Herausforderung.

Der Duden definiert das u.a. und als erstens als eine Aufforderung zum Kampf.

Ich würde da gerne den Aspekt zufügen, dass es die Aufforderung sein kann, die sich jemand selber stellt, oder die einem gestellt wird und, ob es sich um einen neuen Kampf handelt, oder der Kampf um etwas bestehendes. Was davon ist am schwierigsten?

DSCF2040.JPG

1. Im Winter auf das Rad steigen und fahren

Ganz ehrlich: Es macht mir wenig Spaß, und deswegen ist es so herausfordernd. Es zwingt mich auch niemand dazu, ich fahre in einer Gruppe, die sich regelmäßig im Winter trifft und ich habe auch kein größeres Verlangen danach. Wenn ich mich aber dann doch aufraffe, dann bin ich zumindest hinterher froh, es getan zu haben. Letztens war ich mal wieder an der Humorlosen Kirche und statt die Straße an Weser und Wümme zurückzufahren, habe ich mich durch den Dreck am Stahlwerk gewühlt. Dazu bin ich möglichst schnell gefahren, mit vollem Risiko mich auf die Fresse zu legen. Nur diese Brücke über einen der kleinen Gräben bin ich sehr langsam angefahren, denn letztendlich hatte ich keine Lust auf den schlüpfrigen Bohlen auszurutschen, ins Wasser zu fallen und dann 30 km nass nach Hause zu fahren.

Ich mache das alles nur aus einem einzigen Grund: Wenn ich jetzt nicht fahre, dann macht es im Sommer danach ohne Form keinen Spaß. Ich fahre unheimlich gerne im Sommer, und es macht noch mehr Spaß wenn ich leicht bin, gut die Berge hoch komme und ordentlich Power in den Beinen habe. Meistens ist das so ein Moment im Frühling, wo ich merke, jetzt stimmt es wieder, ich kann die ganze Steigung durchziehen ohne aus der Puste zu kommen. Das gepaart mit der Frühlingsluft, ist der Moment auf den ich warte, und der sollte möglichst früh kommen. Es wird nie einfacher, man wird nur schneller.

Eine Herausforderung die jeden Winter kommt und zu der ich mich selbst auffordere.

1108-bayern-romanik-kaido-1

2. Immer wieder an den gleichen Rädern zu basteln

Ein neues Rad macht nicht schneller, jedenfalls nicht, wenn man bereits ein Canyon mit Ultegra Ausstattung und guten Laufrädern hat. Vermutlich würde es sogar eine neue Tiagra 4700 2×10 Schaltung auch tun, aber das ist ja leider politisch nicht korrekt. Trotzdem, ein neues Rad zu kaufen ist einer Herausforderung aus dem Weg zu gehen. Die entscheidende Frage ist, was kann ich an meinen Rädern noch weiter verbessern, um sie eben noch ein kleines wenig schneller, leichter, komfortabler, praktischer, stabiler, besser aussehend oder einsatzfähiger zu machen. Die Suche nach dem besten Lenkerband, einer neuen Kurbel, dem richtigen Werkzeug in der richtigen Satteltasche, dem hellen Rücklicht, Schutzblechen, dem passenden Reifen für die Jahreszeit, all das hört niemals auf. Ich habe zwei Räder, ein Canyon und ein Union Fixie, mit dem ich über 90% meiner Kilometer abspule. Außer dem Rahmen und ein paar Kleinigkeiten ist da seit dem Erstaufbau nicht viel gleich geblieben. Viele Veränderungen haben etwas gebracht, andere waren nicht gut und wurden wieder entfernt. Ein Quantensprung in Benutzbarkeit brachten zum Beispiel die Honjo Schutzbleche mit Spritzlappen an dem Union Fixie – seitdem fahre ich das Ding bei jedem Wetter. Aus diesem Grund habe ich mir auch kein neues Rad mehr gekauft, sowohl Union als auch Canyon fahre ich seit 2011 und es ist nicht absehbar, dass sich daran etwas ändern wird. Alle meine anderen Räder haben entweder einen komplett anderen Zweck (Olmo, Peugeot, Nagasawa sind für die Vitrine; das Umberto Dei ist das Schmuckstück für die Eisdiele) oder sind Ersatz: das Basso Loto und das Basso Blau sind die schlechten Tage Ersatzräder für das Canyon bzw. das Union. Und bei dem Moulton bin ich mir noch nicht sicher was genau es ist.

Sich immer wieder die Frage stellen, was geht noch? Anstatt das Rad in die Ecke zu stellen und sich ein neues zu kaufen. Immer wieder die gleiche Herausforderung von den gleichen Rädern.

3. Anders zu trainieren.

Ich bin seit einiger Zeit, genau gesagt seit fast drei Jahren Mitglied in einem Sportstudio. Es ist das am schlechtesten organisierte, arroganteste Sportstudio das ich kenne und ich könnte ganze Absätze darüber schreiben, was mir dort schon alles passiert ist. Trotzdem gehe ich dorthin, die Grundidee dabei war, dass ich im Winter weniger Rad fahre und dafür mehr im Studio trainiere – und vor allem nicht nur die Beine, so dass mir eine gewisse Grundbeweglichkeit erhalten bleibt. Ich hatte mal mit Krafttraining und Geräten angefangen aber schnell festgestellt, dass mir das gar nichts bringt – ich nehme davon zu, bin lustlos danach und richtig Spaß macht das alles auch nicht. Mit einer Ausnahme: Auf dem Crosstrainer extrem laut Musik zu hören und sich dabei zu verausgaben ist großartig. Auf der Strasse macht mich das nervös, aber im Studio, wo ich im schlimmsten Fall von dem Ding runterfalle ist das wirklich großartig.

