The Munsters – eine sehr lustige Serie aus den Sechzigern über eine Familie von Monstern. Leider konnte ich die nicht sehen, da ich erstens viel zu klein war, zweitens meine Monsterfamilie damals keinen Fernseher besass und wir drittens nicht in den USA wohnten.
Münster – ein beschauliches Städtchen in Westfalen. Es gibt Labyrinthe von Straßen, viele Radwege, eine Uni und einmal im Jahr den Münsterland Giro. Leider bin ich dort mitgefahren, denn erstens bin ich nun erwachsen genug, zweitens hatte ich mich angemeldet und drittens brachte mich die Deutsche Bahn nach Münster. Was nicht selbstverständlich ist.
Ich wachte um 4:40 Uhr morgens auf, da mein Zug von Bremen nach Münster um 5:40 Uhr losfuhr. Planmäßig wäre ich dann um 7 Uhr in Münster gewesen. Nicht unbedingt notwendig, aber später fuhr nur noch ein ICE und da hatte man mich schon einmal mit einem eingepackten Rad herausgeschmissen. Also war ich früh am Bahnhof und stellte zu meiner Freude fest, dass die wichtigen Geschäfte dort (die Bäckereien) auch an einem Feiertag so früh bereits offen sind. Mein EC Zug wartete schon, outete sich aber als Ersatzzug. Dadurch hatte ich keine Reservierung aber das war dann auch egal – Hauptsache es gab ein Radabteil. Dort waren auch schon zwei andere Teilnehmer, Stefan aus HH und Ingo aus HB, die ich aber erst besser kennenlernen sollte, als uns die Deutsche Bahn die Gelegenheit dazu gab.
Wir fuhren also los und hielten an den unnötigen Bahnhöfen dieser Welt in der Dunkelheit des Morgens. Dann hielten wir in Bohmte, das ist etwa 10 km nördlich von Osnabrück. Wir bleiben stehen und wurden schließlich informiert, dass ein „Personenunfall“ in Osnabrück stattgefunden hatte, der unsere Weiterfahrt erst einmal auf unbestimmte Zeit verzögern würde. „Personenunfall“ ist Bahncode für Selbstmord. Selbstmord begeht man im Herbst bei Nieselregen in der Provinz in Osnabrück im Industriegebiet und am Tag der Einheit wenn man aus der ehemaligen sogenannten „DDR“ kommt. Oder wenn man mal wieder von der Deutschen Bahn durch massive Verspätungen enttäuscht wird. Man springt dann in der Regel vor den nächsten Zug, schafft zusätzliche Verspätungen und damit wiederum mehr Selbstmorde – ein teuflischer Kreis.
Warum allerdings ein einzelner Selbstmord den ganzen Bahnbetrieb auf Stunden aufhält verstehe ich nicht. Ich war lange in Japan, einem Land mit einer der höchsten Suizidraten der Welt – nach einigen der ehemaligen Sowjetstaaten und den notorisch schlecht gelaunten Ungarn. Ab und an war ich am Rande Zeuge von Selbstmorden, aber das ging immer relativ fix weiter und das in einem sehr viel engmaschigerem und beanspruchtem Transportsystem.
Das ist nicht die einzige Panne, die ich mit der DB in den letzten Jahren hatte, hier meine Top Drei:
- Erinnert sich noch jemand an den Orkan Kyrill in Januar 2007? Ich hatte die großartige Idee an diesem Tag an der Uni Magdeburg einen Vortrag über die Entwicklung der japanischen Gewerkschaftsbewegung nach dem 2. Weltkrieg zu halten. Die Studis bleiben in weiser Voraussicht angesichts des Unterhaltunsgwertes des Vortrages und des drohenden Unwetters zuhause. Ich fuhr mit dem letzten IC der Magdeburg verließ Richtung Hannover, von dort aus wollte ich weiter nach Herford. Kurz vor Helmstedt bleibt der IC mitten in der Dunkelheit stehen, keine Ansage nichts. Im Geiste erwartete ich schon, dass die deutsche Wiedervereinigung am Nachmittag rückgängig gemacht wurde und wir nun warten müssen bis die Grenzbefestigungen wieder aufgebaut werden. Schließlich kommt die Durchsage, dass durch den starken Sturm Bäume auf der Strecke liegen und nun erst die Feuerwehr kommen muss um diese zu entfernen.
