Philipp hörte extra vor einer Woche temporär mit dem rauchen auf und fuhr jeden Abend 50-60 km mit dem Rad, um auf den Punkt fit zu werden. Ich flog sogar eine Woche früher nach Spanien, damit ich in der Woche vor dem Triathlon nicht mehr trainieren mußte. Genau, es war mal wieder City Triathlon in der Stadt.
Man kennt das schon vom letzten Jahr, als der City Triathlon zum ersten Mal im neuen Format ausgetragen wurde und unser Team in der Mixed Staffel den ersten Platz belegte. Wie sind alle keine Multitasker und können daher nur eine Sache richtig, also kommt für uns nur eine Stafel in Frage. Und die einizieg Chance, die wir auf einen vorderen Platz haben ist im Mixed Wettbewerb, da dort die langsamsten Zeiten für das Podium reichen; na ja, bis auf diese Klasse wo die die Teilnehmern mit Rollatoren ins Wasser gelassen werden.
Wasser gab es diesmal reichlich. Ich machte morgens auf und sah durch den Fenster den Regen. Aber nur bis Björn kam, um sein repariertes Fixie bei mir abzuholen. Ich hatte nämlich vor einiger Zeit Björn ein schickes Simonato Fixie gebaut und vor ein paar Wochen rief er an und sagte, dass das Teil komische Geräusche machen würde, und ob ich mir das mal ansehen könnte. Klar, wir trafen uns mit den anderen Fixed Beards Bremen am HaW und fuhren unsere Abendrunde rechts der Weser. In der Regel unterhalten wir uns auch dabei, aber diesmal war das nicht möglich. Björns Fixie machte nämlich schreckliche, laute Geräusche. Das klang als wenn ein Betonsilo abgerissen wird. Oder die Bismarck, tödlich von einem Torpedo getroffen, in den Fluten des Atlantiks untergeht. Zwei Stunden musste ich neben Björn herfahren und mir das anhören. Für mich klang es, als wenn das Rad den Passanten zuschreien würde. „Lass Dir bloß kein Fixie von dem bauen!“ Das musste also unbedingt geändert werden und jetzte flitzt und schnurrt es wieder und murmelt: „Schon gut, schon gut!“.
Björn war auch schon nervös, denn er startete heute auch beim Triathlon als Einzelkämpfer in der Volkstriathlon Disziplin.
Als der weg war dachte ich daran, dass es vielleicht ganz gut wäre auch mein eigenes Rad auf Vordermann zu bringen. Es hing da am Montageständer und wartete auf Liebe von mir. Zärtlich sah ich es an. Es machte „Pfffttttt.“ und auf einmal hatte es einen Platten im Hinterrad – vielleicht war es aber auch der erste, jemals wahrgenommene Radorgasmus der Welt. Na ja, jedenfalls musste ich es flicken. Bei der Gelegenheit brachte ich es dann auch fertig den Schaltwerkadapter abzureissen. Zum Glück hatte ich noch einen Ersatz da, aber man merkt schon, die Nerven lagen ziemlich blank. ImGegensatz zu der Lust. die Lust lag icht blank sondern irgendwo gut eingepackt im Regal und flüsterte mir zu: „Laß mal gut sein, bleib zuhause und sei nett zu einen Lieben; was willst Du Dich da draußen im Regen sinnlos verausgaben?“ Das gute allerdings bei Staffelteams ist, dasss jeder zuhause vermutlich das gleiche anfängt zu denken, aber dann sagt man sich: „Oh Gott, die anderen warten bestimmt auf mich, ich muß da hin und darf mein Team nicht im Stich lassen!“ Die Anderen wären vermutlich froh wenn einer nicht erscheint udn sie dann auch eine gute Ausrede hätten nicht im regen zu laufen, fahren oder schwimmen, aber man weiß es halt nie genau. Und so machte ich mich auf den weg, nachdem ich meiner Familie das Versprechen abgenommen hatte auch zu kommen.
