Die besten drei … was auch immer.

Bicyling.com veröffentlichte heute einen Beitrag über die 16 besten Rennradfilme aller Zeiten (die nicht „Breaking Away“ heissen- der ist wohl für alle Zeiten als #1 gesetzt). Die Liste enthält die üblichen Verdächtigen („A Sunday in Hell“) und ein wenig Kunst („Bicycle Thieves“).

Vor ein paar Tagen wurde ich von einem alten Freund aus Aachener Studienzeiten angefunkt. Er hatte auf fb die Liste der zwölf Musikalben veröffentlicht, die ihn am meisten beinflusst haben und dies auch weiterhin tun, dann zwölf Freunde, unter anderem auch mich, markiert mit der Bitte dies genauso zu machen und somit weitere zwölf Freunde uns so weiter. Ich mache so etwas selten (kein besonderer Grund), aber es war Wochenende, es regnete draußen, ich lag halb krank im Bett und meine Familie war komplett an verschiedenen Orten unterwegs. Also, warum nicht? In den nächsten Tagen sah ich dann, was meine Freunde musikalisch als wegweisend, wichtig und permanent für sich betrachteten. Die Ergebnisse waren sehr interessant.Nicht im Sinne von musikalisch interessant, da gab es relativ wenig neues zu entdecken, zudem stammten die meisten Alben ohnehin aus unserer Jugend in den Siebzigern und Achtzigern. Aber interessant unter dem Aspekt: „Wie stelle ich mich als musikalisch eloquent nach außen dar?

Facebook ist, vor allem, ein soziales Netzwerk irgendwo in der Permanenz zwischen Gespräch und Brief und ohne Übersicht der Adressaten. Was ich damit sagen will sind zwei Dinge: Wir wissen nicht genau wie lange, dass was wir kundtun auf facebook für andere einfach verfügbar ist, bevor es unter einem Haufen anderer Dinge begraben wird. Manchmal suche ich einen alten Beitrag über eine bestimmtes Montageproblem und kann ihn nicht mehr finden, manchmal eben doch. Die Beiträge in facebook sind nicht wie ein Stapel Briefe mit Schleife in einer Schublade, die wir immer wieder lesen können, sie sind aber auch nicht so vergänglich wie ein Gespräch das wir einmal geführt haben und an das wir uns nur noch dunkel erinnern können.

Stand heute habe ich 253 Freunde auf facebook. Schreibe ich dort etwas, so kann es jeder von denen lesen, auch wenn ich das nicht bewusst beabsichtigt habe. So möchte in gerne bei meinen Rad-facebook Freunden damit angeben, dass ich mal wieder ein neues Rad gekauft habe, vergesse aber, dass meine Frau mitliest, die diese Botschaft nach Möglichkeit nicht erreichen soll. Daher die Garage, genannt Area 51, direkt hinterm Haus. Vor Jahren einmal postete ich im Auto auf dem Weg zu meinen Eltern. „On the highway to hell„, es folgte prompt das leicht irritierte „Spinnst Du? meiner Schwester. Das führt dazu, dass wir tendenziell belanglose, nicht kontroverse Dinge posten die alle irgendwie zufriedenstellen und niemanden aufregen. Schwer vorstellbar, dass ich etwas lobendes über Atomkraft, Scientologen oder Lance Armstrong schreiben könnte.

Lance Armstrong im Atomkraftwerk der Scientologen

Beide Punkte üben dann einen Einfluss auf, wenn man die Liste seiner Lieblings LPs zusammenstellt. Statt darüber nachzudenken, was einem ein Album einmal bedeutet hat, ist es wichtiger eine möglichst belanglose aber beeindruckende Liste von LPs zu veröffentlichen, mit denen im wesentlichen der eigene exquisite Geschmack des Boheme der man immer geblieben ist, die gesamte musikalische Bandbreite und die immer währende Treue zu den Klassikern der Jugend- im Gegensatz zu dem ganzen modernen Schrott – dokumentiert wird. In der Hoffnung alle anderen mögen keinen Anstoß finden und das ganze möglichst schnell wieder vergessen.

