„Es wäre doch nett“, dachte ich mir, „mal wieder zusammen am Wochenende zu fahren und nicht alleine mit schlechter Laune und Form gegen den Wind zu fahren.“
Zum Glück ist die Rennradbegeisterung ja gerade so, dass man in Bremen über die fb Gruppe jeden Tag mindestens drei Touren zur Auswahl hat, denen man sich anschliessen kann. Vor die Wahl gestellt morgens um Neun 150 km mit den Cracks, um Zehn 123 km mit Radler die ich nicht kenne (aber vermutlich auch teuflisch schnell sind) zu fahren, oder um Zwölfe zu Dritt mit Schnippo und Helge eine gemütliche 60 km Runde zu drehen entschied ich mich für das letztere. Obwohl mir klar war, dass das niemals gemütlich werden würde. Und später wurde mir auch klar, dass wir alles andere als zu dritt fahren würden, weil ca. 15 andere ebenfalls zu dritt unterwegs sein wollten.
Schnippo traf ich bereits an der Ampel der Erdbeerbrücke. Zuerst erkannte ich ihn nicht, da er vermummt war. Ich hatte lange keinen so vermummten mehr gesehen, der letzte vor Schnippo war Thomas, der im Sommer 1980 in Berlin aus Kreuzberger Seitenstrassen heraus Bullenwannen mit Farbbeuteln bewarf. Der Unterschied zwischen politisch motivierter Vermummung und radfahrtechnischer ist im wesentlich einen Frage der Mode: In den Achtzigern waren schwarze Baumwollvollmützen und Arafat-Feudel angesagt, heute sind es Textilien aus sogenannten Funktionsmaterialien (als wenn ein Material nicht immer irgendeine Funktion hätte, sogar Bibis Tasty Donut Duschschaum hat vermutlich eine) und neonfarbene Sonnenbrillen, die auch auf dem Spring Break in Mexiko ganz nett ankommen würden.

Radfahrerinnen mit Funktionsbrillen
Am Weserwehr wartet dann eine ziemlich große und bunte Truppe. Viele kannte ich wie Enno, Silvia, Thomas, Benjamin, Tim, Tanja oder Linda, viele waren mir neu. Das ist aber heute egal, denn hinterher kann man ja dann auf Strava nachschauen mit wem man gefahren ist und sich gegenseitig Kudos geben. Von Anfang an war klar, dass es innerhalb der Gruppe ein ganz erhebliches lila-schwarzes Leistungsgefälle geben würde. Da das ganze aber als gemütlich angekündigt war, sieht man darüber hinweg und brettert los.

Auf zur Sonne, zur Freiheit nach Okelweyhe.
Der Himmel über Bremen zeigte sich heute von seiner besten Seite: Strahlend blau, dazu aufgrünende Wiesen und Felder, wenig Verkehr und hier und dort die ersten Osterblumen und Krokusse. Nach dem Salalom auf dem Deich, ging es ab dat Autohaus auf normalen Straßen und Rückenwind schnell Richtung Süden über Kirchweyhe, Südweye und Sudweyhe nach Okelweyhe oder so. Hinter Okel erhebt sich majestätisch der Okeler Berg. Man fährt in den Ort herrein, dreht ein paar Kurven und dann plötzlich hinter den in der Sonne glitzernden Bürotürmen Okels taucht der Okeler Berg in seiner vollen, angsteinflössenden Größe an. Man hat vielleicht schon einmal den Nanga Parbat oder das Stilfser Joch im Fernsehen gesehen, hat von den Verrückten gehört die dort hochgekraxelt sind und von den Vernünftigen die dort starben, und all das kommt einem gleich in den Sinn gleich hinter Okel. Nebenbei gibt es dort auch einen Strava KOM zu knacken, so dass das Tempo dann gleich mächtig anzieht. Das Feld reißt es dann gleich auseinander, rot-schwarz ganz weit vorne, lila-schwarz ganz weit hinten und dazwischen recht bunt. Ich quäle mich hoch und denke an Yabitsu-Toge oder Matsuhime Toge in Japan, ähnlich anspruchsvolle Gipfel. Oben warten wir in der eisigen Umklammerung der Gipfelkälte, bis alle aufgeschlossen haben.

