Auf und unter den Hund gekommen: RTF Delmenhorst

Während der Giro d’Italia aus der flachen Poebene in die Berge zieht, ziehen die Bremer raus nach Delmenhorst, um sich bei der dortiger RTF in der Form zu messen. Dick und dünn, schlau und doof, alte und junge Talente (siehe Bild), Campa- oder Shimanofahrer alles scheißegal. 

Vorweg: Bei der RTF rannte ein Labrador aus einem Gehöft am Streckenrand in eine Radgruppe und brachte, von allen ausgerechnet, Andreas zu Fall. Nach Aussage von Harald, der dabei war, waren seine ersten Worte: „Schalt mein Strava ab, so etwas versaut den Schnitt“ gefolgt von „Pass auf mein Rad auf!“, bevor der Schock einsetzte. Andreas musste ins Krankenhaus, Handgelenk ist gebrochen. Mist, Mist, Mist. 

Das ist in verschiedener Hinsicht schade,;Ok, mal genauer: Erstens ist Andreas ein Supertyp mit dem ich gerne fahre und noch lieber zusammen lache (Umberto!) , dann ist er dieses Jahr wirklich gut in Form und hat sich auf dem Rad sehr weiterentwickelt, so dass er nun keinem mehr ins Hinterrad fährt (Jörg, Harz 2012 oder so), und drittens wollten wir dieses Jahr zusammen den Giro Dolomiti in Angriff nehmen und darauf habe ich mich nun wirklich gefreut. Also: Gute Besserung.

„Humor heilt alle Wunden“ Vor allem der eigene. Und deswegen habe ich mich bemüht diesen Eintrag so zu schreiben, dass er möglichst Punktgenau Andreas extremen Humor trifft, mit allen Übertreibungen und Gemeinheiten. Auf dass es zur Gesundung beitragen möge.

Während sich im Rest der Welt und gerade in China, der Trend zum Rad abnimmt (Shimano meldet 16%, Mavic 5% weniger Umsatz)

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vermutlich weil sich jetzt fast jeder Chinese einen Volkswagen mit Lighweight Laufräder leisten kann, trafen sich 22 Fahrer am Subway in der Neustadt, um gemeinsam nach Delmenhorst zu fahren. Jemand frage mich später, ob da „komische Typen“ beigewesen wären, das kann ich nur verneinen:  Die Radler in Bremen sind alle nett und angenehm, bis auf ganz wenige Ausnahmen. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Typ, der sich bei facebook nach den RCB Montagsausfahrten immer lautstark beklagte, dass das angesagte Tempo von 28,64921 km/h mehrfach überschritten und er abgehängt wurde. Und dass wir dann auch noch wagten, eine der abgehängten Fahrerinnen wieder an das Feld heranzuführen. Dafür gibt es natürlich viele Gründe: Der erste ist, dass die Fahrerin am Ende „Danke“ sagte, was ich von dem noch nie gehört habe. OK, und der zweite, noch wichtigere Grund ist, dass die Fahrerin soviel besser aussah als er.

Na ja, der sollte mal dieses Jahr zum Montagstreff kommen und versuchen beim Heißdüsentraining mitzukommen! Da könnte er sich direkt bei uns beschweren, da wir dann vermutlich nach einer Wilstedtrunde wieder zurück sind, während er noch am Start steht.

Der Treff am Subway ist übrigens nicht zufällig gewählt: Altes Bremer Urgestein, so wie ich, wird sich noch daran erinnern, dass hier früher das Radgeschäft von Schröder war, dem größten und tollsten Radhändler in ganz Norddeutschland, an dem wir uns als Kinder die Nasen platt an den Schaufenstern drückten und die ganzen Colnagos, Olmos und Pinarellos anstarrten – Träume die uns niemals gehören würden. Zumindest bis wir 50 sind und endlich anfangen Geld zu verdienen.

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Schröder, war wohl auch mal Weltmeister

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Tanja

Dann kam Stadler, machte seine Riesenfiliale auf und nach einpaar Jahren war alles vorbei.

Nein, es waren keine komischen Typen da, aber wir fuhren ja gerade gemeinsam nach Delmenhorst, weil es da jede Menge komische Typen gibt und man da nicht allein durch die Gegend fahren sollte. Das beste an Delmenhorst, außer ein paar netten Menschen, die dort wohnen, ist die RTF und der Verein der diese organisiert. Und auch der Verein hat erkannt, dass man nicht lange in Delmenhorst verweilen sollte, sondern führt die Strecke zügig raus aus der Kleinstadt und lässt Sie in mehreren Schleifen das schönere und reichere Colnrade umrunden.

