2001 – 2008
Das Cannondale ist das Rad, mit dem ich erstmals und endgültig angefangen habe Rennrad zu fahren. Nachdem mir die japanische Standardfamilie aus Denenchofu mein schönes Panamasonic Rad „entsorgt“ hatte, war ich nur allzu froh in dem sehr gut ausgestateten Y’s Laden in Jiyugaoka zusammen mit meiner Frau nach einem neuen Rad Ausschau zu halten. Das war auch das letzte Mal, dass meine Frau beim Kauf eines Rades dabei war. Wir gingen also dahin und fragten ganz harmlos nach einem guten Rennrad. Der Verkäufer schaute mich an, schätze die Rahmengröße auf mindestens 60cm und die Brieftasche auf „dick“ ein und kam mit den aktuellen Lagerbeständen der Importeure wieder.
Scharfes, mehrfaches Einsaugen von Luft. Wiederholtes Kratzen am Ohr. Schütteln des Kopfes begleitet von Gebrummel. Uns wurde klar, dass dies nicht so einfach ist. In Japan hören die Rahmen bei 56cm auf. Darüber hinaus gibt es eigentlich nur Importrahmen, Spezialanfertigungen und Mitleid für die groteske Deformierung des Körpers. Aber schließlich die erlösende Nachricht: „Da haben wir was – einen Cannondale R1000 Rahmen. Den müssen sie dann nehmen.“ Da wir ohnehin keine Wahl hatten haben wir den dann auch genommen.
Giftgrün war es und sah gut aus. Er hatte eine 2 x 9 STI Shimano Ultegra 6500 Schaltung klassisch mit 52/39 vorne und, wie ich später in den Bergen bemerken sollte einer 11/23 Kassette. Lange Jahre auf dem Rad dachte ich, dass ich supermies in den Bergen wäre, aber ich war einfach nur mies und hatte zudem die falsche Kassette hinten drauf. Highlight waren die goldglänzenden Coda Expert Naben die vorne radial mit Mavic CP23 eingespeicht waren. Die Speichen hinten haben mich in den Wahnsinn getrieben, eine ging immer wieder los und das Hinterrad fing dann an zu eiern.
Alles in allem war das für etwa 210.000 Yen ein sehr ordentliches Rad dass ich gleich mit Hakenpedalen ausrüsten ließ. Ich fuhr noch unglaublich lange mit Hakenpedalen, bevor ich endlich auf Shimano SPD (nicht SPD SL umrüsten liess).
Meistens fuhr ich am Wochenden en Tamagawa hoch. Zunächst bis nach Ome (etwa 50 km, flach) und dann später auch weiter am Fluß lang bis zum Stausee, dem Okutamako. Fast immer fuhr ich dann mit dem Zug zurück. Irgendwann lernte ich dann einmal Juliane besser kennen, die mit mir zusammen im gleichen Stiupendienprogramm gewesen war. Sie wiederum brauchte mich mit den Jungs von Tamagawa Cyclists (später „Veloz“) zusammen, mit denen ich dann am Wochenende ab und an zusammen fuhr. TC nahmen mich 2003 dann auch mit zu meinem ersten Rennen, dem Tukuba Eight Hours Team Endurance. Das waren acht Stunden mitten im heißen August auf einem ca. 2 km langen Autorennkurs in der Staffel, d.h. man fuhr 3, 4 Runden und dann in die Boxengasse und übergab einen Transponder an den nächsten Fahrer. Ich war gar nicht mal schlecht, aber da ich nun einmal der Jüngste in dem ganzen Team war durfte ich nur wenige Runden drehen.
Ein paar Wochen später fuhren wir dann das zweite Rennen in Shuzenji. Shizenji ist die Hölle wenn man mehr als 50kg wiegt und bislang noch nicht viel in den Bergen unterwegs war. Der Kurs ist etwa 5 km lang und hat ca. 120 m Höhendifferenz. Die Anstiege sind gnadenlos. Die Rennen sind schnell und da Wetter ist heiß und feucht. Und wenn man noch eine Rennen gefahren hat ist das einfach nur die Hölle. Das waren nur zwei Runden aber ich bin fast gestorben. Wenigstens einen von den anderen TCs hatte ich aber überholt, so dass ich ein wenig aus der Juniorrolle herauswuchs.
Von da an fuhr ich regelmässig bei irgendwelchen Rennen in Japan mit. Zu einem jährlichen Ereignis wurden die Rennen am Saiko See in der Nähe des Fuji, die immer im November stattfanden. Wir reisten mit der ganzen Familie hin und die Kinder nahmen an den Kinderrennen und die „Positivos“ an den Erwachsenenrennen teil. Ich erreichte niue wirklich gute Platzierungen, war aber meist irgendwie in der Spitzengruppe dabei und versagt dann im abschliessenden Sprint. Die Atmosphäre war aber immer toll und Siako war auch das letzte Rennen in der Saison. Einmal wollte ich zwei Chancen in Saiko habem so dass ich mich neben meinem richtigen Namen noch als Ulrich Jan anmeldete. Als dieser flog ich so richtig auf die Fresse als sich das Hinterrad aus dem Schnellspanner löste und blockierte.
Irgendwann lernete ich dann am Rande des Tamagawa Flusses die Leute kennen, mit denen ich am meisten in Japan Rad fahren sollte: David wurde mir von Juliane vorgestellt, david kam irgendwann einmal dazu, wie auch Jerome. Ich nahm das Rad auch immer öfters mit auf Reisen, dafür hatte ich noch vom Panasonic eine blaue Ostrich Umhängetasche die genau wie ihr grauer nachfolger über Jahre gute Dienste leistete. Higlights der Reisen waren die Trips nach Kabira und Miyakojima, zwei kleine, wunderschöne japanische Inseln zwischen Okinawa und Taiwan die man mit dem Flugzeug von Tokyo aus schnell und gübnstig erreichen konnte. Das Rad gab mir dort die Möglichkeit aus der Resortkulisse auszubrechen und die Inseln zu erkundigen.
