Unterwegs auf Dienstreise habe ich gerne ein Rad dabei. Meistens ist es sinnlos.
Ich möchte nicht darüber nachdenken, wie viele Räder ich bereits durch Bahnhöfe, Flughäfen und zum Autoverleih geschleppt habe. Manchmal bin ich gar nicht gefahren, einige Male nur als Alibi. Auch heute war die Strecke eher kurz (35 km) aber es hat sich trotzdem gelohnt. Dabei hätte die Polizei das fast auch noch verhindert.
Bremen an einem Donnerstag im Herbst um kurz vor sieben morgens. Es ist kalt und ich fahre auf dem Canyon nur mit Rücklicht zum Parkplatz des Car-Sharings auf der Emmastraße. Dabei merke ich nicht, dass auf dem letzten Stück ein Polizeiwagen hinter mir her fährt. Und vermutlich errege ich einen Veracht, als ich dann unvermittelt auf einen dunklen Parkplatz fahre. Ich steige ab und fummele an der Transponderstation herum, der Polizeiwagen steht auf der Straße und zwei Polizisten schauen mich aus dem warmen Inneren an und sind unschlüssig ob es Sinn macht in die Kälte zu steigen. Ausschlaggebend sind dann bei mir wohl Anzug und Krawatte; so ein gut angezogener Mensch tut doch nichts böses – sie fahren weiter und ich nach Bielefeld.
Am Abend bin ich in Detmold. Ein schnuckeliges Städtchen mit einem Sehloß mitten in der Stadt, einem Wassergraben und Resten einer Stadtmauer und vielen Fachwerkshäuschen auf einer endlosen Fußgängerzone. In den Filmfestspielen läuft gerade Nick Caves: „1.000.000.000 days on earth“ (rechts) und „Hunger Games“ (links). Es ist alles recht hübsch und ich residiere im Detmolder Hof, der ewigen Konkurrenz zum Lippischen Hof am Platze. Es ist übrigens keine gute Idee mit dem Auto nach Detmold zu kommen – die Parkplatzgeschichten wären noch einen weiteren Beitrag wert. Ein gutes Abendessen mit netten Leuten. Eine Flasche spanischer Rotwein., man kommt ins reden.
Ich erzähle, dass meine Familie ursprünglich aus Detmold kommt. Meine Großväter väterlicherseits sind hier in der Nähe aufgewachsen, bis meine Großeltern dann vor dem Krieg nach Mönchengladbach kamen. Viel weiß ich nicht und ich war in meinem Leben noch nie in Detmold. Es gibt eine bekannte Familiengeschichte, dass der Vater meiner Großmutter ein Sägewerk und einen Wald auf dem Königshügel in Heiligenkirchen besaß und dass er versprach, er würde diesen Wald der Fürstin von Lippe-Detmold schenken, wenn Sie einmal mit ihm tanzen würde. Die Fürstin, pragmatischer als mein Urgr0ßvater, soll dies dann auch getan haben, wodurch der Wald an die Krone von Lippe-Detmold fiel. Einer der beiden Gesprächspartner wohnt heute auf dem Königshügel.
Am nächsten Morgen komme ich kaum früh aus dem Bett, aber irgendwann klappt es dann doch. Ich baue das Canyon zusammen und mache mich auf den Weg aus der Stadt. In der Neustadt komme ich an der Musikhochschule vorbei und frage mich, wie viele Japanerinnen da wohl studieren. Kein Japaner kommt nach Deutschland um Ingenieur oder Zahnarzt zu werden, aber Musik …. da zieht es einen dann vielleicht auch nach Detmold. Raus aus der Stadt biege ich links ab nach Hiddesen. Die ersten Hügel kommen und ich bin noch nicht einmal richtig warm. Noch einmal links abgebogen geht es hoch zum Hermannsdenkmal, da sind endlich mal wieder 200 Höhenmeter an einem Stück. Ich habe die ganze Strasse für mich und als ich oben bin auch das ganze Denkmal. Das ist anstrengend und ich bin viel zu warm angezogen aber es macht auch wieder Spaß in den Hügel zu sein. Vor dem Denkmal gibt es eine Freitreppe.
Der Bruder meines Großvaters hieß auch Hermann, genauso wie sein Vater. Ein alter Familienwitz besagt, dass er den Hermann auf dem Denkmal fragte: „Hermann, was hast Du an deinen Füßen“. Und Hermann antwortetet „nichts“. Ich weiß, dass ist nicht besonders lustig, aber der Versuch das heute zum ersten Mal meiner japanischen Frau zu erklären war es schon. Diese Art von Humor wird ihr auf Weg verschlossen bleiben und es ist fraglich, ob sie dadurch etwas wesentliches in ihrem Leben verpasst hat.
Die Belohnung für das Klettern folgt auf dem Fuße. eine wunderschöne, leicht kurvige Straße führt mich schön schnell nach Heiligenkirchen.
Ich klettere wieder mal einen Berg hoch, dieses mal den Königshügel. Hier stehen ein paar nette Paläste. Hätten meine Ahnen den nicht quasi verschenkt, sondern ordentlich zu Geld gemacht, dann könnte ich heute als Privatier in Detmold leben und hätte eine ganze Garage voll Räder. Hm, wenn ich so darüber nachdenke, dann habe ich die ja eh schon.
Es bleibt gerade noch Zeit für einen Ausflug zu den Extersteinen. Da wollte ich schon immer mal hin, seitdem ich vor ein paar Jahren ein Foto davon gesehen hatte. Ich bin nicht enttäuscht, die Dinger sehen einfach großartig aus.
Interessanterweise gibt es über die Steine keine Beziehungen oder Witzchen zu meiner Familie. Es bleibt kau noch Zeit und so mache ich mich auf den Rückweg nach Detmold. Dusche, Hemd und Krawatte an und ein neuer Arbeitstag kann beginnen. Ich fühle mich frisch und ausgeruht und viel besser, als es nach eienr Flasche Rotwein hätte sein dürfen. Aber der Start, der war hart.
Moin, netter Bericht. Übrigens, das mit dem frühen rauskommen ist wohl ein allgemeines Problem um diese Jahreszeit. Es ist jedesmal ein harter Kampf und nur selten lohnt er sich wirklich. Ich hatte zumidnest diese einmal Glück und wurde mit einem klasse Sonnenaufgang bei knapp 0c° belohnt ( leider ohne Digicam )
( P.S.: nur mal so „…errege ich einen Veracht“ da iss ein Vertipper drin. 😉 )
Egal, morgen geht es erst um 12 Uhr auf die Piste, keine Minute früher!
…jetzt hab eich mich auch vertippt Mist ! *geh los und hol noch ne´n Kaffee*
die Anrede „Mönchengladbacher“ ist also nicht so ganz wurzeltief . . .