Am Start war quasi ganz Bremen vertreten und der typische Mix an Vereinstrikots die man so von den RTFs in der Gegend so kennt: RCB, RSC, RGB, RCD, BRC, BBC, Visbeck, Goldenstedt, Stuhr, Vegesack, Urania, Armstrong, Stern, St. Pauli, Wiegtritt,  – der Verein meldet die Rekordstarterzahl von 375 – und das sind ja nur die, die bezahlt haben; die Dunkelziffer an Menschen, die einfach mitfahren, weil Sie nach 40 km in Colnrade umsonst Bananen und Schokocrossis bekommen ist vermutlich noch mal so hoch. Jedenfalls war es am Start irre voll und ich hatte das Gefühl, als wenn ich die allermeisten irgendwie kennen würde.

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Kann den mal einer abholen hier?

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Wie jedes Jahr wurden wir in der kleinen Seitenstraße neben der Turnhalle versteckt. Als nun eines der wenigen Autos in Delmenhorst an der Schule vorbeifahren wollte sprang einer der Offiziellen mit der roten Flagge auf die Straße und gab den Start frei. Der arme Autofahrer musste mindestens eine Stunde warten, bis auch der letzte Liegeradfahrer auf der Straße war – zu diesem Zeitpunkt waren die ersten Heißdüsen bereits wieder zurück.

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Es ging zackig los, ist ja immer so bei den RTFs hierzulande, die ersten 20 km werden mit einem Schnitt von 40 km/h plus gefahren und die letzten 130 lässt man dann gemütlich ausrollen. Ich hielt mich an Thomas und Friedel, von denen ich weiß, dass die schneller sind als ich und versuchte möglichst weit nach vorne zu kommen, was mir auch gelang. Auf den ersten 10 km konnte ich die Spitze des Feldes immer noch gut sehen. Aber irgendwann ging mir dann doch die Puste aus und ich fand mich alleine mit Friedel, nein Klaus, auf freier Strecke. Nach und nach holte ich ein paar andere Herausgefallene ein, es kam aber keine Gruppe zustande und so kam es, wie es kommen musste, die nächste größere Gruppe holte mich ein und ich fuhr mit denen weiter. Dummerweise fiel ich da aber auch wieder raus. Und so landete ich in der dritten Gruppe und fuhr mit denen in einem sehr schnellen Schnitt die 40 km bis zur Verpflegungsstelle nach Colnrade.

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Während nun alle rausfuhren um dort Pause zu machen (bzw. bereits dort standen), hatte ich gar keine Lust, es war zu früh und ich hatte noch Power in den Beinen, daher einfach mal weiterfahren. Zum Glück waren auch noch 5, 6 andere Fahrer der gleichen Meinung und ich hängte mich an den starken Typ von Sprinter Emden, der gut Tempo machte. Das ging wirklich gut und machte echt Spaß. Bis zu dem Punkt als sich die Strecke teilte und ich weiter auf dem 120er/155er Kurs blieb, während der ganze Rest, inklusive des Sprinters sich auf den Weg zurück nach Delmenhorst auf der 80er Strecke machten. Klar, Sprinter fahren keine Langstrecken, das hätte ich mir auch denken können.

Zum Glück holte mich dann doch eine Gruppe von 4 Fahrern ein, die dann aber auch wieder auseinanderfiel. 10 km vor der Verpflegungsstation (es gibt nur eine, man fährt keine (80 km), eine (120) km oder zwei Schleifen (155 km) um diese herum) kam dann wieder die ganz schnelle Truppe die nun ihre Pause beendet hatte und mittlerweile deutlich kleiner war. An die hängte ich mich dran. Das klappte prima und als die dann wieder Pause machte dachte ich mir, das klappt doch prima, fahr doch einfach weiter und ich machte mich auf die zweite Schleife. Da war ich dann ganz alleine. Und die zweite Schleife, das weiß ich aus Erfahrung, ist nicht so toll ausgeschildert. Man ist müde, schaut nicht mehr so genau hin und schon hat man eine Abzweigung verpasst. Nachdem ich zwei oder drei Kilometer gefahren war und keinen Hinweis mehr gesehen hatte machte ich kurz halt – als der schwarze Powerranger an mir vorbeizog.

Das ging alles so schnell, aber ich könnte schwören, dass der Typ so aussah wie der schwarze ganz links auf dem Bild oben.Da wusste ich, das ich auf dem richtigen Weg bin.

Mich überholte noch eine schnelle Truppe von 10 Fahrern, aber das war alles, was ich an Beteiligung auf der 155er Strecke gesehen habe. Ich würde mal vermuten, dass von den 375 gestarteten, maximal 40-50 die lange Strecke gefahren sind, wenn überhaupt. Als ich nämlich zurück an der Verpflegungsstation war, konnte mir auch keiner sagen, ob da welche los, oder bereits wieder angekommen sind, ich war der einzige Fahrer überhaupt da. Die 120er waren schon wieder zurück.

Ich machte eine kurze Pause dort und mich dann alleine auf den Weg zurück nach Delmenhorst. Unterwegs überholte ich noch 2,3 andere, aber das hatte alles kein Potential zum Gruppenbilden – und schon war Delmenhorst City Limits erreicht.