Nach einer halben Stunde fährt der Zug weiter und hält dann abrupt wieder. Eine weitere Durchsage: „Wir möchten den Reisenden mit der Motorsäge noch einmal bitten, an den Anfang des Zuges zu kommen.“ Man muss sein Schicksal selbst in die Hand nehmen wenn man die DB zum Reisen wählt. - Ich will nur im Sept. 2010 von Bremen nach Hamburg auf einen Kongress. Nichts besonderes, 1 1/2 Stunden Zeit mit dem regionalen Zug. Kurz vor Harburg bleibt der Zug auf offener Strecke liegen. Nichts passiert, keine Durchsagen, alle warten. Nach etwa 90 Minuten: „Die Oberleitung ist beschädigt und wir können nicht weiterfahren. Ein Ersatzzug wird kommen und wir bitten dann alle Passgiere umzusteigen.“ Eine weitere halbe Stunden späte: „Der Ersatzzug hat leider einen Defekt, bitte laufen Sie auf den Schienen zurück zum nächsten Bahnübergang, dort werden Sie von Bussen abgeholt und zum nächsten Bahnhof gefahren.“ Natürlich sind dann auch keine Busse da. Ich laufe mit ein paar anderen nicht Schicksalsergebenen zur nächsten ÖNV Bushaltestelle und nehme den Bus nach Hamburg Harburg. Mehr als fünf Stunden später nach meiner Abfahrt in Bremen bin ich endlich in HH.
- Ich fahre nach Stuttgart um eine Studentin von mir in ihrem Unternehmen zu besuchen. Der IC wird erst durch verspätete vorhergehende Züge verspätet, dann sind Kinder auf der Fahrbahn, dann ist ein Stellwerk abgebrannt und dann wird die Strecke komplett gewechselt und dann ist in Frankfurt Schluss. Komme mehr als vier Stunden zu spät zu meinem Termin.
Fazit: Hast Du viel Zeit dann nimm die Bahn sonst besser nicht.
Egal, wir standen also in Bohmte rum und unterhielten uns. Langsam wurde es mit der Zeit eng. Und die Durchsage, dass der Zug 90 bis 120 Minuten Verspätung hätte beruhigte uns nicht wirklich. Zwei Stunden Verspätung bedeutet Ankunft in Münster um 9 Uhr bei einem Rennstart um 9:10 Uhr – das geht gar nicht mehr.
Stefan und ich beschliessen auszusteigen und ein Taxi von Bohmte nach Münster zu nehmen. Mit unseren Rädern rasen wir auf dem Grasbewachsenen Bahnsteig von Bohmte entlang auf dem seit Menschengedenken kein Reisender mehr freiwillig seinen Fuß gesetzt hat. „Oh, steigen Sie ruhig wieder ein, wir fahren jetzt weiter!“. Prima, also wieder zurück zum Radabteil fahren und dann weiter nach Münster. Ich rufe Jörg an, der bereits mit dem Auto da ist (smart choice) und bitte ihn die Startunterlagen für uns abzuholen. Er kümmert sich darum und will mit dem Zeug am Auto im Parkhaus warten.
Um 8:38 kommen wir endlich in Münster an. Wir schwingen uns auf die Räder und machen uns auf die Suche nach dem Parkhaus. Irgendwie finden wir es auch recht schnell, aber zum Glück hat auch Jörg auf uns gewartet und fängt uns vor dem Parkhaus ein. Wir schaffen es so etwa fünf Minuten vor dem Start in den Block zu kommen. Ich bin in Block C und starte von GAAANZ HINTEN. Den Block D gibt es gar nicht, ich vermute wegen dem schlechten Wetter ist der 130er Kurs ohnehin nicht komplett ausverkauft. Als der Tag der deutschen Einheit noch am 17. Juni war, war das Wetter in Münster tendenziell auch sicherlich besser, aber bitte. Jörg und Stefan sind im Block B. Wir sind alle ziemlich nass, etwas gestresst und haben noch einen Atemzug Resthektik in uns. Das Rennen kann beginnen.
(Fortsetzung folgt).