Gipfelkreuz auf dem Okeler Berg

Warten in der Eiseskälte
Von dort aus geht es zackig weiter richtig Gödestorf und Wachendorf bevor wir uns dort wieder auf in Richtung Bremen machen. Eine größere Gruppe verlässt uns, um mehr als 60 km zu fahren. Wir machen uns weiter auf den Weg Richtung Schnepke. Trotz Pause und Verletzung bin ich ganz gut drauf, versuche jede Steigung schnell zu fahren und auch vorne Tempo zu machen.

Unten: Richtung Schnepke. Oben: Richtung Malle vermutlich.
Es fällt auf das Schröder fehlt. Gerüchte kursieren, dass er krank ist, oder Feuer löschen muss. Vorne singen wir gemeinsam die Ode auf Schröders Tasche. Also was für den richtigenSchröder seine Kuscheldecke ist, ist für den wahren Schröder seine Mammut Hüfttasche.
Das Ding ist winzig, zuerst denkt man, das ist eine SD-Karten Aufbewahrungstasche, und ich rede hier von Micro SDs. Aber dann holt Schröder beim fahren was dabei heraus. Und noch was. Und noch was und noch was und noch was. Unglaublich, Mitfahrer berichteten. dass er angeblich erst eine Standpumpe, anschliessend einen Doppel Whopper und dann noch ein Elektroschweißgerät aus dieser Tasche zauberte. All dies ist übrigens nicht neu, natürlich gibt es da alles bereits in Japan. Dort gibt es einen Comicfilm Doraemon, in dem eine blaue Roboterkatze und ihr jugendlicher Freund Nobita die Hauptrollen spielen:

Doraemon, Mammut Hüfttasche nach vorne gedreht.
Der blaue Roboter Doraemon hat ein katzenähnliches Aussehen. Er wiegt 129,3 Kilogramm, ist 129,3 cm groß, kann 129,3 cm hoch in die Luft springen und rennt bis zu 129,3 km/h schnell. Am Bauch trägt er eine Tasche, die Yojigen-Poketto, auf Deutsch vierdimensionale Tasche, die in ein anderes Raumkontinuum mündet und deshalb unendlich viel Platz bietet. Aus der Tasche holt er bei Bedarf allerlei Gegenstände aus der Zukunft, etwa eine Überall-Tür und diverses anderes technisches Spielzeug.
Es gibt einige Toyota Commercials in denen, man glaubt es kaum, Jean Reno den Doaremon spielt und die Dokodemo Door hervorzaubert.
Am besten daran gefällt mir ja wirklich die Überall-Tür, auf japanisch die „Dokodema Door“. Doaremon halt diese Tür aus seiner Tasche raus, man sagt wo man hin möchte, macht die Tür auf und schon ist man da: „Syke!“. Na bitte, klappt doch.
Schröder zieht daher seine Mammut Hüfttasche auch niemals aus. Er trägt Sie unter dem Jacket bei der Arbeit, beim schwimmen im Horner Freibad und auch nachts unterm Schlafanzug. Also, das hört man so.
Wir fuhren derweil von Syke den Berg zum Golfkurs hoch und wieder zurück nach Okel. An jedem Ortschild wurde gesprintet, meist waren Schnippo, Benjamin und Carlos Estobar vorne. Und ehe wir uns versahen waren wir dann auch schon wieder am Weserwehr nach ziemlich genau 60 km (Strava).
Eine schöne Tour an einem schönen fast-Frühlingstag – Danke an alle die mitgefahren sind. Die Gruppe zusammenzuhalten hat auch gut geklappt, allerdings muss man dann auch irgendwann so ehrlich sein und den Stecker ziehen, wenn es wirklich nicht geht. Aber das klappte ja auch gut.
Schröder, wir haben Dich vermisst.
Danke für die schöne Verbindung! Macht gute Laune. So eine Überall-Tür, das wäre mal wirklich ein Gadget, das gern auch was kosten dürfte 🙂
Doraemon ist zwar sehr alt, aber ein leicht zu verstehendes, extrem gutes Anime. Dank an meine Kinder für die Vorstellung.