sachen, aber mein Tacho zeigte am Ende 199,99 km/hr an, was ich nicht so recht glauben kann. Aber möchte. Das machte wirklich Spaß, zumal der Verkehr nicht zu dicht war. Wäler, Wiesen und Kräutergärten flogen nur so links und rechts an uns vorbei. Kräutergärten eigentlich nur rechts, aber bitte.

Wieder ein Anstieg. Und wieder Erinnerungen an die Adlerrunde. Erst komplett den Berg hoch, an einem Parkplatz vorbei und dann die Stelle wo ich mein Canyon in ein schickes Jugendrad verwandelte und die Sattelklemme killte. Canyon schickte mir in der Zwischenzeit zwar eine neue aber ich vertraue jetzt erst einmal auf Campa.

Dann ging es wieder runter nach Braunlage, was wieder sehr viel Spaß machte und wo wir dann auf die andren Drei trafen. Es war fast unglaublich, aber bis jetzt war alles nach Plan gelaufen: Wir waren pünktlich mit der Bahn abgefahren und angekommen, machten gute Kilometer und waren sogar die Strecke gefahren, die wir uns ausgesucht hatten. Um diesen planmässigen und atypischen Ablauf zu verhinern hatte Philip noch eingeworfen, dass wir ja noch den Wurmberg hochfahren könnten von Braunlage aus. DAs wurde sehr ernsthaft diskutiert und dann leider verworfen. Die Mehrzahl war nicht traurig, denn wir wollten ja noch auf den Brocken.

Übrigens fährt im Harz keiner mehr Auto, Rennrad oder Motorrad. Oder andere konventionelle Verkehrsmittel. Renter fahren Pedelec, eine Flotte von Segways kam uns entgegen und dann gab es da noch diese Gruppe von „Rollern mit dicken Reifen“ Fahrrern. Und irgendwo auf den Bropcken kamen uns dann noch zwei Fixie-Einradfahrer entgegen. Es war wie aus dem Panoptikum der neuen Mobilität.

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Ich hätte die Dinger gerne einmal auf der 20% Steigung in Sankt Andreas gesehen. Wenn man da schnell runter fährt auf einem Segway, macht man sich besser eine Kufe auf die Nase. Ähnliches gilt auch für die Einradfahrer auf dem Brocken. Also hochfahren kann ich ja Balance-technisch noch irgendwie nachvollziehen. Aber auf einem Einrad runter fahren – soll das Spass machen? Ich denke es wäre besser, sich einen Helm mit eingebauten 10 Zol Rad auzusetzen und dann mit dem Gesicht zum Boden auf zwei Rädern nach unten zu fahren.

Von Braunlage ging es dann nach Elend (Da steht am Ortseingang „Willkommen in Elend“ aber sollte das nicht „Willkommen im Elend heissen“? und dann zu dieser fiesen Erbsensuppenkanone. Ich weiß auch nicht, warum wir da immer wieder halten. Vermutlich weil wir Hunger haben. Aber es ist echt eklig dort. Zumindestens gab es mir die Möglichkeit einmal richtig klugzuscheissen.

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Die richtige Tritttechnik – vom Profi erklärt.

Und schon waren wir in Schierke, was ich persönlich ja den einzoigen akzeptabelen Ort im ganzen Harz finde. Ich stelle mir da immer vor ich hätte TBC (Also Tuberkulose, also hat nix mit dem Triathlon Club Bremen zu tun), würde iregndwie mit dem Rad hocheiern in mein Sanatorium und dann den Zauberberg von Thomas Mann lesen,. Nicht, dass ich überhaupt Thomas Mann lesen würde. Ich lese eigentlich kaum noch Bücher, seitdem ich in dreimontaigen Abständen gezwungen wurde Studentenarbeiten zu lesen in denen sich bestenfalls Statements wie diese finden:

„Das höchste Ziel eines Unternehmens ist die Befriedigung des Kundens.“

Na ja, denke ich mir, das kommt wohl auf die Branche an. Gut dand ich ja auch:

„TRIGEMA ist das erfolgreichste deutsche Sportbekleidungsunternehmen.“

Wäre mir so gar nicht in den Sin gekommen. Hätte eher an Puma oder Addidas gedacht. Zum Glück ist eine Quelle angegeben, sp das msn das auch nachvollziehen kann: Website Trigema. Aha. Gearde noch einmal nachgeschaut. DAs Logo der Firma erinnert mich an einen Wal mit holländisher Flosse der gerade im Harz abtaucht.

