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Die Schweiz. Von hinten.
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Von Basel nach Aarau und zurück
Nach einer kurzen Nacht im Hotel City Inn am Baseler Bahnhof ging es gestern mit dem Rad von Basel nach Aarau. Und zurück.
Das CityInn, falls jemand jemals nach Basel kommen sollte, ist übrigens das gleiche Hotel wie das Grand Hotel Euler. Während aber dort schon Wim Thoelke, Senta Berger und andere Größen übernachtet haben, wie man an den gerahmten Autogrammkarten im Frühstückssaal sehen kann, ist dsa CityInn der Trakt des Hotels im Hinterhaus. Ich musste durch lange Korridore drei Stockwerke hoch mit Rad und Zeug und endete in einer Dachkammer, in der vermutlich früher der Fahrer von Wim Thoelke geschlafen hatte. Entsprechend wurde ich dort auch behandelt. Ich rächte mich, indem ich mit den Reichen und Schönen gemeinsam das Frühstück auf der Terrasse einnahm und anschließend dort mit nacktem Oberkörper Pulsgurt und Funktionsunterwäsche anlegte. Das erntete mir viele Blicke der Reichen und Schönen – bewunderte wie ich vermuten darf.
Jedenfalls hat Basel was. Alleine der Bahnhof ist schon gigantisch groß.
Und das ist noch nicht einmal der Hauptbahnhof (Basel SBB), sondern der Nebenbahnhof Bad Basel. Da kann sich Bremen mit fünf Mal mehr Einwohnern schon eine Scheibe abschneiden. Aber auch ansonsten hat Basel was. Vielleicht lag es einfach am schönen Wetter nach all den Tagen und dem langen Winter und dem nicht kommenden Frühling, aber es gab so viele gut aussehende Mensch auf so vielen schönen, alten Rädern. Die ganzen Mondias, Cilos und Titans aus der Schweiz, es war eine Freude durch die Stadt zu gehen und sich umzuschauen.
Ich hatte mir diesmal den nationale Radweg Nr. 3 ausgeschaut. Die Veloland Schweiz hat eine Menge Routen parat, und diese hier schien mir, nach Ansicht des Höhenprofils doch ganz geeignet. Diese Radwege sind übrigens wirklich gut ausgeschildert für Radtouristen. Sie haben allerdings auch den Nachteil, dass sie eben nicht auf schnellen Haupt- und Landstraßen verlaufen, sondern auf Nebenstraßen und Wohngebiete. Draußen auf dem Land ist das ganz schön, aber in der Stadt sind die ganzen Abbiegungen und das fahren durch Kinderreiche Straßen einfach nur nervig und gefährlich; da fühle ich mich auf den Hauptstraßen schon wohler.
Uns so kam ich schnell von Basel durch Muttenz, Pratteln und Frenkendorf nach Liestal. Bis weiter nach Sissach und Ormalingen war es relativ flach, aber dann führte die Seitenstrasse weg von der Landstrasse und das klettern begann. Das machte bei diesem Wetter richtig Spaß und führte mich in das Dorf Oltingen, wo auf einmal keien schilder mehr zu sehen war. Ich irrte durch die riesige Stadt, zum Glück hatte ich alle Straßen innerhalb einer Viertelstunde durchfahren. Zum Unglück legte ich dabei gefühlte 200 Höhenmeter zurück. Schließlich fragte ich ein paar einheimische Patienten, die vor dem Gemeindehaus in der Sonne herumlungerten – ja, ich war richtig und schon fing das richtige klettern an. Vorher gab es einen Hinweis, 370 m Höhenunterschied auf 9 km, aber davon waren halt 230 nach Oltingen auf den letzten drei Kilometern und einige Steigungen waren deutlich jenseits der 10% und relativ lang. Wie Radtouristen das schaffen sollen verstehe ich nicht, aber ich sah auch keine die ich hätte fragen können. Oder die lagen alle kotzend in den Büschen.
Aber schön war es doch, ein Bach lief der Strasse lang und oben auf dem Schaffmatt bei 810m gab es eine herrliche Aussicht.
Aussicht auf Höhe 810 m am Schafmatt.
Aussicht auf Höhe Null auf das matte Schaf.
Ja, es war schon recht anstrengend und der viele Regen und das lange Nichtstun seit dem durchaus aufbauenden Trip nach Mallorca waren auch nicht gerade gut für die Kondition gewesen. Und in einem Monat bin ich in Oberstdorf. Und in zwei Monaten in der Sierra Nevada. Vielleicht sollte ich doch kneifen.