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Jetzt hatte ich auch endlich einmal Zeit ein paar Fotos zu machen. Also, eins genauer gesagt, dass die schöne Streckenführung durch Delmenhorst zeigt.

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Schlußspurt auf der Straße des 17. Juni in Delmenhorst

Am Ziel wartete bereits die komplette Meute die sich heute en gross nur auf die 120er Strecke gemacht hatte. Da wurde ich gleich zweifach bestraft, denn erstens sagte mir Friedel, nein Klaus auf eine sehr nette Art und Weise, dass er meine lange Radhose nicht ganz passend für mich empfindet: „Die Hose sieht scheisse aus!“ Solche Dinge nehme ich mir immer sehr zu Herzen. Silvia sagte mir mal in den Dolomiten, dass man durch meine weiße Lieblingsbibshorts von Nippon-Francais-Cycling-Club durchsehen konnte – und die trug ich gerade einmal seit Anfang 2008. Am nächsten Tag schmiss ich sie weg – also die Hose, nicht Silvia.Und dann nahm ich alle meine Hosen aus dem Schrank und hielt sie gegen das Licht um diese auf Durchsichtigkeit zu prüfen. Zum Glück war alles in Ordnung.

Und vor einpaar Wochen äußerte sich besagte Silvia abfällig über meine roten Uniqlo Socken: „Liebestöter!“ Zuhause tat ich die gar nicht mehr in die Waschmachine sondern gleich in den Müll. Seitdem ich Silvia kenne, wird mein Schrank immer leerer. Und jetzt mit Friedel,nein Klaus … in ein paar Wochen laufe ich nur noch mit Assos Winterhandschuhen bekleidet durch die Gegend.

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Friedel, nein Klaus und Silvia im Gespräch, vermutlich über meine Klamotten

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Karin, Harald, Torsten – mal wieder nach langer Zeit

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Caro auch wieder fit

Und zweitens, hatte ich gerade einmal zeit bei dem Jungen aus dem Titel eine Bratwurst zu kaufen, bevor alle murrten und nach Hause fahren wollten, weil sie schon endlos lange dort sassen. Klar, die schon, ich aber nicht – aber alleine durch Delmenhorst nach Hause wollte ich auch nicht. Und so machte ich mich mit Caro, Silke, Andi, Friedel und Andres zurück nach den Weg an die Weser.

Dabei erzählte ich Caro von dieser irren russischen App „Find Face“ auf die man ein Foto hochlädt und dann wird auf VK (das ist facebook auf russisch) nach dem Profil gesucht, dass zu diesem Fotro passt. Das ganze ist gut bei Spiegel Online beschrieben und sehr schön ist auch das Projekt eines russischen Fotografens der Menschen in der U-Bahn in St. Petersburg fotografierte und dann diesem Foto ein Foto aus VK gegenüberstellt. Man sieht den Kontrast zwischen dem, wie wir gesehen werden und wie wir gesehen werden wollen.

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Ich habe dann findface benutzt um heauszufinden, wer der Junge am Bratwurststand ist, der oben im Titel erscheint.Nun weiß ich es, es handelt sich vermutlich um Artyom aus Murmansk.

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Ach so, ja, und dann habe ich mal geschaut, wer ich in Russland bin.

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Ein möglichst seriöses Foto führt zu der Vermutung, dass ich…

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Valdimir aus Amagnitogorsk oder Oleg aus Minsk bin.

Ach ja und mein Sohn Henri ist auch nicht der, für den er sich ausgibt, sondern Alexander aus Kiew.

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Auf keinen Fall werde ich den Fehler machen, nun bei meiner Frau nachzuschauen.

[Mit Fotos von Silke und der Dropbox von Urania Delmenhorst – Danke].

 

5 Kommentare

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5 Antworten zu “Auf und unter den Hund gekommen: RTF Delmenhorst

  1. Michael

    Sehr unterhaltsamer Bericht.
    Schönen Gruß an den Radsportler auf den Foto, mit den erhobenen linken Arm. Ich glaube es ist derjenige der sich beim ersten Stop nicht sicher war ob er sich ein Honigbrot gönnen soll, um dann beim zweiten Stop festzustellen das es keines mehr gibt. Sorry dafür !
    Bei der nächsten Delmenhorster RTF Teilnahme (2017) sein ihm eins garantiert !!!!
    Gruß vom Urania Verpflegungsstellen Team 🙂

  2. Das Foto von dem Jungen ist super! Das könnte auch ein Wes-Anderson-Filmplakat zieren. Ich hoffe, die Eltern verklagen Dich nicht dafür, die spinnen ja heutzutage manchmal so.

  3. Nee, alles gut. Hatte am nächsten Tag eine fb Freunde Anfrage vom Vater.

  4. Pingback: 12.000 km 2016. | there is no "I" in cyclyng

  5. Pingback: RTF. Das Delmenhorst Syndrom. | there is no "I" in cyclyng

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