Ok, also jetzt ging es endlich den Brocken hoch. Allerdings nur für 7 von uns. Jonaas und Philipp fuhren mal wieder vor weg, aber ich konnte zumindestens noch den Sichtkontakt halten. Kai zog endlich an mir vorbei, so dass ich dann auch in da kleine Kettenblatt schalten konnte und schneller wurde. Alle kamen wir aufd en Gipfel, aber wo war Andreas? Wir erinnerten uns an unsere letzte Tour: Wir standen irrwitzig lange oben auf dem Brocken rum und warteten auf ihn. Wir hatten schon Eisbrocken an den Füssen. Dann fuhren wir runter und 1,2 km weiter unten trafen wir ihn. Fast hätte er es geschafft. Diesmal warteten wir nur sehr kurz denn wir waren alle etwas nervös wegen der Wettervorhersage und dem drohenden Regen. Es langte also nur für das übliche Heldenfoto.

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Also wieder runter. Andreas trafen wir diesmal 800m vom Ziel entfernt. Er war ganz schön viel schneller geworden, der Einzug auf den Brocken wurde ihm aber wieder einmal verwehrt. Natürlich machen wir das extra. Nächstes Mal lassen wir ihn so 600 Meter heankommen, bevor wir ihm alle entgegenfahren und zum umkehren motivieren. Das ist übrigens auch mal ein Roman geworden, „Das Schloß“, von so ’nem Kafka.

Zurück nach Schierke. Wo usn da Wasser ausging. Wasserträher Henning und Phlipp zur Toilette: Kein Trinkwasser.

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Egal, jetzt war es auch noch spät und die Idee vom Schnitzelessen lag jetzt ganz weit weg. Einfach nur schnell in den Zug nach Hause, denn auch der würde wieder 2 1/2 Stunden fahren. Also nach Wernigrode, Ilsenburg, Wasserfassen bei den Evangeliken und dann rein nach Bad Harzburg.

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Coo, noch 20 Minuten bis der Zug fährt, das reicht ja für ein DÖNER am Bahnhof! Also, umgezogen in der Bahnhoshalle, alles eingepackt, Döner und jede Menge zu trinken geholt und dann ab auf das Gleis. Pft. Pft. Pft. da kommt der Zug rein in de Bahnhof. Ui, das erste Abteil ist abe rschon ziemlich voll mit Rädern. Vor dem zweiten steht ein Schaffner: „Hier passen keine Räder mehr rein, sie kommen nicht mit!“. endlich, was war ich froh! Nachdem wirklich bislang alles nach Plan gelaufen war und wir keine nennenswerte Panne hatte und sogar die geplante Strecke gefahren waren… und auch als Grupe zusammen geblieben waren….endlich, endlich, endlich macht uns die Deutsche Bahn einen Strich durch die Rechnung.

Wir dürfen nicht mir. Großes lamentiren. Der Schaffner hält uns sein Smartphone vor das Gesicht, um zu beweisen, dass er irgendwie recht hat. Ich versteh das nicht, schaue schon mal nach der Konsequenz: Eine Staunde warten, um 10 Uhr zurück zuhause. Mist. Genau der Zug in dem wir letztens falsch sassen und zum Glück noch gewechselt hatten.

Andererseits: Zeit für eine Pizza. Zeit Trollis saure Würmchen am Automaten zu ziehen. Wir sind genervt, aber eigentlich war es ja doch ein schöner Tag und wir gehen in Gruppen zurück zur Döner Bude, verpflegen uns und machen es uns an der Bahnsteigkante bequem.

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Das da im Hintergrund ist übrigens ein anderer DB Schaffner der uns gleich anschnauzt.

In diesem Zug gibt es keine Probleme. Und auch nicht im nächsten Zug von Hannover nach Bremen. Ich war wirklich froh wieder in Hannover zu sein. Harz – da ist ein Dschungel, wenn da etwas passiert, dann kommt mannie wieder weg, aber Hannover ist die Zivilisation, da kommt man irgendwie immer nach Bremen.

Insgesamt sind es, auf meiner Anzege, etwa 124 km und 2.000 Höhenmeter geworden. Wir waren eine gute Truppe, hatten einen Supertag und viel erlebt und auch viel Spaß gehabt. Na ja, bis auf die Deutsche Bahn.Und irgendwie hatten wir ein alle ein wenig Angst vor dem Regen. Und ich vor dem Flug nach Istanbul.

Brauchst Du ein aufregendes Leben? Willst Du über die Grenzen von Huchting hinaus bekannt werden? Dann fahr mit uns und lass Dein langweiliges Leben verherrlichen.

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