Es regnete schon deutlich weniger als ich am Zollhaus ankam, um die Startunterlagen abzuholen und die anderen zu treffen. Philipp war bereits da und ebenso die Schwimmerinnen unserer beiden Teams von der Hülsmann Bande plus entferntere Verwandschaft aus Bremen. Wir hatten nämlich zwei Teams am Start, einmal den Titelverteidiger vom letzten Jahr in Idealbesetzung „Studenten der HIWL“ und die neu reformierten „Professoren der HIWL“. Leider gab es nur einen einzigen Studi der HIWL und auch nur zwei Profs, die restlichen Mitglieder mussten auf dem Transfer- und Sklavenmarkt eingekauft werden. Übrigens können weder Studenten, noch Professoren schwimmen.
Jede Menge Anhang war auch da: Ich denke Björn hatte die größte Fantruppe von drei fanatischen Supportern. Zwei von denen waren allerdings unter drei Jahre alt und es war fraglich, ob die wirklich freiwillig da waren. Aber auch sonst waren jede Menge Bekannte da, Rolf Schieber startete, Matthias „Django“ Böker strich durch das Sportlerfeld, Andreas war da, Olli kam später auch nicht und auch Silke fuhr in einem Frauenteam (das dann den 2. Platz machte- Respekt).
Philip und ich fuhren jetzt erst einmal die Strecke ab. Nicht, dass wie die nicht gekannt hätten, fast jede radsportveranstaltung in Bremen wird ja aus nicht erklärlichen Gründen dort gefahren. Aber uns war kalt und wir wollten uns noch aufwäremen, bevor wir unsere Räder im Lager abgeben mussten. Es lieg auch ganz gut, es war halt nur sehr naß und als wir zurückkamen hatten sich unsere Startnummern in nichts aufgelöst. Hallo Veranstalter: Keine gute Idee das alles aus normalem Papier zu machen, da hättet ihr die Nummern auch gleich auf Hostien drucken können.
Zurück warteten wir erst einmal auf unsere Läufer. Das dies enicht so schnell sind, kamen sie recht spät. Also vermute ich mal. Neben mir stand eine Frau die von unten bis oben in gelbem Ölzeuch eingepackt war. Sie kam von der Syker Kreiszeitung und interviewte mich für die Montagsausgabe. Eigentlich war sie ganz nett, aber ich hatte den Verdacht, dass Sie entweder aus der Kulturredaktion oder dem Wirtschaftsteil kam. Ich sagte ihr, dass es wegen dem Wind heute etwas schweirig sein könnte eine gute Zeit zu fahren; sie sagte, ja auch wegen der nassen Fahrbahn. Da musste ich sie erst einmal aufklären, dasss dies für echte Rennradfahrer die mit sinnvoll ausgestatteten Fahrrädern und ohne Vollkarbon Aerofelgen gar kein Problem darstellt. Wir können nämlich bremsen und Kurven fahren, etwas was Triathlethen mit ihren Möhren nicht, oder nur sehr schlecht können. Aber trotzdem war sie recht nett. Wie überhaupt ein ganzer Haufen netter Mädels trotz des schlechten Wetters im Überseehafen waren. Ich wünschte Andreas hätte mehr Photos davon gemacht, anstatt us zum x-ten Mal auf dem Rad abzulichten.
Dann standen wir in der Wechselzone rum und harrten unserem Schicksal. Ich kann mich dann nie erinnern, was ich da so sage, den ich bin ein wenig angespannt. Intellektuell bewege ich mich vermutlich auf der verbalen Aussagekraft von Schnarchen. Uns so steht man da, und plötzlich kommt Anna schon reingelaufen, die mal wieder eine der schnellsten Schwimmzeiten gekrault war und übergab an Phlipp der sich mit dem Rad auf den Weg machte.
Just in diesem Moment, wie immer viel zu spät, kam meine Familie auf den Plan um mich anzufeuern. Wo war denn unsere Schwimmerin – puh dsa dauerte aber. Ich war aber nicht unfroh, denn ich mag ja diese Situationen ganz gerne, wo man das Feld von hinten aufrollen kann. Da kam dann auch Louisa, ein schneller Wechsel und schon rannte ich mit dem Rad raus aus der Wechselzone auf die Straße.
