
Above Bike ist einkleiner, sehr spezialisierter Radladen in Kawasaki in unmittelbarer Nähe der Brücke nach Futagotamagawa. David hat dort seinen Yamabushi Eigenbau lackieren lassen und ich fand dort einen wunderschönen Nagasawa Keirin Rahmen, als ich im April zu Besuch in Tokyo war.
Above Bike hat eine Menge Rahmen und Komponenten nach denen sich europäische Enthusiasten die Finger lecken würden, vor allem wenn es um Fixies, Keirin und NJS geht. Ganz hinten durch gibt es einen Aufbau, auf dem ca. 20 Rahmen, von Cyclo Cross bis Keirin gelagert sind und dort stach mir der metallisch-blaue Nagasawa Rahmen ins Auge: „Wow, der könnte meine Größe haben!“
Rahmen die bei japanischen Keirin Rennen benutzt werden dürfen, werden nur von einer Handvoll japanischer Rahmenbauer gefertigt die eine NJS Zulassung haben. Zu den bekanntesten Marken gehören Panasonic, Bridgestone, Samson, Nagasawa, Kalavinka, 3Rensho und Makino. Nicht alle Rahmenbauer sind noch aktiv, ab und an verliert einer auch seine Zulassung wie im Falle von Vivalo. Das Angebot wird daher eher geringer, einen guten Überblick kann man sich auf der NJS Export Website verschaffen. Da die Rahmen in der Regel für japanische Keirin Pros gefertigt werden und diese eben Japaner sind, sind die Rahmengrößen etwa zwischen 50 und 56 cm; es ist relativ schwierig einen größeren Rahmen zu finden. Der Nagasawa Rahmen bei Above Bike war 60cm – sah gut aus und ich hatte das Gefühl dass ich ihn haben sollte.
Nagasawa ist ein Ein-Mann-Betrieb in Osaka. Mr. Nagasawa, mittlerweile 66 Jahre alt, baute zum Beispiel die Rahmen für Nakano Koichi der darauf 10 aufeinander folgende Weltmeisterschaften im Sprint gewann.

Koichi Nakano mit Nagasawa Keirin Rahmen
So etwas kann also nicht wirklich schlecht sein. Leider gehörte der Nagasawa Rahmen nicht dem Laden. Er war von einem Kunden dort platziert worden der sich nicht entscheiden konnte, ob er ihn umrüsten oder verkaufen wollte. Above Bike wollte sich erkundigen, ob der Rahmen zum Verkauf steht, wenn ein unwiderstehliches Angebot kommen sollte.
Ich machte mich mit David auf dem Weg zu einem anderen Laden, C Speed, der von unserem gemeinsamen Freund Hiroshi geführt wird. Zum Glück hatte ich meinen Helm bei Above Bike vergessen und als ich zurück kam und ihn abholen wollte sagte mir die Frau des Besitzers, dass der Eigentümer einem Verkauf zugestimmt hatte, zu einem gerade noch nicht unverschämtem Preis. Ich machte eine Anzahlung, später eine weitere und den Rest übernahm die japanische Post und der deutsche Zoll. Ein paar Wochen später war der Rahmen in Bremen.
Dadurch war genug Zeit vorhanden zu überlegen wie das Teil aufgebaut werden sollte. Der allererste und naheliegendste Gedanke ist: Alles komplett NJS, am besten auch noch Gruppenrein Shimano Dura Ace oder Suntour, oder irgendetwas exotisches wie Suzue. Da die Chance den Rahmen aber intensiv zu fahren ohnehin wegen mangelnder Funktionalität und hohem „da darf nix passieren mit dem Rad“ Angstfaktor nicht gerade hoch ist, kam die zweite Alternative zum tragen: Schauen was im Keller ist, was könnte vom Design her gut passen und den Rest passend dazu kaufen.
Der Rahmen ist in einem sehr schön glänzenden blau lackiert mit sehr wenigen Beschädigungen. Neben den orangen Schriftzügen am Unterrohr sind die Muffen gelb ausgelegt. Noch viel mehr orange machte da wenig Sinn. Da ohnehin die viel zu guten Laufräder meines Bassos zum Einsatz kommen würden war das Thema in der Kombination „Schwarz/Silber“ quasi vorgegeben und so schaute ich mich nach entsprechenden Komponenten um.
Im Keller hatte ich seit einiger Zeit eine Rino Aero Kurbel mit den charakteristischem schwarz-silbernen gelöcherten Kettenblättern. Und dazu auch ein Rino Leader Sattelstütze in der passenden Größe (27,0 mm). Die gravierten Rino Logos lassen sich prima mit der Rahmenfarbe ausmalen. Das alles passt überhaupt nicht zum Thema „Keirin“ und gut zum Rad.
Am Freitag Abend war endlich alles aufgebaut, das vorläufige Endergebnis heute photographiert:

