Festive 500. Tag 2. Ab in den Süden!

Eine sehr gute Idee, wenn man nicht so große Lust hat auf das Rad zu steigen, ist es im Wetterbericht die Windrichtung zu prüfen und dann mit dem Wind möglichst lange und weit rauszufahren. Das macht richtig Spaß, man denkt sich: „Boh, bin ich toll in Form“ und ratzfatz purzeln die Kilometer.

Was bisher geschah.
Natürlich weiß man im selben Moment auch, dass man das alles gegen den Wind wieder zurückfahren muss. Aber der Anschein guter Form und ignoranter Optimismus lassen dies erst einmal als „kleineres Problem“ erscheinen. Und am Ende muss man einfach zurückfahren, weil man keine Wahl mehr hat. Aber die Wahl aus dem Haus zu gehen oder zu bleiben hat man im Gegensatz dazu leider immer.

Am 1. Weihnachtstag war es so richtig windig, ein typischer bremischer Nordwestwind mit vielen Böen. Zum Glück war es trocken und auch relativ warm, so dass ausnahmsweise sogar zwei von drei bremischen Wetterbedingungen nicht erfüllt waren. Normalerweise heißt es nämlich hier:

Cold. Windy. Rainy. Pick two.

Ich machte mich auf der falschen Weserseite auf Richtung Süden. Auf dem Weg nach Hörden brach zum ersten Mal seit Tage wieder die Sonne durch die Wolken.

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On the road to Hörden I dream of the west (Yip! Yip Coyote!)

Es war wie ein Zeichen des Himmels: Wenn Sonnenstrahlen so zu sehen sind, dann denke ich nicht daran, dass sie auf die Erde fallen, sondern, dass sie von der Erde saugen – ähnlich wie die „Beamer“ in Raumschiff Enterprise. Ein paar Tage später war dann klar, wer da gerade weggesaugt wurde: Prinzessin Leia. Oder war es vielleicht doch Aghakhan Abdullayew, der berühmte Volkssänger aus Aserbeijan?

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Mann mit Hut vor Bild von Mann mit Hut

Vermutlich kennt die in der Radwelt ohnehin niemand. Wikipedia beschert uns dafür eine Liste von allen Radtoten Profis seit 1894, angefangen mit Pierre Froget, über Tony Simpson bis hin zu den 7 (sieben!) Profis die es 2016 erwischte. Dieses Jahr wurde ordentlich gesaugt.

Ich fuhr derweil weiter nach Barrien und mit einem guten Rückenwind den Krusenberg hoch (neuer PR), boh war ich gut in Form! Ich hätte nun nach Okel fahren können, hatte aber keine Lust auf Großstadt – in die Straßenschluchten dort zwischen den Hochhäusern von Banken und Versicherungen fällt ja auch keine richtige Sonne. Trotzdem:

Und sowieso: Geil ist okel!

Stattdessen fuhr ich rechts rum Richtung Syke, durch den Wald runter und gleich wieder hoch Richtung Osterholz. Bremer und Niedersachsen wissen Bescheid. Alle anderen lesen hier bitte: „Fuhr von A nach B und dann nach C.“ Das reicht zum Verständnis.

Auf der Straße Richtung Gödestorf kam mir die erste Rennradtruppe des Tages entgegen. Das ist so ein klassischer Begegnungspunkt, dort trifft man immer jemanden. Nachher bei Strava Flyby wurde mir klar, dass Jochen und Friedel (also der echte Friedel, nicht den, den ich immer Friedel nenne weil ich nicht weiß wie er heißt…..wie heißt der noch mal Silvia?) mir da gerade entgegenkamen. Aber da ich gerade so dynamisch mit viel Rückenwind unterwegs war, konnte ich die nur wie einen Schatten in meinen Augenwinkeln wahrnehmen, als die Truppe gegen den Wind einen Hügel hochkroch. Boh, war ich schnell!

Und so ging es flott weiter nach Bruchhausen-Vilsen, dem südlichsten Punkt der heutigen Ausfahrt und der Heimat vieler voller Flaschen (in München hingegen, sind die Flaschen leer, aber die Verbalakrobatik besser).