Rennen, aufspringen und einklippen klappte recht gut (auch wenn ich das außerhalb der Zone tat und fürchtete ich würde disqualifiziert werden).
Es ging dann auch gut los, vor mir war ein ganzer Pulk von langsamen Fahrern die ich alle brutal stehen liess. Oder so kam es mir jedenfalls vor. Das war recht angenehm, denn durch die große Teilnehmerzahl war es möglich wenigstens ab und an in den Windschatten zu gehen und das war bei dem Sturnm heute schon mal ganz gut. Pghilipp kam mir schon früh entgegen, er sah frisch aus und allzu viele Fahrer hatte ich nicht vor ihm gesehen.
Ich finde das immer wieder auffällig,wie weit vor einer Kurve viele aufhören zu treten. Und sich dann ganz viel Zeit lassen, bevor sie wieder anfangen. Das half mir noch ein paar andere Fahrer zu überholen; Schieber lasse ich stehen aber schiebe ihn vorher noch ein wenig; ich selber wurde nur dreimal erwischt und dass vermutlich von den Männerprofis auf den schnellenMöhren mit Zeitfahrhelmen. Also die so aussehen wie weiland Arnold Schwarzenegger in „Running Man„.
Doch dann fand ich meinen Meister. Mann, ganz in schwarz, hatte ein Cyclo-cross ähnliches Rad mit Scheibenbremsen und Zeitfahraufsatz. Nachdem er mich zunächst überholt hatte, konnte er sich nicht richtig absetzen und ich blieb an ihm dran. Dann überholte ich ihn und fuhr vorneweg. Und wieder umgekehrt. Das war eine gute Motivation für uns beide alles zu geben. Hase und Igel spielen.
Mittlerweile bin ich wieder hinter meinem schwarzen Meister. Wir fahren paralell zur Nordstrasse raus und in der Linkskurve fahr ich wieder vorweg, voll gegen den Wind der hier am stärksten bläst. Dann geht es auf die letzte lange Gerade. Vor mir drei Fahrer, nichts da, an ihnen vorbei. Der schwarze Meister kommt von hinten und geht an mir vorbei. Jetzt gebe ich die letzten Reserven und fahre mit 40 auf die letzte Kurve zu; es nützt aber nichts, der schwarze Meister ist eben genauso schnell wie ich. Sich absetzen kann er aber auch nicht. Die letzte Kurve, ich fahre die in Ideallinie aber von hinten hat sich jemand an mich herangeschlichen und überholt mich rechts zwischen Rad und Bürgersteigkante. wir kommen fast beide zu Fall. „Überhol‘ mich noch mal rechts und du spürst meine Linke“ brüll ich ihm hinterher (Nummer 746, die Linke kommt noch). Runter vom Rad, mit letzter Kraft in die Wechselzone laufen; zum Glück steht Philipp schon ausgeruht da, reisst mir den Transponder vom Bein und gibt ihn weiter an unseren Läufer Kai Menssen.
Job getan, was jetzt noch kommt hängt nicht von mir ab.
Ich hänge allerdings auf dem Radständern und versuche wieder zu Kräften zu kommen. Also so richtig Spaß macht das ja eigentlich nicht, so lange es dauert. Und die ersten fünf Minute danach. Dann, aber kann man durchaus im Brustton der Überzeugung von Heldentaten berichten und um wie viel besser alles nächstes Jahr wird.
