Wo die Zweifel hingehören.

Eine der großen Vorteile so etwas ähnliches wie ein Prof an einer dualen Hochschule zu sein ist die Möglichkeit alle drei Monate einen Haufen Studenten in ihren Unternehmen in Halb-Europa zu besuchen. Auch nach einer ganzen Weile ist es immer wieder erstaunlich, wie viel man bei den Gängen durch die Läger und Bürotürme dieser Welt lernen kann. Am Mittwoch sah ich zum Beispiel ein „Grill-Lager“ für die Schweiz. Tausende von Grillen, die darauf warteten beim ersten warmen Tag des Jahres an Konsumenten verschickt zu werden. Denn wenn die Sonne auf den Balkon strahlt, dann denken 67 von 100 Männern: „Wow, jetzt könnten wir ja grillen.“ Und kaufen sich bei dieser Gelegenheit einen neuen. Nebenbei, der Trend geht zum Zweitgrill.

Sieht man diese tausende von Grills, so erwartet man in den nächsten Tagen dicke schwarze Rauchwolken über der Schweiz. Oder, man denkt sich, einfach die Tore abschließen und schon ist ein erheblicher Teil der Ursachen für die globale Erwärmung eliminiert.

Fast noch besser war das Lager für Alkohol, Parfüm, Schokolade und Tabak im Keller. Das Zeug wird von dort aus zentral an die Dutyfreeläden an Flughäfen in Europa verschickt. Russen trinken am liebsten Chivas Regal. Und zwar in Massen. Ich sah einen Berg von Jack Daniels, mehr als alle meine Freunde und ich zusammen jemals trinken werden. Ist übrigens Gefahrgut. Die Russen, die das dann trinken werden dann zum Gefahrgut.

Heute konnte ich von Hurden aus endlich auch ein wenig Radfahren. Eigentlich dachte ich: Furka Pass, Stelvio oder mindestens der Sustenpass, aber in Hinsicht auf körperliche Erschöpfung und Trainingsrückstand musste eine Runde um den Zürchersee reichen. Das Wetter war traumhaft, die Schweiz sah aus wie ein riesiges Rubbelbild aus einem Reiseprospekt dass in die Landschaft geklebt worden war. Ich fuhr erst einmal nach Rapperwil, holte mir traumhafte leckere Brezel und pedalierte dann Richtung Zürich. In der Schweiz wird grundsätzlich alles ge-iert. Man grilliert z.B. recht häufig, aber das hatte ich ja bereits erwähnt.

Die Straße war recht voll aber zum Glück gibt es gut markierte Radstreifen. Ich überholte mehrere Rennradfahrer, einer von denen rotzte gerade in dem Moment als ich an seinem Hinterrad lutschte nach hinten, ich schrie „Vorsicht“ und so kamen wir ins Gespräch. Ich denke, dass ist die beste Art und Weise ins Gespräch zu kommen, besser als „Schönes Rad“ oder „Deine Kette braucht Öl.“. Der eine fühlt sich schuldig weil er unbemerkt lutscht, der andere weil er gerade Körperflüssigkeiten austauscht.

Durch Zürich geht es nicht sehr schnell, die Seepromenade war voll von gutaussehenden Menschen, die Männlichen entweder im Jacket oder mit nacktem Oberkörper. Es gab viel zu sehen und mich erstaunt immer wieder der ganze Reichtum der dort zur Schau getragen wird. Wären wir nicht so bescheuert gewesen und hätten zwei Kriege angezettelt und uns in der Konsequenz in Grund und Boden bomben lassen, dann hätten wir vielleicht auch all diese schönen alten Häuser, die großen Banken und die grünen Wiesen. Na gut, wir hätten dann auch noch den Kaiser und  ein Ständeparlament. Ich wäre dann vermutlich Landwirt heute.

Zusammen mit zwei anderen Radfahrern ging es dann am See entlang Richtung Pfäffikon. Hier war es schon ein wenig hügeliger aber nicht zu sehr. Die längste Distanz hatte ich nun hinter mir, aber in „Lachen“ verfranzte“ ich mich total. Auf einmal war ich im Golfpark Nuolen und der hatte ähnlich fiese Steigungen wie die Ueno Golf Hills in Japan auf dem Weg nach Tsuru. Fiese Steigungen von über 10% die ich nicht mehr gewohnt war.

Warum, so frage ich mich, erlebt man im Alter eigentlich so wenig neues? Alles ist irgendwie so wie etwas anderes, dass bereits war. Obwohl, nach näherem Überdenken stimmt das auch nicht, einige meiner Studierenden setzen gerade ganz neue Maßstäbe in der Anfertigung ihrer Bachelorarbeiten.

Mit Hilfe der Minikarten auf dem Blackberry fand ich den Weg nach Tuggen.

1306 Tuggen Blick

Ja ich weiß, eigentlich sollte ich viel näher an diesen Schneebedeckten Dingern im Hintergrund sein, aber ich hatte eine anstrengende Woche hinter mir – der deutschen Bahn sei wieder einmal gedankt.

In Tuggen konnte ich nun endlich die Wasserflasche auffrischen und dann auf die andere Seite des Sees kommen. Alle Zweifel fielen nun von mir ab. Ein Schild am Wegesrand machte mich darauf aufmerksam, dass meine Zweifel nun zuhause waren – Zweifel kommen und gehen eben schneller als ein Rennrad das nur 30 bis 40 Sachen auf flacher Strecke fährt.

1306 Tuggen Zweifel

So, dann noch über ein paar kleinere Hügel und eine fiese Umleitung weg vom See über eine paar größere Hügelund ich war wieder in Rapperswil.

1306 Raperswil Seepromenade 2 1306 Raperswil Seepromenade

Eine schöne Tour, zweifelsfrei. Dann weiter nach Basel und morgen dann vielleicht mit dem Rad von Basel nach Aarau und zurück.

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Eingeordnet unter 2013, Canyon Ultimate CF, Mob, Touren

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