Das Rad an dem ich am längsten gebastelt habe wird langsam fertig.
Im April letzten Jahres hatte ich mir einen Basso Rahmen für meine Größe (RH62) gebraucht gekauft ohne Recht zu wissen, was ich genau mit dem anfangen wollte. Halt so ein typischer April-Lustkauf, der Frühling kommt ins Land und hat unvorhersehbare Auswirkungen auf den Hormonhaushalt. Man möchte sich neu verlieben, nach Neuseeland auswandern und überhaupt am liebsten die Zeit um dreißig Jahre zurückdrehen. Am Ende des Tages steht man dann mit einem neuen Basso Rahmen da und weiß nicht recht wie das nun ins das Konzept passt.
Zunächst einmal habe ich den Rahmen mit Campagnolo Konfetti behangen, also Record Schaltwerk, Delta Bremsen und dem ganzen anderen Lametta dass unten im Keller in Kisten lagert und so gnadenlos teuer war, dass man es nicht guten Gewissens an irgendeinem Rad das man fährt verbauen möchte.
Ich hatte dann erst einmal versucht herauszufinden, was für ein Basso Rahmen aus welchem Baujahr (ich würde einmal Endachtziger schätzen, man möge mich korrigieren) das eigentlich ist. Ein Loto oder ein Gap ist es, soweit meine Kenntnisse reichen eher nicht und das Geröhr ist mit 26,8 mm Sattelstützendurchmesser auch eher mittelbescheiden. Einerseits. Andererseits hat der Rahmen eine Menge schicker Pantographien und ist komplett unterverchromt. Was man unter dem sehr schlecht erhaltenem blauen Lack auch sehr gut sehen konnte.
Da ich ohnehin gerade einen Minerva rahmen für mein Lotus M Type Projekt entlackt hatte,dachte ich, dass ich das gleiche auch mit dem Basso Rahmen machen könnte. Ich wollte aber die Decals erhalten und so habe ich diese abgeklebt und den Lack rundherum mit Abbeizer entfernt. Das war eine sehr aufwendige Arbeit, die mir viele unentspannte Stunden auf der Terasse unserer Wohnung eingebracht hat. Der Chrom war nach dem Abbeizen auch bei weitem nicht so schön wie bei dem Minerva, also: „Tobias to the rescue!“.
Was Tobias kann,macht und machen kann hat er bereits ja selber im Rennrad News Forum vor einigen Tagen gepostet. Ich hatte ihn Anfang 2011 einmal kennengelernt, als er etwas bei mir für seine eigenen Radprojekte gekauft hatte und er hatte mich überhaupt erst auf das Forum aufmerksam gemacht. Seitdem geb ich ihm Rahmen und Komponenten zum Polieren und er macht das schon sehr, sehr gut mit viel Mühe und Perfektion, so dass ich sehr gerne mit ihm zusammenarbeite und ihn nur empfehlen kann.
Tobias versuchte sich dann an dem Basso Rahmen und das hat dann sehr, sehr lange gedauert und viele Stunden Freude in seinem noch jungem Leben zerstört. Ich glaube, der Rahmen war dann etwa 7 Monate bei ihm bis sein Gewissen ihm dann erlaubte, die wenn auch nach seiner Ansicht nicht perfekte Arbeit, an mich zurückzugeben. Viel wurde dabei über Italiener geschimpft, die offensichtlich nicht gut verchromen können. Wie dem auch sei, ich finde das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Mein in der Zwischenzeit gereifter Plan war, alle Komponenten meines Union Fixie abzubauen und am Basso zu montieren. Aber: Erstens mag ich mein Union Fixie sehr gerne, aber eben nicht so gerne, als dass ich es nicht auch im Winter fahren würde, und zweitens hat es so ein paar Dinge dran die zwar sehr cool aussehen (Campagnolo Gran Sport Bremsen) aber leider nicht so richtig funktionstüchtig sind. Zudem möchte ich auch das Basso auf der Bahn fahren und dafür braucht es dann nun einmal Schlauchreifen.
Und dann hatte ich auch noch diese alten, originalen Mavic Paris-Roubaix SSC Felgen im Keller die ich ohnehin verbauen wollte. So Langsam ergab sich dann ein Bild in meinem Kopf. beim nächsten Hormonschub habe ich dann die Naben von Electra dazu gekauft die ich immer haben wollte aber mir nicht leisten kann. Eigentlich.
Ich würde dieses Rad gerne auf der Bahn bewegen – aber wo von Bremen aus gesehen ist denn die nächste Bahn? Klar, bei den Sixdays Bremen, aber leider nur im Januar und auch nicht gerade einfach zugänglich. So heimlich spekuliere ich ja noch auf Besuche auf der Bahn in Büttgen, wenn ich zu Besuch in meiner Heimat bin.
Andererseits möchte ich es auch auf der Strasse bewegen. Also habe ich mir eine Lösung ausgedacht, die beides erlaubt: Es gibt wie jetzt auf den Photos zu sehen ist, einen klassischen Nitto NJS Bahnlenker ohne Bremsen mit dem der Hobel ordnungsgemäß auf der Piste bewegt werden kann. Lenker und Vorbau kann man einfach demontieren und dann durch einen neuen Nitto Mod 55 Lenker ersetzen an dem kleinere Tektro Crosserbremshebel montiert sind. Die Bremszüge werden mir drei Schellen am Oberrohr befestigt und laufen extra nicht durch die vorhandenen Ösen, damit die Züge schnell entfernt werden können. Dazu sind vorne und hinten silberne, moderne Campagnolo Bremsen montiert die für das nötige De-Powering auf der Straße sorgen. Also, Lenker ab, Schellen ab, Bremsen ab und Bahnlenker drauf und schon ist der Umbau fertig. Ich muss lediglich noch Lenkerband wickeln und die Bremsen einstellen, dann kann ich Fotos von der Straßenversion machen und zeigen.
Der Nitto Lenker der Bahnversion ist schon an sich zu schön und zu chromig, um ihn mit normalem Lenkerband zu verstecken, deshalb habe ich hier blau-transparentes Cinelli Jelly Lenkerband am Unterlenker verwendet.
Abgesehen davon, dass ich ungern ganz ohne Bremsen auf der Straße fahre, obwohl Campagnolo Gran Sport Bremsen ein sehr ähnliches Gefühl vermitteln, gibt es auch eine ganze Reihe Hemmungen bei diesem Wetter mit Schnee und Salz auf der Straße de Hobel intensiv zu bewegen. Ich warte also zunächst einmal auf den Frühling.
Andererseits ist mein Bad Boy wieder restauriert und (größtenteils) einsatzbereit Dank der Hilfe von Jörg. Danke noch einmal dafür. Dem wilden rumfahren im Walde in Eis und Schnee steht also außer Bequemlichkeit und Männlichkeitshormonmangel nichts im Wege.M