Jetzt müssen wir erst einmal sehen, wie unsere Läufer ins Ziel kommen. Allerdings passt mich meine Familie ab, und mein pubertierender Sohn nervt, dass er nach Hause will, was denn die ganze Scheisse hier soll und warum ich immer nur an mich sleber denke. Ich versuche nur, ihm meine nassen Socken in die Hand zu drücken. Und weil Janek vom Studententeam irrwitzig schnell unterwegs ist und ich auch noch volltrottelig erst einmal mein rad stehen lasse, sehe ich seinen Zieleinlauf nicht. Nachher stellts ich heraus, dass das Team wie im letzten Jahr den ersten Platz gemacht hat. Großartig, wenn sie das nächstes Jahr noch einmal schaffen, dann haben sie das Tripple und sich quasi bayern München des bremischen Triathlons. Der Läufer der Professoren kommt etwas später ins Ziel. Wir machen den 10. Platz, also ebenfalls einstellig (Definition von einstellig: „Eins an einer Stelle, keine weiteren signifikaten Zahlen“). Dsa ist vielleicht etwas enttäuschend nach dem vierten Platz im letzten jahr, aber wichtig ist, dass wir es überahupt geschafft haben ein Team an den Start zu bekommen und dass wir schlechter platziert sind als die Studenten. Das ist wichtig für die Atmosphäre an der Hochschule, wenn wir Profs ab und an die Deppen spielen.
Es gibt alkoholfreies Weizenbier, ich versorge meinen Körper mit lebenswichtigen Proteinen in Form von Currywurst imt Pommes and Mayo und jede Menge Feunde und Bekannte tauschen auf. Harald kommt und sieht wahnsinnig entspannt aus, seitdem er der Welt seinen Entschluß mitgeteilt hat dem Radsport zu entsagen. Wir werden Dich im Harz vermissen, Harald. Na ja, vielleicht kommst Du doch einfach mit, wir sagen es auch keinem.
Um die Wichtigkeit unserer Räder zu unterstreichen schliessen Phillip und ich unsere beiden Räder an einen Baum mit drei Schlössern fest und wir alle gehen in Richtubg Siegerehrung. Die Frauen werden geehrt und Silke kommt auf das Podium. KlatschKlatschKlatschKlatschKlatschKlatsch. Die Gewinner der Firmenstaffel sehen absolut nicht sportlich aus. Sollte uns der Teamname „Team Armstrong“ einen dezenten Hinweis geben warumd as nicht unbedingt notwendig ist? Dann kommt unser Studenten Team auf die Bühne and nimmt Preise und Pokale entgegen. Der Pokal kommt in mein Büro in die Sammlung. Der Rest darf zwischen den Siegern aufgeteilt werden. Philipp will nicht die schicke rosa Mütze und so fällt diese Anna zu. Für jeden gibt es einen riesigen Topf Sportnahrung und Gels und Müsliriegel und Trinkflaschen und all diese Sachen von denen man glaubt dass sie Sieger glücklich machen. Stolz zeigen die Studenten den Pokal, bevor ich diesen an mich reisse.
Optische Täuschung, tatsächlich ist das Ding so groß wie ein Kreuzfahrtschiff.
Bevor mir nun alle nach Hause gegangen sind, gab es noch eine wichtige Sache zu tun: Erinnerungsphotos zu schiessen. Es ist eine alte Tradition an der Hochschule, dass sich das besiegte Team dem siegenden Team unterwerfen muß. Wir Profs (und 14jährige noch nicht Profs) liegen im Staub der Geschichte und spüren die Stiefeltritte der Sieger. Natürlich haben wir es nicht anders verdient, nicht beim Triathlon und auch sonstwo nicht und völlig unabhängig vom Ergebnis.
Postskript: Nett ar es mal wieder, und dass es ab dem Start der Staffel nicht mehr geregnet hat, hat sicherlich zum Spaß beigetragen. Ich wünschte wir könnten noch mehr Teams an den Start schicken, also nicht nur „Studenten der Hochschule“ und „Profs der Hochschule“, sondern vielleicht auch „Bewerber an der Hochschule“ als Teil des Auswahlverfahrens, oder „Abgelehnte Bewerber der Hochschule“ als zusätzliche Strafe, oder einfach „Sonstige Stoffel der Hochschule“. Willst Du dabei sein? – wir sehen Dich dann 2014.
Danke für die Photos an Andreas, Olli und Harald.