In meiner eigenen Liste ist das übrigens,nachdem ich einmal tiefer darüber nachgedacht hatte, ganz genauso, wenn auch leicht verschiedene Motive eine Rolle spielten. Nachdem ich das Ganze ein paar Tage später noch einmal durchsah, fiel mir auf wie wichtig es mir war den Eindruck zu erwecken, erstens nicht den Touch der Modernen verloren zu haben (deshalb fanden The Sounds ihren Eintrag) und zweitens das leichte Kontroverse zu forcieren (The Beautiful South). Tatsache ist allerdings, dass ich keine Alben mehr höre, sondern nur noch einzelne Songs, gepickt aus dem Angebot von Spotify. Alben sind langweilig, haben schlechte Songs, die wahre Auswahl müsste eine Liste von selbst zusammengestellten Tapes oder Playlists sein. Ich sah das phantastische Video von Tony Visconti über die Entstehung von Heroes von David Bowie, hörte mir das Album dazu an und war entsetzt von Songs wie V2 Schneider und Neukölln.

V2 Nina aus Neukölln

Gerechterweise hätten Alben wie „Ball Pompös“ von Udo Lindenberg aufgezählt werden müssen, denn es war die erste LP die ich mir jemals gekauft habe (vielleicht war es auch „Band on the run“ von The Wings) . Die erste Nina Hagen Band LP ist allerdings mit vollem Recht auf dieser Liste. Nie in meinem Leben hatte ich den größeren Wunsch eine LP zu besitzen als diese. Ich war ’79 auf einem Beruffindungsseminar in der Nähe von Bonn, Martin Kircher von EA80 hatte einen Walkman mit dem Nina Hagen Tape dabei und es war um mich geschehen. Ginge es nicht um Alben, sondern um Songs, so hätte „Yours sincerely“ von The Colour Field dabei sein müssen. Aber es ist eben facebook und nicht ein Gespräch mit TZ im Büro.

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Genauso ist es mit Rennrädern. Was sind die drei besten Rädern, die ich je besessen habe? Nun, die etwas langweilige Wahrheit ist nun mal, dass das Canyon Positivo das beste Rad ist, was ich je gefahren bin.

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Canyon ist als Marke wirklich nicht super sexy, Carbon Positivo ist nun mal kein Stahl und das Ding ist nicht so individuell wie etwas von Speedvagen, aber alles in allem und unterm Strich: Mit dem Canyon Positivo fahre ich viel und habe immer Spaß. Klar könnte ich auch etwas anderes aus der Garage holen, aber ich greife immer wieder auf das Canyon Positivo zu. Und das wäre dann für mich die Definition von „das Beste“. Nicht das beste Rad für die Stadt, nicht, dass am besten aussehendste Rad, nicht das mit dem meisten Prestige. Das Canyon hat das, was ein Rad gut macht. Und dabei hat es noch nicht einmal eine Campa Schaltung (Multishift!) sondern nur eine olle Ultegra, die ich von meinem Cervelo Soloist ab und da dran gebaut habe.

Ich liebe Stahlräder und die Technologie der Achtziger und Neunziger – nicht weil sie gut oder am besten ist, sondern weil ich sie beherrsche und sie mir Spaß macht. Mit würde es keinen Spaß am PC zu sitzen und die Software der Shimano Di2 zu hacken, oder einen Garmin irgendwie….auch keine Ahnung, Technik der 2010er ist mir nicht mechanisch genug und ich mache mir dabei nicht die Hände dreckig.

Das „zweitbeste“ Rad.ist schwieriger. Ich denke, es ist mein Union Fixie, das ich fast täglich benutze und das nach vielen Iterationen und Versuchen nun endlich so geworden ist,das es passt: Reifen, Laufräder, Bremsen, Steuersatz, Vorbau, Lenker, Lenkerband, Züge, Hüllen, Tretlager, Kurbel, Pedale, Schutzbleche, Kette, Ritzel – alles mindestens einmal getauscht und nun passt alles zusammen. Nur Rahmen, Sattel und Zugklemmen waren immer die gleichen. Fast. Denn die Suche geht immer weiter, was geht noch?

1602 Union Fixie Evo X 4

Die ewige Nummer Zwei: Union Fixie

Das Drittbeste Rad? Ich weiß es nicht. Ich weiß, dass ich ein paar Räder hatte, die mir nicht gefallen haben: ein blaues Olmo, das unglaublich lahm war, ein Faggin, das nicht wurde was es sollte, ein Moulton bei dem ich mir nicht sicher bin, was aus ihm wird. Nein, ein drittbestes Rad gibt es nicht.

Oder vielleicht wird es das Union Fixie, denn trotz aller Liebe zum Canyon, es wird alt und der Kauf eines neuen, wichtigen Rennrads steht dieses Jahr ins Haus. Mit dem nächsten Rad wird wieder alles besser.

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Eingeordnet unter 2016, Canyon Ultimate CF, Mob, Union

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