von der Seite

von seitlich vorne

von hinten

und, wer hätte das gedacht, von halbschräg-hinten unten
Ein paar Details.



San Marco Supercorsa Sattel aka „Geierschnabel“ auf rot und blau ausgelegter Rino leader Stütze über Nagasawa Muffe. Nicht NJS und trotzdem schön.

San Shunen Logo des alten Besitzers. Basiert auf einem sehr kompliziertem japanischen Witz, den ich selber nicht verstanden habe noch erklären könnte und kopiert charmant das 3Rensho Logo. Dahinter links ein Kashimax Five Star Gold Top Tube Protector. Ja, so etwas braucht man an einem Bahnrad, vor allem dann, wenn sich der Steuerkopf (Hatta Swan) fast ohne jeden Widerstand drehen lässt – das habe ich noch nirgendwo so gesehen. Wie alles von Kashimax einfach sündhaft teuer und NJS. Rechts davon ein kurzer Nitto NJS Vorbau aus dem Positivo Laden von Nagai-San. Der Vorbau ist Keirin-spezifisch kurz, denn obwohl der Rahmen eine Größe von 60 cm hat, ist das Oberrohr nur 56 cm lang – das ist klassische Keiringeometrie, klein und gedrungen.

Nitto B125 Lenker von dem blauen Basso mit orangen Track Grips.

Gelb ausgemalte Muffen, bahnradtypischer Minifreiraum zwischen Reifen und Gabelkrone. Die Reifen sind Tufo S3 Schlauchreifen, für die Bahn ginge das natürlich noch filligraner und dünner.

Ausfallenden von Nagasawa mit MKS NJS Kettenspannern. Funktioniert gut, könnte aber sein, dass ich übertrieben und zuviel Spannung auf die Kette gebracht habe.

Absolut unmöglich Bremsen anzubringen – bis auf Dia Compe Trackbremsen, dafür ist die Gabel auch vorbereitet. Aber richtig bremsen tut das auch nicht. Japanische Flagge mit Weltmeisterstreifen, in Referenz an Nakano Koichi.

Der Laufradsatz: Ticino Sheriff Stern Kopie Naben mit DT Swiss Revolution Speichen und Mavic SSC Roubaix Schlauchreifenfelgen. Wie gesagt, passt nicht zu einem Bahnrad und sieht trotzdem gut aus.

Rino Aero Kurbel, Campagnolo Kurbelschrauben und Izumi (non-NJS) Kette, alles irgendwie silber-schwarz abgestimmt. Auch die Pedalen: MKS RX-1 mit MKS Alu Haken und schwarzen Christophe Pedalriemen.


Hier noch eine Detailaufnahme von den Pedalen. Hochglanzpoliert, extrem leichtgängig und mit sehr sehr kurzer Pedalplatte vorher. Die Muttern zur Befestigung der Haken sind eigentlich annötigt, denn die Bohrungen in der Pedalplatte sind mit Gewinden versehen. Muttern mit integrierter Unterlegscheibe passen wegen der Platzverhältnisse ohnehin nicht rein.
Wie fährt sich das ganze denn nun?
Unaufgeregt schön, wäre vielleicht eine gute Umschreibung. Heute mit Bremse in die Stadt (aufregend) und ohne Bremse zurück (noch aufregender). Die Bahngeometrie fährt sich ganz normal, das Rad ist nicht nervöser, wendiger, Spurtreuer oder sonstwie anders als andere gute Stahlrahmen. Es ist nur schöner.

Und hat einen stolzen Besitzer der nun auf Sonnenschein auf Dauer in Bremen hofft.

Danke an Harald für die Photos heute. Harald hatte mich nicht nur trotz Urbancamoflage erkannt, sondern blieb auch noch stehen und machte Photos.