10. März 1998. Endlich Durchbruch in der deutschen Grammatik gelungen.

Jetzt, Richtung Schwarme wurde es schon ein wenig anstrengender. Aber hey, der Himmel war blau, ich war super in Form und was sollte schon passieren?  Richtung Blender und Intschde wurde es bereits deutlich anstrengender und somit langsamer. Wie üblich überquerte ich die Weser bei Daverden am Wasserkraftwerk, das ist wirklich meine Lieblingsstelle. einmal, weil man die Weser dort zwei Mal überqueren darf – zunächst die echte und dann den Kanal der daneben gebuddelt wurde – aber vor allem weil man durch halb transparente Fensterscheiben einen Blick auf die grün-getüchnte komplizierte Mechanik erhaschen kann, die den ganzen Mechanismus am laufen hält.

„Diese Maschinen drehen die Zahnräder, die die Erde in alle Himmelsrichtungen bewegen und ihr Balance und Harmonie geben.“

Wer zuerst weiß, aus welchem Film dieses Zitat ursprünglich ist, bevor es von mir redaktionell verändert wurde, soll reich aus meinem Keller beschenkt werden. Ehrlich.

Kleiner Hinweis, eines der beiden folgenden Bilder ist aus dem gesuchten Film, A oder B?

Ah!

Bäh!

Auf der richtigen Weserseite fuhr ich nun die Weser runter Richtung Achim. Es ist aber keineswegs so, dass „runter“ in diesem Zusammenhang irgendetwas wie eine Abfahrt indiziert. Flüsse fließen dummerweise schon bei ein paar Promillen Gefälle. Aus Erfahrung wusste ich auch, dass der Wind hier immer besonders heftig ist. Das Land ist komplett frei, es gibt keinen Schutz und teilweise quälte ich mich mit 12, 13 km/h weiter. Boh, was war das ätzend! Aber zumindest war es trocken. Und hinterm Deich ist die Welt auch größtenteils in Ordnung.

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Da auf dem offenen Feld zu fahren machte wenig Sinn, und so nahm ich die Landstraße nach Cluvenhagen und Etelsen. Dort machte ich nach 75 km die erste Pause und zwar bei meinem Lieblings Eiscafe Melisa. Toll – das war zu, wieso das denn? Kaum wird’s hier ein paar Grad kälter sind die Italiener schon wieder weg nach Palermo und Bilbao!

Nun gut, gegen den Wind Richtung Achim zu fahren war jetzt extrem anstrengend, ich kroch irgendwie mit 18-20 km/h vor mich hin und es dauerte endlos. In Achim fing es dann prompt auch noch an zu regnen, was die obige bremische Wetterweisheit bestätigt. Ich fuhr kurz an eine Bushalte, zog die Regenjacke an und in dem Moment wusste ich, dass ich die Festive 500 dieses Jahr auf jeden Fall zu Ende fahren würde. Ich war nun so weit, dass es mir ganz egal war wieder draußen im Regen zu fahren. Ich glaube, so etwas nennt man eine gelungene Saisonvorbereitung, denn die Saison in Bremen startet im Januar und dann ist es kalt und nass UND windig bis es April wird.

Ätzende 10 km weiter durch Mahndorf und Arbergen folgten, bevor ich dann nach 101 km endlich wieder zuhause war. Der Festive 500 Aufnäher lag nun in Reichweite.

Übrigens, die Dinger werden immer kleiner habe ich gerade im Seite an Seite Vergleich festgestellt. 2016 gibt es vermutlich nur noch etwas in Briefmarkengröße.

Auf Strava

Morgen dann: Festive 500. Tage 3. Es gibt keinen Weg der nicht nach Wilstedt führt.

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6 Kommentare

Eingeordnet unter 2016, Bremen, Mob, Touren

6 Antworten zu “Festive 500. Tag 2. Ab in den Süden!

  1. Skysurfer5

    Das „Diese Maschinen drehen die Zahnräder…. .“stammt aus dem Film “ The Room 3″😎

  2. Hannes

    Die Italiener kennen beide Spanien!

  3. Tobi

    Hm… eigentlich schade dass es nicht Stallone war, aber ich tippe auf Truffauts Bertrand mit seinen Zirkeln und Frauenbeinen. Oder?

  4. Pingback: Festive 500. Tag 3. We hoped, you wouldn’t notice. | there is no "I" in cyclyng

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