Die ersten längeren Touren waren die Tour de Noto 2006 und 2007. Dort lernte ich weitere radfahrende Ausländer in Japan kennen, bzw. radelte mit ihnen wie Stephen und Marek.
2007 hatte ich meinen absolut größten Erfolg bei einem Radrennen, als ich mir im Sprint des JCRC E Klasse Rennens in Hitachi-Naka den sechsten Platz sicherte. Vermutlich war Hitachi-Naka auch der einzige Platz in der Welt, wo ich die Chance auf eine gute Platzierung bei einem Radrennen hatte. Der Kurs ist ein Speed-Oval (Stichwort: Daytona, aber ohne überhöhte Kurven) und völlig flach. Es gibt also keine Kurven, jedenfalls keine nennenswerten. Außerdem ist die Strasse massig breit, so dass man recht viel Platz zum ausweichen im Sprint hat. Ich führ mal wieder im Mittelfeld und der Sprint hatte schon begonnen, ich sah mich mal wieder als 24. oder 30. einlaufen,aber irgendwie packte mich die Wut und ich fing dann an wie ein Blöder zu treten, das ganze Feld links auf dem Seitenstreifen zu überholen und beinahe hätte ich es noch auf den dritten Platz geschafft.
Ich bekam dann von „F-Cup Idol“ Fuko (Im Klartext: eine sehr dickbusige Frau die Siegerurkunde überreicht.
Mit dem 6. Platz in Hitachi-Naka hatte ich nun das Recht in der D Klasse der JCRC (Japan Cycling Racing Clubs) Serie zu starten. Wow. Ich war nun also schon fast Profi! Na ja, ehrlich gesagt hing der Niveaubalken hier doch sehr tief und das war etwa so wie 3. Bezirksliga im Fußball.
2008 gab es beruflich eine tiefgreifende Veränderung. Es wurde relativ schnell zu Beginn des Jahres klar, das die meine Position als Geschäftsführer einer Firma aufgeben sollte, so dass ich absolut keine Motivation mehr hatte höhere Ziele in für die Firma in diesem Jahr zu erreichen. Kurz, ich konnte spät ins Büro fahren, eine Menge bloggen und dann früh nach Hause fahren. Zudem hatte ich noch den Firmenwagen um am Wochenende kostenlos zu Rennen zu fahren. Ein echter Arbeitnehmertraum.
Also fasste ich den Entschluß die JCRC D Klasse Serie zu gewinnen. Dazu musste ich an 12 Rennen die teilweise recht weit von Tokyo weg waren teilnehmen. Ich war zwar viel zu schlecht um eines dieser Rennen zu gewinnen, vor allem solche die auf recht bergigen Strecken ausgetragen wurden (8 von 12), aber man bekam schon 50 Punkte nur für das Teilnehmen und ankommen und adann noch maximal 30 Punkte für den ersten und 1 für den 23. Platz dazu. Also, dachte ich mir, wenn ich es schafe im Gegensatz zu meinen Konkurrenten an allen Rennen teilzunehmen und anzukommen, dann bekomme ich bestimmt genug Punkte zusammen um die Serie zu gewinnen.
Das erste Rennen im März 2008 fuhr ich noch auf dem Cannondale in Kawagoe. Ein super ekliger typischer Kriteruimkurs mit schmalen Straßen, fiesen Kurven und vielen Stürzen. Und dann auch noch als Punkterennen, also man bekam Punkte je nach Platzierung in der 2., 4., 6., 8, und 10. und letzten Runde. Wer die meisten Punkte hat gewann. Ich machte überhaupt keine Platzierung unter den ersten sechs, was Punkte gegeben hätte, schleppte mich irgendwie ins Ziel und endete auf dem 30. Platz in einem Feld mit 37 Fahrer.
Es wurde langsam klar, das ich also ein schnelleres Rad brauchte, wenn ich hier irgendwie bestehen wollte. Zwei Wochen später fuhr ich dann das nächste Rennen in der Hölle von Shuzenji. Hier wurde ich Letzter in einem Feld von 25 Fahrern.
Dieses Renn war allerdings schon auf dem neuen Cervelo.
Ich mochte das Cannondale gerne, aber nachdem ich das Cervelo hatte, war es nun an der Zeit einen Schnitt zu machen. Eine Zeit stand es noch im Radraum und Ludwig machte darauf seine erste fahrt hoch nach Yabitsu. Aber dann verkaufte ich es eines Tages an Nick Johnston, einen Headhunter den ich einmal kennengelernt hatte. Er wollte mit Triathlon beginnen. Er setzte sich zum probefahren auf das Rad und fiel fast runter – er war seit 20 Jahren mehr kein Rad gefahren. Tja. Er hat es dann aber trotzdem gekauft. Vermutlich liegt das Cannondale irgendwo in der Ecke bei ihm in der Garage.
Am meisten an dem Rad mochte ich die Campagnolo Zonda Räder die ich mir ca 2004 dazu gekauft hatte, damals hatten die Zondas noch dieses 3G Speichenmuister Hinten und Vorne. Heute nur noch Hinten, vorne ist radial eingespeicht was meiner Meinung nach nicht so doll aussieht. Die Zondas sind sehr stabile, sehr schöne Laufräder die ich sehr mochte. Aber wehe eine Speiche bricht – man hat sofort einen brutalen Schlag im Rad und die Speiche auszutauschen ist ein mühevoller Geduldsakt der mindestens einen Magneten und eine Flache Rotwein erfordert.
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