Eigentlich wollte ich in so etwas, was meine Generation als „Aerobic Kurs“ beschreibt und dort mit Mädels leicht rumhüpfen. Nachdem ich dann feststellen musste, dass dort auch einige von meinen Studenten mitmachen war mir das alles so peinlich, dass ich ich wieder und wieder nicht aufraffen konnte das einmal auszuprobieren. Dann gab es einen wirklich miesen Tag im Büro und da mir dann sowieso alles egal, bin ich in diesen Kurs „Body Attack“ gegangen. Wohlgemerkt, diese Entscheidung hat mich mehr als zweieinhalb Jahre Zeit gekostet. Leider oder zum Glück gibt es eben nicht sooo viele schlechte Tage im Büro.

Ich will hier nicht schreiben, dass Body Attack super ist und dass das unbedingt jeder einmal ausprobieren sollte, das ist selbstverständlich völliger Quatsch. Was ich schreiben will ist, dass ich anfing zu der schnellen Musik die Übungen in der Gruppe von überwiegend Frauen mitzumachen und das ich vergleichsweise mies dabei war. Nach einer Viertelstunde war ich total durchgeschwitzt, fertig und die Konzentration die man nun einmal braucht um die Bewegungsabläufe mitzuturnen ließ ganz erheblich nach. Das war weniger ein Problem der Kondition, sondern mehr davon abhängig, dass es eine Menge Muskeln gab, die ich lange nicht mehr intensiv beansprucht hatte. Jedenfalls wurde ich gerade von 40 jährigen Hausfrauen in gedeckten Pumaklamotten an die Wand geturnt. Das waren keine Hausfrauen, sondern gut getarnte Kampfdrohnen – jedenfalls im Vergleich zu mir. Auch die übliche Schnelligkeit meiner Bewegungen reichte nicht aus um im Tempo mitzukommen. Es war so wie Fixiefahren den Berg runter mit einer Trittfrequenz von 120, so dass die Füße kaum auf den Pedalen bleiben aber müssen und dann wird es noch schneller.

Beim Radfahren kenne ich die Herausforderungen ans ich ganz gut. 1.500 m den Berg hoch, Ok, kann man mit dem Höhenmeter kontrollieren, man sieht wo der Pass ist und dann ist gut. Meistens klappt es, beim Mortirollo eben noch nicht. Sprint im Rennen um die Plätze, ist auch relativ simpel, alles geben, das richtige Hinterrad finden, keine Angst haben. Lange Touren oder Rennen fahren, OK ab und an fällt man aus der Gruppe raus, das ergibt sich so, ich weiß halt ziemlich genau wie viel Kraft ich habe und ob es gut gehen wird ober nicht. All das ist nicht einfach, aber es ist einfacher geworden, seitdem ich das schon ein paar Jahre mache. Es ist anstrengend und nicht immer erfolgreich aber eine unbekannte Herausforderung, bei der man nicht weiß was auf einen zukommt ist es nicht.

Dieser Body Attack Kurs war ganz anders. Ich hatte keine Ahnung was noch auf mich zu kommt, ich hatte nicht die Idee, wie sehr ich mich anstrengen, und wie schnell ich doch sein müsste und natürlich hätte ich mir auch nicht träumen lassen, wie schlecht ich bin.

Das ändert aber nichts daran, dass als es vorbei war und ich fertig, ich ziemlich viel Spaß gehabt hatte. Also so im Nachhinein betrachtet.

Die Amis sagen dazu „Life begins at the end of your comfort zone“, das klingt etwas dramatischer, als ich das ausdrücken möchte stimmt aber im Kern. Ich bin ja fest davon überzeugt, dass etwas beim zweiten Mal selten so gut ist, wie beim ersten, deshalb muss man raus und weg von den Dingen die man immer macht. Natürlich ist es einfacher sich zu entscheiden, im Kino den neuen James Bond anzusehen, als eine Retrospektive von Francois Truffaut Filmen.

 

Heute James oder Francois?

Im übrigen gilt das natürlich auch für Body Attack. Nach dem ca. 8. Mal kann ich das jetzts o gut, dass ich nicht mehr in der letzten, sondern in der vorletzten Reihe stehe und von einem Teil der Kampfdrohnen gegrüsst und von der Minderheit der Männer  in den Pausen abgeklatscht werde. Es ist immer noch gut anstrengend und bringt mich durch den Winter, aber eine Herausforderung ist es nicht mehr.

Ich sollte mal mit Pilates anfangen, aber dafür lass ich mir ein wenig Zeit. Vielleicht so zweieinhalb Jahre.

Challenge-Accepted-Barney-Stinson

5 Kommentare

Eingeordnet unter 2015, Mob

5 Antworten zu “Herausforderung.

  1. alex

    Pilatus ? Meinst Du Pilates ? Das kann ich nur empfehlen.

  2. Pingback: Die Velo-Links am Montag (51) - Ciclista.net - der Radsportblog

  3. Pingback: 🚲 Die Velo-Links am Montag (51) | Ciclista.net

Hinterlasse einen Kommentar