Von dort aus ging es dann fast nur noch bergab Richtung Aarau, das sind dann auch nur noch 14 km. In Aarau machte ich noch nicht Mal Rast, denn ich hatte über drei Stunden für die 57 km gebraucht, das geht gar nicht und gehört durch Rastentzug bestraft. Aarau ist auch sehr mittelalterlich: Kopfsteinpflaster, Stadtmauern und Tore, steile Rampen, zwei Plattenläden fast direkt nebeneinander in der Altstadt – also kaum Fixie und Fixiefahrer geeignet.
Aarau – nichts für Fixies.
Keine Atempause, Geschichte wird gemacht, es geht voran
Zurück verirrte ich mich erst einmal im Wald, aber dann kam ich nach Stüsslingen, wo der wirklich fiese Anstieg auf as Schafmatt wieder beginnt. 350m Höhenunterschied auf 5 km klingen ja auch nicht so schlimm, aber einige von den Rampen sind halt sehr steil. Ich musste dann tatsächlich eine Pause einlegen, etwas, was mir seit Mallorca und der Transalp 2011 nicht mehr passiert ist. Meine beine waren aber auch wirklich Pudding, zumal mir der Vortag auch noch gut in den Knochen lag.
Dann schaffte ich es endlich wieder hoch auf das Schafmatt, wo eine freundliche Schweizerin ein Foto von mir machte.
Zweieinhalb Stunden später: Mattes, trinkendes Schaf.
Damit war aber auch das Schlimmste geschafft, es gab noch ein paar Minianstiege, aber mit dem Wind im Rücken fuhr ich hauptsächlich die großen Landstraßen wieder zurück nach Basel. Ich verpasste meinen Zug dann ziemlich genau um eine Viertelstunde, denn auch der Weg zurück hatte fast drei Stunden gedauert. Die freundliche Dame am Schalter verkaufte mir dann erst ein Ticket für den ICE, was mich wunderte, da man ja dort keine Räder mitnehmen darf. Das korrigierte sie dann und verkaufte mir Erste Klasse für einen Zug, in dem es keine erste Klasse gab. dafür wartete ich dann aber auch mehr als drei Stunden am Bahnhof Basel.
Machte nichts, da Wetter war schön, Basel war schön und ich war müde, glücklich und froh wieder nach Bremen zu kommen. Übrigens kann man für relativ wenig Geld mit dem Schlafwagen (City Night Liner) nach Basel fahren, also zum Beispiel Freitag Abend los, Samstag fahren, dort übernachten, Sonntag fahren, dort übernachten, Montag fahren und dann mit dem CNL wieder zurück durch die Nacht. Und dam Dienstag dann gleich vom Bahnhof zur Arbeit. Die Schweiz ist gar nicht so weit weg von Bremen.
Wo die Zweifel hingehören.
Eine der großen Vorteile so etwas ähnliches wie ein Prof an einer dualen Hochschule zu sein ist die Möglichkeit alle drei Monate einen Haufen Studenten in ihren Unternehmen in Halb-Europa zu besuchen. Auch nach einer ganzen Weile ist es immer wieder erstaunlich, wie viel man bei den Gängen durch die Läger und Bürotürme dieser Welt lernen kann. Am Mittwoch sah ich zum Beispiel ein „Grill-Lager“ für die Schweiz. Tausende von Grillen, die darauf warteten beim ersten warmen Tag des Jahres an Konsumenten verschickt zu werden. Denn wenn die Sonne auf den Balkon strahlt, dann denken 67 von 100 Männern: „Wow, jetzt könnten wir ja grillen.“ Und kaufen sich bei dieser Gelegenheit einen neuen. Nebenbei, der Trend geht zum Zweitgrill.
Sieht man diese tausende von Grills, so erwartet man in den nächsten Tagen dicke schwarze Rauchwolken über der Schweiz. Oder, man denkt sich, einfach die Tore abschließen und schon ist ein erheblicher Teil der Ursachen für die globale Erwärmung eliminiert.
Fast noch besser war das Lager für Alkohol, Parfüm, Schokolade und Tabak im Keller. Das Zeug wird von dort aus zentral an die Dutyfreeläden an Flughäfen in Europa verschickt. Russen trinken am liebsten Chivas Regal. Und zwar in Massen. Ich sah einen Berg von Jack Daniels, mehr als alle meine Freunde und ich zusammen jemals trinken werden. Ist übrigens Gefahrgut. Die Russen, die das dann trinken werden dann zum Gefahrgut.
Heute konnte ich von Hurden aus endlich auch ein wenig Radfahren. Eigentlich dachte ich: Furka Pass, Stelvio oder mindestens der Sustenpass, aber in Hinsicht auf körperliche Erschöpfung und Trainingsrückstand musste eine Runde um den Zürchersee reichen. Das Wetter war traumhaft, die Schweiz sah aus wie ein riesiges Rubbelbild aus einem Reiseprospekt dass in die Landschaft geklebt worden war. Ich fuhr erst einmal nach Rapperwil, holte mir traumhafte leckere Brezel und pedalierte dann Richtung Zürich. In der Schweiz wird grundsätzlich alles ge-iert. Man grilliert z.B. recht häufig, aber das hatte ich ja bereits erwähnt.
Die Straße war recht voll aber zum Glück gibt es gut markierte Radstreifen. Ich überholte mehrere Rennradfahrer, einer von denen rotzte gerade in dem Moment als ich an seinem Hinterrad lutschte nach hinten, ich schrie „Vorsicht“ und so kamen wir ins Gespräch. Ich denke, dass ist die beste Art und Weise ins Gespräch zu kommen, besser als „Schönes Rad“ oder „Deine Kette braucht Öl.“. Der eine fühlt sich schuldig weil er unbemerkt lutscht, der andere weil er gerade Körperflüssigkeiten austauscht.
Durch Zürich geht es nicht sehr schnell, die Seepromenade war voll von gutaussehenden Menschen, die Männlichen entweder im Jacket oder mit nacktem Oberkörper. Es gab viel zu sehen und mich erstaunt immer wieder der ganze Reichtum der dort zur Schau getragen wird. Wären wir nicht so bescheuert gewesen und hätten zwei Kriege angezettelt und uns in der Konsequenz in Grund und Boden bomben lassen, dann hätten wir vielleicht auch all diese schönen alten Häuser, die großen Banken und die grünen Wiesen. Na gut, wir hätten dann auch noch den Kaiser und ein Ständeparlament. Ich wäre dann vermutlich Landwirt heute.
Zusammen mit zwei anderen Radfahrern ging es dann am See entlang Richtung Pfäffikon. Hier war es schon ein wenig hügeliger aber nicht zu sehr. Die längste Distanz hatte ich nun hinter mir, aber in „Lachen“ verfranzte“ ich mich total. Auf einmal war ich im Golfpark Nuolen und der hatte ähnlich fiese Steigungen wie die Ueno Golf Hills in Japan auf dem Weg nach Tsuru. Fiese Steigungen von über 10% die ich nicht mehr gewohnt war.
Warum, so frage ich mich, erlebt man im Alter eigentlich so wenig neues? Alles ist irgendwie so wie etwas anderes, dass bereits war. Obwohl, nach näherem Überdenken stimmt das auch nicht, einige meiner Studierenden setzen gerade ganz neue Maßstäbe in der Anfertigung ihrer Bachelorarbeiten.
Mit Hilfe der Minikarten auf dem Blackberry fand ich den Weg nach Tuggen.
Ja ich weiß, eigentlich sollte ich viel näher an diesen Schneebedeckten Dingern im Hintergrund sein, aber ich hatte eine anstrengende Woche hinter mir – der deutschen Bahn sei wieder einmal gedankt.
In Tuggen konnte ich nun endlich die Wasserflasche auffrischen und dann auf die andere Seite des Sees kommen. Alle Zweifel fielen nun von mir ab. Ein Schild am Wegesrand machte mich darauf aufmerksam, dass meine Zweifel nun zuhause waren – Zweifel kommen und gehen eben schneller als ein Rennrad das nur 30 bis 40 Sachen auf flacher Strecke fährt.
So, dann noch über ein paar kleinere Hügel und eine fiese Umleitung weg vom See über eine paar größere Hügelund ich war wieder in Rapperswil.
Eine schöne Tour, zweifelsfrei. Dann weiter nach Basel und morgen dann vielleicht mit dem Rad von Basel nach Aarau und zurück.
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Da fiel mir plötzlich wieder ein, was ich vermisste.
Yep. Jetzt noch einen Tag Geschäft und dann ist erst einmal Schluß mit Höhenmeter sammeln auf Autobahnbrücken. @Schweiz.